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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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frischen Heus, Baumwollabfälle und Papier gelagert worden waren, wurden die Dienstboten fortgeschickt. Und wir machten uns an das eigentliche Einpacken.
    Kein Mensch, der diese Arbeit nicht kennt, kann sich auch nur die entfernteste Vorstellung davon machen, welchen Aufwand sie erfordert. Ich für meinen Teil hatte zwar die vage Vorstellung, daß sich in Mr. Trelawnys Haus eine große Anzahl ägyptischer Gegenstände befände. Aber erst als ich sie einzeln in die Hand bekam, wurde mir klar, wie bedeutend einige davon waren, wie groß und vor allem wie zahlreich. Wir plagten uns bis spät in die Nacht hinein. Manchmal mußten wir alle unsere ganze Kraft aufbieten, wenn es um ein besonders schweres Einzelobjekt ging. Sodann ging jeder wieder seiner Einzelarbeit nach, stets jedoch unter Mr. Trelawnys direkter Anleitung. Er selbst führte mit Hilfe Margarets über jedes einzelne Stück Buch.
    Erst als wir uns alle total erschöpft zu einem verspäteten Abendessen niederließen, wurden wir gewahr, daß der Großteil der Arbeit getan war. Aber nur einige der Packkisten waren schon verschlossen. Es stand uns also doch noch einiges an Plackerei bevor. Wir hatten erst jene Kisten fertig, die jeweils einen großen Sarkophag enthielten. Jene, in die mehrere Objekte verpackt waren, konnten erst endgültig geschlossen werden, wenn alles zu Buch genommen und verpackt war.
    In jener Nacht schlief ich traumlos, und ohne mich zu rühren. Und am Morgen sollte ich entdecken, daß es allen anderen ebenso ergangen war.
    Bis zum nächsten Abend war dann alles endgültig fertig und wartete auf die Packwagen, die um Mitternacht eintreffen sollten. Kurz vor der angesetzten Zeit vernahmen wir das Rumpeln von Wagenrädern. Hierauf erfolgte eine kurze Invasion von einer Armee von Trägern, die allein kraft ihrer Vielzahl scheinbar mühelos in einer endlosen Prozession sämtliche vorbereiteten Kisten hinausschleppten. Eine knappe Stunde reichte aus, und die Wagen rumpelten wieder davon. Wir machten uns fertig, ihnen zum Bahnhof Paddington zu folgen. Silvio war natürlich mit von der Partie.
    Vor dem Aufbruch gingen wir alle noch einmal gemeinsam durchs Haus, das nun völlig leer und verlassen wirkte. Da das Personal in Cornwall war, hatte kein Mensch hinter uns aufgeräumt. Sämtliche Räumlichkeiten, in denen wir gearbeitet hatten, und dazu alle Treppen waren mit Papier und Packmaterialabfällen übersät und von schmutzigen Fußspuren verunziert.
    Als letztes vor dem Aufbruch entnahm Mr. Trelawny dem Safe den Rubin mit dem Siebengestirn. Während er ihn sicher in seiner Brieftasche verwahrte, wurde Margaret, die plötzlich todmüde und blaß neben ihrem Vater gestanden hatte, schlagartig wieder lebhaft und lebendig, als hätte der Anblick des Edelsteins ihr neuen Auftrieb verliehen. Mit beifälligem Lächeln sagte sie:
    »Vater, du hast recht. Heute abend wird es keine weiteren Schwierigkeiten geben. Sie wird deine Vorbereitungen nicht stören. Dafür würde ich mein Leben verwetten.«
    »Sie – oder sonst irgendetwas – hat uns in der Wüste alles zunichte gemacht, als wir aus der Gruft im Tal des Magiers gekommen waren!« lautete die grimmige Bemerkung Corbecks, der danebengestanden hatte. Margaret antwortete wie aus der Pistole geschossen: »Ach was! Damals war sie in der Nähe ihres Grabes, aus dem sie Tausende von Jahren nicht bewegt worden war. Sie muß wissen, daß die Lage jetzt anders ist.«
    »Woher muß sie das wissen?« fragte Corbeck begierig.
    »Wenn sie den Astralleib besitzt, von dem Vater sprach, dann muß sie es wissen! Wie denn auch nicht, wenn sie über eine unsichtbare Anwesenheit verfügt und über einen Verstand, der sich frei bewegt, bis zu den Sternen und in andere Welten!«
    Sie hielt inne, und ihr Vater sagte feierlich:
    »Unser ganzes Vorgehen gründet sich auf dieser Annahme. Wir müssen den Mut haben, zu unserer Überzeugung zu stehen und demgemäß zu handeln – bis zum Letzten!«
    Margaret faßte nach seiner Hand und hielt sie fest, versonnen vor sich hinblickend, während wir hintereinander das Haus verließen. Sie hielt seine Hand noch immer fest, als er die Haustür abschloß und wir ans Tor gingen, wo wir eine Droschke nach Paddington nahmen.
    Nachdem alles verladen war, bestieg die gesamte Packer-Mannschaft den Zug. Auch die Wagen zum Transport der Sarkophage wurden verladen. Gewöhnliche Wagen und dazu ausreichend Zugpferde würden uns in Westerton, der Kyllion nächstgelegenen Bahnstation erwarten.

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