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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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aber faßte ich den Entschluß, daß ich wiederkommen würde – mit vertrauenswürdigerer Begleitung allerdings. Überdies wurde ich zu weiteren Nachforschungen angeregt, weil ich in dieser wundersamen Höhle viele merkwürdige Dinge bemerkt hatte. Dazu gehörte eine Truhe von ausgefallener Form aus einem mir unbekannten Gestein, die meiner Vermutung nach weitere Edelsteine enthalten mochte, nicht zuletzt deswegen, weil es im großen Sarkophag selbst sicher untergebracht worden war. In der Gruft befand sich aber noch ein zweiter Kasten, der, obschon seltsam geformt und verziert, von schlichterer Form war. Er bestand aus Eisenstein von großer Dicke. Der Deckel war mittels Harz und Gipsmörtel gesichert, wie um den Zutritt von Luft mit Sicherheit auszuschließen. Die Araber, die mit mir waren, drängten darauf, den Kasten zu öffnen, da sie wegen seiner Massivität wohl besondere Schätze darin vermuteten, und ich gab ihrem Drängen nach. Doch sollte sich ihre Hoffnung als falsch erweisen. Im Inneren standen eng aneinandergerückt vier schön gearbeitete und mit verschiedenen Verzierungen geschmückte Gefäße. Eine dieser Verzierungen war ein Menschenkopf, ein anderer der eines Schakals, ein dritter der eines Falken. Mir war bekannt, daß solche Graburnen zur Aufbewahrung der Eingeweide und anderer Organe der mumifizierten Toten dienten. Beim öffnen der Gefäße – die als Verschlußmittel dienende Wachsschicht war nur dünn und gab sofort nach – mußten wir jedoch entdecken, daß sie nur öl enthielten. Die Beduinen faßten nun mit den Händen in die Gefäße, damit ihnen nicht eventuell darin verborgene Schätze entgingen und verschütteten dabei das meiste öl. Ihre Suche blieb erfolglos, denn es gab keine Schätze. Die habgierigen Blicke der Araber machten mir die Gefahr bewußt, in der ich schwebte. Um den Aufbruch voranzutreiben, machte ich mir die abergläubischen Ängste zunutze, an denen auch diese harten Männer litten. Der Anführer der Beduinen stieg aus der Gruft hoch und gab denen ein Signal, die uns wieder hochziehen sollten. Ich, der ich nicht bei den Männern bleiben wollte, denen ich mißtraute, folgte ihm sogleich. Die anderen hingegen ließen sich Zeit, was mich befürchten ließ, daß sie nun das Grab von neuem, diesmal auf eigene Faust durchplünderten. Ich enthielt mich jedoch jeglicher Andeutung, damit ich nicht noch Schlimmeres heraufbeschwor. Und schließlich kamen sie uns nach. Derjenige der als erster hochkletterte, verlor den Halt, als er den Fuß auf den oberen Rand des Felsens setzte, und stürzte ab. Er war auf der Stelle tot. Der zweite kam sicher an. Als nächstes kam der Scheich, während ich den Schluß bildete. Ehe ich hochstieg, rückte ich so gut es ging die Steinplatte vor dem Eingang zum Grab zurecht, weil ich es, im Falle einer Wiederkehr unversehrt vorfinden wollte.
    Als wir alle auf der Erhebung über dem Felsen standen, tat es wohl, die strahlend am Himmel stehende Sonne nach der Finsternis und der düsteren Atmosphäre des Grabes zu sehen. Ich empfand sogar Genugtuung darüber, daß der arme Araber, der vom Felsen zu Tode gestürzt war, in der Sonne lag und nicht in der dunklen Gruft. Ich wollte mit meinen Begleitern hinunter und ihn holen, damit man ihm eine Bestattung irgendwelcher Art zuteil werden lassen konnte, doch der Scheich hielt nicht viel davon und schickte zwei seiner Leute aus, die dafür sorgen sollten, während wir weiter unseres Weges zogen.

 

Als wir des Nachts lagerten, kam aber nur einer wieder und sagte, ein Wüstenlöwe hätte seinen Gefährten getötet, nachdem sie den Toten im tiefen Sand außerhalb des Tales bestattet und die Stelle mit großen Steinen bedeckt hätten, damit ihn Schakale und andere Raubtiere nicht aus dem Sand scharren konnten.
    Später dann, im Lichte des Lagerfeuers um das die Männer saßen oder lagen, sah ich, wie er seinen Gefährten etwas zeigte, was sie mit großer Scheu und Verehrung betrachteten. Leise rückte ich näher heran, und sah nun, daß es die weiße Mumienhand war, die schützend über dem Edelstein im Sarkophag gelegen hatte. Ich hörte, wie der Beduine berichtete, er hätte sie bei demjenigen gefunden, der vom Felsen gestürzt war. Ein Irrtum war ausgeschlossen, denn da waren die sieben Finger, die mir schon zuvor aufgefallen waren. Der Mann mußte sie der Mumie abgerissen haben, während der Scheich und ich abgelenkt waren. Und aus der Scheu der anderen schloß ich, daß er hoffte, die Hand als Amulett

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