Die sieben Finger des Todes
flußaufwärts in Gesellschaft von Lady Strathconnell. Wir fuhren von Windsor nach Cookham. Mar… ich meine Miß Trelawny saß in meinem Boot. Ich rudere hin und wieder ein wenig und besitze in Windsor ein eigenes Boot. Und da konnte es nicht ausbleiben, daß wir uns eingehend unterhielten!«
»Natürlich!« In seiner Antwort lag ein Hauch Spott, dies blieb aber die einzige Andeutung seiner Gefühle. Langsam bekam ich das Gefühl, daß ich in Gegenwart eines so kraftvollen Mannes, meine eigene Stärke ins Spiel bringen sollte. Meine Freunde und hin und wieder auch meine Gegner behaupten, daß ich über Kraft verfüge. Wenn ich mich in meiner jetzigen Lage nicht absolut aufrichtig zeigte, dann wäre es ein Zeichen von Schwäche gewesen. Also stellte ich mich der vor mir liegenden Schwierigkeit, jedoch stets die Tatsache vor Augen, daß meine Worte Margarets Glück wegen der Liebe zu ihrem Vater beeinflussen konnten. Ich fuhr also fort:
»Bei einem Gespräch, bei dem Zeitpunkt, Ort und Umgebung so überaus angenehm sind, ja in einer Abgeschiedenheit, die zu vertraulichen Geständnissen führt, durfte ich einen Blick auf ihr Innenleben tun. Einen Blick, wie ihn ein Mann meines Alters und meiner Erfahrung von einem jungen Mädchen erhaschen kann!«
Die Miene des Vaters wurde ernst, als ich fortfuhr, doch er sagte nichts. Was ich nun vorbrachte folgte einer einzigen Richtschnur, und ich tat mein Bestes, meine Gedanken klar auszudrücken, denn dies alles konnte ernste Folgen für mich haben.
»Es war nicht zu übersehen, daß sie einsam war und daß diese Einsamkeit ihr zu Gewohnheit geworden war. Und ich, der ich selbst als Einzelkind aufwuchs, konnte mich in ihre Lage gut hineinversetzen. So ermutigte ich sie, sich mir gegenüber frei zu äußern. Und wie glücklich war ich, daß sie es denn auch tat. Zwischen uns wuchs das Vertrauen.« Ihres Vaters Miene ließ mich eilends hinzusetzen:
»Sir, Sie können sich denken, daß nichts gesagt wurde, was nicht recht und billig gewesen wäre. Sie eröffnete sich mir in der überströmenden Art und Weise, wenn man sich danach sehnt, seine lange und sorgsam gehüteten Gedanken auszusprechen. So sprach sie von ihrem Verlangen nach mehr Vertrautheit mit ihrem Vater, den sie liebt, nach mehr Einblick in sein Leben, nach mehr Vertrauen von seiner Seite. Glauben Sie mir, Sir, was sie sagte war gut. Es war so, wie ein Vaterherz es sich wünschen oder erhoffen darf! Sie war ganz und gar loyal! Daß ich es war, mit dem sie sich aussprach, mag daher kommen, daß ich ihr fast fremd war und wir keine das Vertrauen hindernde Schranke zu überwinden hatten.«
Nun hielt ich inne. Es fiel mir schwer, fortzufahren. Und ich hatte Angst, Margaret womöglich einen schlechten Dienst zu erweisen. Wie erleichtert war ich, als ihr Vater sagte: »Und Sie?«
»Sir, Miß Trelawny ist liebreizend, ja schön. Sie ist jung, und ihr Wesen klar wie Kristall! Ihre Zuneigung bedeutet reine Freude! Ich bin zwar noch nicht alt, doch waren meine Gefühle nicht betroffen – bis zu jenem Augenblick nicht. So viel darf ich sagen, auch wenn ich es ihrem Vater sage!«
Ich senkte unwillkürlich den Blick. Und als ich wieder aufsah, blickte Mr. Trelawny mich mit gleicher Schärfe an. Alle ihm zur Verfügung stehende Liebenswürdigkeit schien sich in seinem Lächeln zu konzentrieren, als er mir die Hand mit den Worten entgegenstreckte:
»Malcolm Ross, ich kenne sie als tapferen und ehrenwerten Gentleman. Ich bin froh, daß mein Mädchen Sie zum Freund hat. Fahren Sie fort!«
Mein Herz tat einen Sprung. Der erste Schritt, Margarets Vater zu gewinnen, war getan. Ich darf wohl sagen, daß ich, als ich nun fortfuhr, in Worten und Gehaben mehr aus mir herausging, jedenfalls war mir so zumute.
»Es gehört zum Gewinn des Älterwerdens, daß man aus seinem Alter vernünftig Nutzen zieht. Ich verfüge über viel Erfahrung. Dafür habe ich gekämpft und gearbeitet. Und ich spürte, daß ich das Recht hatte, diese Erfahrung einzusetzen. Daher wagte ich die Bitte, Miß Trelawny solle auf mich als guten Freund zählen und auf meine Hilfe bauen, falls es sich als nötig erweisen sollte. Sie gab mir das Versprechen. Ich hatte ja keine Ahnung, daß sich die Gelegenheit dazu so bald und auf diese Weise bieten sollte. Und noch in der darauffolgenden Nacht erlitten Sie den schweren Schlag. Und in ihrer Angst und Verzweiflung ließ sie nach mir schicken!«
Ich machte eine Pause. Und als ich fortfuhr, hatte er nicht den Blick von
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