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Die Sieben unterirdischen Könige

Die Sieben unterirdischen Könige

Titel: Die Sieben unterirdischen Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Wolkow
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und die Spione tun, solange die
Könige schlafen? Ränke schmieden?” „Nein, nein”, riefen die Könige und
Königinnen wie aus einem Munde. „Da ist es schon besser, wenn alle
schlafen werden!”
DIE NEUE ORDNUNG IM UNTERIRDISCHEN LAND
    König Asfejo war der erste, der mit seiner Familie, den Hofleuten, Dienern,
Soldaten und Spionen eingeschläfert wurde. Es war wunderlich anzusehen,
wie der König und dann seine Gemahlin und die Kinder aus Kristallbechern
das Wasser tranken, das ihnen die Doktoren genau abgemessen hatten, dann
auf den weichen Teppich sanken und sofort einschliefen. Nach ihnen kamen
die Diener, Soldaten und Spitzel. Diener des Königs Ukonda, Asfejos
Nachfolger, trugen die Eingeschlafenen lachend in eine Kammer und legten
sie auf Brettergestelle, wo sie mit Mottenpulver bestreut wurden. Damit die
Mäuse, von denen es im Lande wimmelte, die Schlafenden nicht benagten,
wurden auch zwei gezähmte Eulen (im unterirdischen Land gab es keine
Katzen) in die Kammer gebracht. Mit jedem Monat wuchs die Zahl der
Schlafenden. Das Volk aber atmete erleichtert auf. Es brauchte jetzt weniger
Lebensmittel an den Königspalast abzuführen und hatte darum selbst mehr
zu essen. Wie genial die Idee Bellinos war, begriffen die Menschen aber erst
nach einem halben Jahr, als von den sieben Türmen des Regenbogenpalastes
sechs verlassen dastanden. Nur noch in einem wurde gezecht, schmetterte
die Musik und hallten die Trinksprüche. Das war natürlich viel leichter zu
ertragen als früher, da alle sieben königlichen Höfe sich gleichzeitig den
Lustbarkeiten hingaben. Der Hüter der Zeit, Bellino, genoß allgemeine
Verehrung. Die Leute verbeugten sich tief, wenn sie ihm begegneten, bis er,
von Natur aus sehr bescheiden, ihnen diese Ehrenbezeigungen verbot.
Bellino trank nicht von dem Schlafwasser, denn ihm oblag es ja, die
Reihenfolge des Königwechsels zu überwachen. Er versah sein Amt so gut,
daß das Volk folgenden Entschluß verabschiedete:
„Wir brauchen jetzt nicht mehr sieben Hüter der Zeit, denn sie stiften nur
Verwirrung. Bellino allein soll Hüter der Zeit sein und sich nach eigenem
Ermessen seine Gehilfen auswählen. Wenn die Zeit kommt, da er in den
Ruhestand tritt, wird das Volk unter den würdigsten und angesehensten
Bürgern des unterirdischen Landes seinen Nachfolger wählen.”
Furchtbar anstrengend waren für den Hüter der Zeit und seine Gehilfen die
Tage nach dem Erwachen der Eingeschläferten. In drei Tagen mußte man
sie das Gehen und Sprechen lehren und ihr Gedächtnis wiederherstellen.
Für die Erwachten brach dann ein Monat an, in dem sie überhaupt nicht zu
Bett gingen. In einem halben Jahr sammelten sie nämlich so viel Kraft, daß
sie des täglichen Schlafs nicht bedurften und sich den ganzen Monat
ausschließlich den Belustigungen hingaben. Nach dem Festgelage gingen
sie auf Sechsfüßerjagd, dann folgten ausgedehnte Angelpartien, Reisen auf
geflügelten Echsen und wieder Festgelage …
Der König hatte keine Zeit, das Land zu regieren und Gesetze
herauszugeben. So kam es, daß die ganze Last des Regierens und alle
Staatssorgen auf den Schultern des Hüters der Zeit ruhten, während den
Königen nur die Ehren und Titel verblieben. Schon Bellino hatte für die
Erhaltung der Quelle gesorgt, die den Namen Heilige Quelle erhielt. Später
wurde auch die Höhle heilig genannt. Das Wasserbecken wurde in einem
schönen runden Turm aus verschiedenfarbigen Backsteinen eingefaßt, vor
dessen Eingang immer eine Wache stand. Das Schlafwasser wurde zum
Staatseigentum erklärt, wer davon trinken wollte, mußte sich beim Hüter der
Zeit und den zwei Doktoren, den Nachfahren Borils und Robils, die Erlaubnis dazu einholen. Solche Fälle kamen vor, wenn es in einer Familie
Zwistigkeiten gab. Mann und Frau wurden dann für ein paar Monate
eingeschläfert, und wenn sie dann wieder aufwachten, hatten sie den Zwist
vergessen. Jahrhundert um Jahrhundert verging in dem Reich, das von der
oberen Welt durch eine mächtige Erdschicht getrennt und mit ihr nur durch
einen Ausgang verbunden war, vor dem der Tauschhandel zwischen den
Erzgräbern und den Einwohnern des Blauen Landes stattfand. In den
verflossenen Jahrhunderten hatte sich der Charakter der unterirdischen
Bewohner sehr verändert. Sie waren mißtrauisch geworden und fürchteten
die Tücke der oberen Menschen. Wachen mit Pfeil und Bogen flogen
ständig auf Drachen in der Höhle umher und hielten nach

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