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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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Polarstern verschob, was im nachhinein durch weitere Entdeckungen bewiesen wurde. Aus dem Gesagten geht zweifelsfrei hervor, daß mindestens tausend Jahre vor Königin Tera die Astronomie bei den Ägyptern bereits eine exakte Wissenschaft war. Nun denn, die einzelnen Sterne eines Sternbildes verändern mit der Zeit ihre Position zueinander, und dafür ist der Wagen ein bemerkenswertes Beispiel. Die Veränderungen der Sterne nach vierzig Jahrhunderten sind so geringfügig, daß sie von einem ungeübten Auge kaum wahrgenommen werden, doch sind sie meßbar und beweisbar. Ist Ihnen aufgefallen, wie exakt die Sterne im Rubin der Stellung der Gestirne im Wagen entsprechen?
    Oder wie diese Verteilung auf die durchscheinenden Stellen des magischen Behälters zutrifft?«
    Wir pflichteten ihm bei, und er fuhr fort:
    »Sie haben ganz richtig gesehen. Sie entsprechen dem Sternbild genau. Dennoch – als Königin Tera zur letzten Ruhe gebettet wurde, entsprachen weder die Sterne im Rubin noch die durchscheinenden Stellen im Behälter der Stellung der Gestirne im Sternbild, wie es sich damals darbot.«
    Wir blickten einander an – eine neue Erkenntnis schien sich Bahn zu brechen. Sachkundig fuhr er fort:
    »Erkennen Sie denn nicht die Bedeutung dessen? Wirft dies nicht ein Licht auf die Absichten der Königin? Sie, die sich von Weissagungen, Magie und Aberglauben leiten ließ, wählte für ihre Auferstehung natürlich eine Zeit, die ihr von den Göttern selbst angekündigt schien, die ihre Botschaft mittels eines Blitzes aus anderen Welten übermittelten. Da ein solcher Zeitpunkt überirdischer Weisheit entstammte, war es da nicht ein Gipfel menschlicher Weisheit, sich diesen zunutze zu machen? So kommt es« – seine Stimme bebte vor Gefühlsbewegung – »daß uns und unserer Zeit Gelegenheit gegeben wird, diesen Blick in die alte Welt zu tun, einen Blick der unser alleiniges Privileg ist und der sich vielleicht niemals wird wiederholen lassen.
    Die rätselhaften Inschriften und die Symbole der wunderbaren Gruft jener wunderbaren Frau sind voller hinweisgebender Lichter. Und der Schlüssel dieser zahlreichen Geheimnisse liegt in dem wundersamen Edelstein, den sie in der toten Hand über ihrem toten Herzen hielt, das, wie sie hoffte und glaubte, in einer neuen und besseren Welt wieder schlagen würde!
    Es gilt noch etliches zu überlegen. Margaret hat uns gezeigt, wie die Gefühle jener anderen Königin in Wahrheit ausgesehen haben mögen!« Er sah sie liebevoll an. »Ich hoffe aufrichtig, daß sie recht haben möge. Denn dann wird es gewiß für uns alle eine Freude sein, bei der Verwirklichung einer solchen Hoffnung mitzuwirken. Doch dürfen wir nicht zu hastig vorgehen und uns vor allem nicht an unseren gegenwärtigen Wissensstand klammern. Die Stimme, der wir lauschen, kommt aus einer von der unseren völlig verschiedenen Zeit, aus einer Zeit, in der ein Menschenleben nur wenig zählte und man zur Erfüllung seiner Begierden jedes Hindernis beseitigte, ohne damit gegen die Moral zu verstoßen. Wir müssen den Blick fest auf die wissenschaftliche Seite gerichtet halten und die Entwicklungen auf der psychischen Seite abwarten.
    Und nun zu diesem Steinbehälter, den wir magische oder zauberische Truhe nennen. Wie schon gesagt, bin ich überzeugt, daß er sich nur bei Beachtung gewisser Prinzipien des Lichtes oder durch Anwendung etwaiger uns gegenwärtig noch unbekannter Kräfte öffnen läßt. Hier ist noch viel Raum für Mutmaßungen und Versuche. Denn bislang ist es der Wissenschaft noch nicht gänzlich gelungen, die Arten und Kräfte und Abstufungen des Lichtes zu erforschen. Dieses große Forschungsgebiet ist jungfräulicher Boden. Wir wissen von den Naturkräften so wenig, daß der Phantasie in Anbetracht der zukünftigen Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt sind. Innerhalb weniger Jahre wurden Entdeckungen gemacht, die noch vor zwei Jahrhunderten den Entdecker auf dem Scheiterhaufen hätten landen lassen. Denken wir an die Verflüssigung des Sauerstoffs, an den Nachweis der Existenz des Radiums, Heliums, Poloniums, Argons, an die verschiedenen Wirkungen der Röntgen-, Kathoden- und Becquerelstrahlen. Und so wie uns vielleicht der Nachweis glücken wird, daß es verschiedene Arten von Licht mit andersartigen Eigenschaften gibt, so werden wir möglicherweise herausfinden, daß man auch verschiedene Arten des Verbrennens unterscheiden kann, daß manche Flammen Eigenschaften haben, die anderen wiederum fehlen. Es ist gut

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