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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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schien, waren ihre Ängste geschwunden. Da sagten sie mir, daß in uralten Zeiten – »Millionen von Millionen Jahren« sagten sie – ein großer Magier, ein König oder eine Königin, genaueres wußten sie nicht, hier begraben worden wäre. Den Namen kannten sie nicht, ja sie behaupteten bis zuletzt, es hätte keinen Namen gegeben. Und wer einen Namen aussprach, würde im Leben dahinschwinden, so daß nach seinem Tod nichts mehr vorhanden wäre, was in der Anderen Welt auferweckt werden könnte. Beim Durchwandern des Tales blieben sie eng in einer Gruppe beisammen und liefen vor mir einher. Niemand wagte zurückzubleiben. Als Grund für ihre Eile sagten sie, der Arm des Magiers reiche weit, und es wäre gefährlich, letzter zu sein. Das war für mich, der notwendigerweise diesen Ehrenplatz einnehmen mußte, wenig tröstlich. An der engsten Stelle des Tales, an der Südseite, befand sich eine hohe steil aufragende Felsklippe, deren Oberfläche glatt und ebenmäßig war. Auf dieser Felsfläche waren nun bestimmte kabbalistische Zeichen eingeritzt, Figuren von Menschen und Tieren, Fischen, Reptilien und Vögeln, dazu Sonnen und Sterne, und viele wunderliche Symbole. Dazu gehörten einzelne Gliedmaßen wie Arme, Beine, Finger, Augen, Nasen, Ohren und Lippen. Geheimnisvolle Symbole, die dem Engel, der die guten und bösen Taten der Menschen aufzeichnet, am Tag des Gerichtes viele Rätsel aufgeben werden. Die Felswand war nach Norden gerichtet. So sonderbar war sie und so verschieden von den anderen mit Zeichen bedeckten Felsen, die ich gesehen hatte, daß ich haltmachen ließ und die Vorderseite des Felsens so gut es ging mit meinem Teleskop untersuchte. Die Ägypter meines Trupps waren besessen vor Angst und wandten ihre ganze Überredungskunst auf, um mich zum Weiterziehen zu bewegen. Ich blieb bis zum Spätnachmittag, doch gelang es mir nicht den Eingang zu einer Gruft auszumachen, denn ich vermutete, daß die eigentliche Bedeutung des zugehauenen Felsens darin lag. Mittlerweile aber war es unter den Männern zu einem Aufruhr gekommen, und ich mußte das Tal verlassen, wollte ich nicht, daß meine gesamte Begleitung desertierte. Insgeheim aber faßte ich den Entschluß, das Grab zu entdecken und zu erforschen. Zu diesem Zweck drang ich tiefer ins Gebirge ein, wo ich mit einem Araberscheich zusammentraf, der in meine Dienste treten wollte. Die Araber litten nämlich nicht an den abergläubischen Ängsten der Ägypter. Scheich Abu Soma und sein Gefolge waren gewillt, an der Entdeckung teilzunehmen.
    Nachdem ich mit diesen Beduinen das Tal erreicht hatte, unternahm ich den Versuch, die Felsfläche emporzuklettern. Es wurde ein Fehlschlag, denn der Fels erwies sich als zu glatt. Das schon von Natur aus ebenmäßige und glatte Gestein war noch zusätzlich glattgemeißelt worden. Daß es hervortretende Stufen gegeben hatte, war deutlich zu sehen, denn es waren unberührt von der wundersamen Witterung dieses seltsamen Landes die Spuren von Meißel und Hammer an jenen Stellen noch zu sehen, wo die Stufen abgebrochen oder abgeschnitten worden waren.
    Da mein Versuch, die Gruft von unten zu erreichen, nicht geglückt war, und da ich keine Leitern hatte, mittels derer ich hätte hochklettern können, suchte ich, indem ich einen weiten Umweg machte, einen Weg zum oberen Rand des Steilabfalls. Dann veranlaßte ich, daß man mich an Seilen herunterließ, bis ich jenen Abschnitt der Felsfläche untersucht hatte, wo ich eine Öffnung zu finden erwartete. Ich fand auch einen Eingang, dieser war jedoch von einer großen Steinplatte verschlossen. Er befand sich in hundert Fuß Höhe auf zwei Drittel der Gesamthöhe. Die in den Fels geritzten Hieroglyphen und kabbalistischen Symbole waren so angebracht, daß sie den Eingang verbargen. Die Zeichen waren tief eingeritzt und setzten sich an den Portalen und auf der großen Steinplatte fort, die die eigentliche Tür bildete. Diese Platte war mit so unglaublicher Exaktheit eingefügt, daß kein Meißel oder Schneidinstrument, das ich bei mir hatte, Platz in den Zwischenräumen fand. Doch ich wandte viel Kraft auf und bahnte mir nach etlichen kräftigen Hieben einen Weg in die Gruft, denn eine solche war es.
    Nachdem die Steintür in die Öffnung gefallen war, betrat ich darüber hinweg die Grabanlage und bemerkte im Vorübergehen eine lange Eisenkette, die in der Nähe des Eingangs um eine Halterung gewickelt war.
    Das Grab fand ich vollständig vor, nach Art der schönsten ägyptischen

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