Die sieben Finger des Todes
Gräber: Kammer und Schacht, der zu einem in der Mumienkammer endenden Gang führte. Es enthielt eine Bildertafel, wohl eine Art Bericht, dessen Bedeutung nun für immer verlorenging, auf einen wundersamen Stein in wundersamen Farben eingeritzt.
Die Wände der Kammer und des Ganges waren mit seltsamen Schriftzeichen in der vorhin erwähnten unheimlichen Form bedeckt.
Der gewaltig Steinsarg und Sarkophag in der tiefen Gruft war über und über mit kunstvoll eingravierten Zeichen bedeckt. Der Araberscheich und zwei Mann, die mit mir in die Gruft vorgedrungen waren, und für die solch grause Entdeckungen offensichtlich nichts Neues waren, hoben den Deckel des Sarkophags ab, ohne ihn zu zerbrechen, worüber sie sich sehr verwunderten. Denn dergleichen Bemühungen waren nicht immer von Erfolg gekrönt, wie sie sagten. Tatsächlich waren sie nicht sehr sorgsam und gingen mit den verschiedenen Grabgegenständen so achtlos um, daß sogar der Sarg selbst, wäre er nicht so massiv gewesen, Schaden hätte davontragen können. Deshalb machte ich mir große Sorgen, denn er war aus einem seltenen mir unbekannten Stein auf das schönste herausgehauen. Noch mehr bekümmerte mich jedoch die Tatsache, daß man ihn nicht fortschaffen konnte. Doch die Zeitknappheit und die Wüstendurchquerung machten dies unmöglich. Ich konnte nur Kleinigkeiten mitnehmen, die ich persönlich bei mir tragen konnte.
Im Sarkophag lag ein Körper, offensichtlich der einer Frau, in viele Lagen Leinen eingewickelt wie alle Mumien. An gewissen auf den Bandagen angebrachten Zeichen erkannte ich, daß sie einen hohen Rang besessen hatte. Auf ihrer Brust lag, nicht einbandagiert, eine Hand. Bei den Mumien, die ich bislang zu Gesicht bekommen hatte, befanden sich Arme und Hände innerhalb der Umwicklung, und nur gewisse hölzerne Verzierungen, in Farbe und Form Armen und Händen nachgebildet, lagen außerhalb des eingewickelten Körpers.
Diese Hand hier war seltsam anzuschauen, denn es war die richtige Hand derjenigen, die hier einbalsamiert lag. Der aus dem Totenhemd hervorragende Arm war Fleisch, das durch den Einbalsamierungsprozeß wie Marmor geworden war. Arm und Hand waren von nachgedunkeltem Weiß, von jenem Ton, den Elfenbein annimmt, wenn es zu lange der Luft ausgesetzt ist. Haut und Nägel waren unversehrt erhalten, als stünde der Toten die Beerdigung noch bevor. Ich berührte die Hand, ja ich bewegte sie und stellte fest, daß der Arm beweglich war wie der Arm eines Lebenden, wenn auch etwas steif wie die Arme der Fakire die ich in Indien gesehen. Ein zusätzliches Wunder war es, daß an dieser alten Hand nicht weniger als sieben Finger waren, alle gleich zart und lang und von großer Schönheit. Unnötig zu sagen, daß es mich schauderte, diese Hand zu berühren, die hier Tausende von Jahren unangetastet gelegen hatte und sich anfühlte wie lebendiges Fleisch. Unter der Hand, die schützend darüber zu liegen schien, lag ein riesiger Rubin, ein großer Stein, dessen Größe ein Wunder war, weil der Rubin im allgemeinen ein kleiner Edelstein ist. Dieser hier war von wundersamer Farbe – wie Blut, auf das Licht fällt. Doch das Wundersame lag nicht allein in Größe und Farbe, obwohl beide Eigenschaften, wie schon gesagt, von großer Seltenheit sind, sondern darin, daß das Licht von sieben Sternen ausstrahlte, die sich an sieben verschiedenen Stellen befanden und so klar leuchteten, als wären in diesem Stein tatsächlich Sterne eingeschlossen.
Der Anblick des Steines traf mich mit solcher Heftigkeit, daß ich mich momentan nicht rühren konnte. Ich stand da und starrte den Stein an, und er mich, wie mir schien, wie jenes sagenhafte Haupt der Medusa, dessen Blick jeden zu Stein werden ließ, der es ansah. So stark war dieses Gefühl, daß ich am liebsten davongelaufen wäre. Dies traf auch auf meine Begleitung zu. Daher nahm ich den seltenen Edelstein und etliche auffallende und kostbare Amulette an mich und beeilte mich davonzukommen. Ich wäre gern länger geblieben und hätte die Umhüllung der Mumie näher untersucht, unterließ es aber aus Angst. Denn plötzlich überkam es mich, daß ich mich an einem verlassenen Ort befand in Gesellschaft von Fremden, die sich mir angeschlossen hatten, weil sie nicht über allzuviel Skrupel verfügten, daß wir uns in einer abgelegenen Höhle der Toten befanden, hundert Fuß über dem Boden, wo mich niemand finden konnte, wenn mir etwas angetan wurde, und wo auch niemand Nachschau halten würde. Insgeheim
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