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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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möglich, daß gewisse grundlegende Bedingungen der Substanz erhalten bleiben, selbst wenn die Basis zerstört wird. Letzte Nacht, da dachte ich darüber nach und überlegte folgendes: da bestimmte Ölsorten gewisse Eigenschaften haben, die anderen fehlen, könnte es gewisse ähnliche oder entsprechende Eigenschaften oder Kräfte in der Verbindung dieser Öle geben. Gewiß haben wir alle einmal bemerkt, daß das Licht von Rapsöl anders brennt als jenes von Paraffin, oder daß sich die Flammen von Kohlengas und Tranöl unterscheiden. Man sehe sich die Leuchttürme daraufhin an! Da fiel mir plötzlich ein, daß das Öl, das man bei der Öffnung von Königin Teras Grab in den Krügen fand, vielleicht über spezielle Eigenschaften verfügte. Es hatte nämlich nicht wie sonst dazu gedient, die Eingeweide aufzunehmen, sondern mußte zu einem anderen Zweck bereitgestellt worden sein. Ich entsann mich, daß Van Huyn besonders darauf einging, wie diese Krüge versiegelt waren, auf einfache, wenngleich sehr wirkungsvolle Weise. Sie ließen sich nämlich mühelos öffnen. Die Krüge selbst waren in einem Sarkophag aufbewahrt, der sich, obgleich von immenser Stärke und hermetisch verschlossen, leicht öffnen ließ. Ich machte mich sofort daran, die Krüge zu untersuchen. Ein wenig – nur ganz wenig Öl war erhalten geblieben. Es war in den zweieinhalb Jahrhunderten, seitdem die Krüge geöffnet worden waren, dick geworden, doch war es nicht ranzig. Nach näherer Untersuchung stellte ich fest, daß es Zedernöl war, und daß es noch immer etwas von seinem ursprünglichen Aroma ausströmte. So kam ich auf die Idee, daß dieses Öl zur Füllung der Leuchten gedacht war. Wer immer das Öl in die Krüge getan hatte und die Krüge in den Sarkophag, der wußte, daß es mit der Zeit weniger würde, und kalkulierte den Schwund mit ein, denn ein jeder der Krüge hätte die Leuchten ein halbes Dutzend Male füllen können. Mit einem Teil des zurückgebliebenen Öls, machte ich Versuche, die vielleicht zu nützlichen Ergebnissen führen werden. Wie Sie wissen, Doktor Winchester, hat das Zedernöl, das bei den ägyptischen Einbalsamierungsriten eine große Rolle spielte, gewisse lichtbrechende Eigenschaften. So verwenden wir es beispielsweise auf unseren Mikroskoplinsen, um das Sichtvermögen zu verbessern. Vergangene Nacht nun tat ich eine Spur davon in eine der Leuchten und stellte sie neben eine durchscheinende Stelle des Magischen Behälters. Die Wirkung war grandios. Der Lichtschein von innen her war voller und intensiver, als ich es mir hatte vorstellen können, wo hingegen ein ähnlich plaziertes elektrisches Licht wenig, wenn überhaupt Wirkung zeigte. Ich hätte noch andere meiner sieben Leuchten ausprobiert, nur ging mir leider das Öl aus. Dieser Mangel jedoch wird bald behoben sein. Denn ich ließ Zedernöl bestellen und werde hoffentlich bald über einen größeren Vorrat verfügen. Was immer an störenden Faktoren auftreten mag, so soll unser Experiment auf keinen Fall in diesem Punkt scheitern. Wir werden ja sehen! Wir werden sehen!«
    Doktor Winchester war der logischen Abfolge der Äußerungen Trelawnys aufmerksam gefolgt, denn er bemerkte nun:
    »Für den Fall, daß das Licht den Behälter zu öffnen vermag, will ich nur hoffen, daß der Mechanismus dabei nicht außer Funktion gesetzt oder gar zerstört wird.«
    Sein Zweifel erfüllte manchen von uns mit Bangen.
     

16. KAPITEL
     
    DIE HÖHLE
     
    Am Abend führte Mr. Trelawny die ganze Gesellschaft wieder in sein Arbeitszimmer. Nachdem er sich unserer Aufmerksamkeit versichert hatte, weihte er uns in seine Pläne ein:
    »Ich gelangte zu dem Schluß, daß wir für die richtige Ausführung dessen, was wir unser Großes Experiment nennen wollen, absolute Ruhe und Abgeschiedenheit brauchen. Abgeschiedenheit nicht nur für ein, zwei Tage, sondern für längere Zeit, wenn nötig. Hier wäre dergleichen ganz unmöglich. Die Gepflogenheiten und Notwendigkeiten der Großstadt mit ihren vielen Möglichkeiten der Störung könnten uns beeinträchtigen. Depeschen, Einschreibebriefe, Eilboten – dies alles würde allein schon ausreichen. Aber die große Armee der Bittsteller würde die Katastrophe vollkommen machen. Zudem haben die Ereignisse der letzten Woche diesem Haus die Aufmerksamkeit der Polizei gesichert. Selbst wenn Scotland Yard oder das zuständige Polizeirevier keine speziellen Anweisungen gab, so können wir doch sicher sein, daß der Polizist auf seiner üblichen

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