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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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Ihr Herzschlag hatte sich ein wenig beschleunigt, und das Lachen fiel ihr nicht leicht. Denn natürlich glaubte sie ihm doch. Sie wußte, daß es ihm manchmal Vergnügen bereitete, sie beide daran zu erinnern, wie ausgeliefert sie ihm war. Und ihr einziger Schutz vor seinenDemütigungen war, ihm niemals zu zeigen, wenn er ihr angst machte. »Oh, sei unbesorgt. Ich gönne dir deine Geheimnisse. Ich dachte nur, es würde dich erleichtern, mir von diesem Samen zu erzählen, der dich offenbar bis in deine Träume verfolgt.«
    Er brummte versöhnlich und ließ sie los, antwortete aber nicht.
    Roswitha atmete verstohlen auf. Es war ratsam, das Thema zu wechseln. Fröstelnd zog sie den Bettvorhang weiter zu. »Wieso müssen wir Ostern ausgerechnet in diesem abscheulichen, zugigen Kasten verbringen?«
    »Es kann nicht schaden, die Meißener gelegentlich daran zu erinnern, daß es der Herzog von Sachsen ist, der die Regentschaft der Markgrafschaft Meißen innehat, und kein anderer.«
    Mag sein, dachte sie. Aber die nasse Kälte, die von der Elbe zum Burgberg aufstieg, fand ihren Weg in jeden Winkel der alten Festung. »Was ist so wichtig an Meißen?«
    »Meißen ist reich«, erklärte er knapp. »Und Herzog Albrecht braucht Geld.«
    Sie nickte. Herzog Albrecht brauchte immer Geld, und seine Geldgier wurde nur noch von seinem Machthunger übertroffen. »Und wohin zieht der Hof als nächstes?«
    Bernhard grinste träge. »Nach Brandenburg, schätze ich.«
    »Verstehe. Der Herzog hat seinen begehrlichen Blick auf die Ländereien der armen Waisen Johann und Otto gerichtet. Genau wie der Graf, sein Bruder.«
    »Du bist eine kluge Frau, Roswitha, aber gar zu leichtsinnig. So etwas denkt man höchstens. Man spricht es niemals laut aus.«
    »Ach.« Sie winkte ungeduldig ab. »Ich habe nicht besonders viel zu verlieren, weißt du.«
    »O doch. Diesen hübschen Kopf etwa.« Er zog sie an sich und küßte sie. Es war ein ziemlich roher Kuß, aber das machteihr nichts mehr aus. Sie hatte sich an Bernhard von Aken und seine manchmal ungeschickten Gunstbeweise längst gewöhnt.
    Sie verschränkte die Arme in seinem Nacken und preßte sich an ihn, vor allem, um ein wenig von seiner Körperwärme zu erhaschen. Er schien niemals zu frieren und strahlte selbst in den eisigsten Winternächten Wärme ab wie ein Kohlenbecken. »Wenn wir die Elbe hinunterfahren, kommen wir fast zu Hause vorbei«, murmelte sie sehnsüchtig. »Ob wir nicht ein paar Tage dort bleiben könnten?«
    Bernhard legte eine seiner großen Hände auf ihre Brust, mit der anderen zerwühlte er die blonden Locken. »Zu Hause?« wiederholte er mit beinah sanftem Spott. »Wo soll das sein? Du hast kein Zuhause mehr, mein Täubchen, wann wirst du das endlich begreifen?«
    Vor knapp zwei Jahren war Roswithas Gemahl Konrad, der ein bescheidenes Ritterlehen unweit eines kleinen Marktfleckens namens Dessau gehalten hatte, am Lungenfieber gestorben. Bernhard von Aken war mit einer Bande wilder Gesellen dort eingefallen, als Konrad kaum unter der Erde lag, und hatte sich das Gut mitsamt der sechzehnjährigen Witwe einverleibt.
    Roswitha war eine realistische Frau. Sie wußte, es gab niemanden, an den sie sich hätte wenden können, niemanden, der an dem ihr widerfahrenen Unrecht das geringste Interesse zeigen würde. Es waren nun einmal gottlose Zeiten, und das einzige Gesetz im Land war das des Stärkeren. Also war sie mit Bernhard an den herzoglichen Hof gekommen und war fortan darauf bedacht, sich ihm unentbehrlich zu machen. Sie wußte, daß die Höflinge sie seine Hure nannten, aber das war ihr gleich. Sie hegte die Hoffnung, daß sie das nicht ewig bleiben würde. Denn es stand außer Zweifel, daß er eine gewisse Zuneigung für sie hegte, und bisher war er allen Bemühungen des Herzogs, ihn gewinnbringend zu verheiraten, geschickt ausgewichen.
    Doch als er sie nun in die Kissen drückte und sich auf sie legte, merkte sie, daß er nicht so recht bei der Sache war, weniger lustvoll als sonst. Und nicht zum erstenmal kam ihr die Frage in den Sinn, was aus ihr werden sollte, wenn er ihrer eines Tages überdrüssig würde. Der Gedanke versetzte sie nahezu in Panik, und vielleicht war es diese unbestimmte Furcht, die ihre geheuchelte Leidenschaft heute so glaubwürdig machte. Jedenfalls klang das Grunzen, mit dem er sich schließlich von ihr wälzte, doch ausgesprochen zufrieden.
    Wie lange noch? fragte sie sich. Wie lange werde ich es aushalten, in ständiger Angst zu leben?
    Bernhard

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