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Die Sieben unterirdischen Könige

Die Sieben unterirdischen Könige

Titel: Die Sieben unterirdischen Könige
Autoren: Alexander Wolkow
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gemessen. Die Könige beschlossen,
daß besondere Würdenträger, Hüter der Zeit, auf den rechtzeitigen Wechsel
der Regierung achten sollten. Das Vermächtnis König Bofaros hatte aber
schlimme Folgen. Es fing damit an, daß jeder König die anderen feindseliger Absichten verdächtigte und sich eine eigene Wache zulegte, die auf
Drachen ritt. Außerdem hielt jeder König Aufseher, die die Arbeit auf den
Feldern und in den Fabriken überwachten. Für den Unterhalt der Soldaten,
der Aufseher, der Hofleute und der Diener mußte das Volk aufkommen.
Ein anderes Übel war, daß das Land keine festen Gesetze hatte.
Kaum gewöhnten sich die Einwohner an die Forderungen des einen Königs,
da war der Monat seiner Regierungszeit auch schon um, und ein anderer
bestieg den Thron, der wiederum neue Forderungen an das Volk stellte.
Besonders viele Unannehmlichkeiten bereiteten den Bürgern die Grußvorschriften.
Der eine König verlangte, daß die Leute bei seinem Anblick auf die Knie
fielen, der andere, daß sie die linke Hand mit gespreizten Fingern an die
Nase legten und mit der rechten über dem Kopf winkten, vor dem dritten
mußte man auf einem Bein hüpfen …
Die Könige suchten einander darin zu überbieten, das Volk aber stöhnte
unter ihren verrückten Einfällen. Jeder Landesbewohner besaß sieben Hüte
in den sieben Farben des Regenbogens. Am Tage des Regierungswechsels
mußte man den Hut in der Farbe des neuen Königs aufsetzen, dessen
Soldaten streng auf die Befolgung dieser Vorschrift achteten. Nur in einem
glichen sich die Könige: Sie dachten sich ständig neue Steuern aus. Die
Untertanen arbeiteten im Schweiße ihres Angesichts, um die unzähligen
Launen ihrer Herrscher zu befriedigen. Jeder König gab aus Anlaß seiner
Thronbesteigung ein üppiges Festmahl, zu dem die Hofleute aller sieben
Könige in den Regenbogenpalast geladen wurden. Man feierte die Geburtstage der Könige, ihrer Gemahlinnen und Erbfolger, jede erfolgreiche
Jagd, die Geburt eines jeden neuen Drachen in den königlichen Drachenzuchten und vieles andere …
Fast jeden Tag grölten im Palast die Zecher, die den Wein der oberen Welt
tranken und den Herrscher priesen, der gerade den Thron bestiegen hatte.
EIN UNRUHIGER TAG
    Man schrieb das Jahr 189 der unterirdischen Zeitrechnung, die mit dem Tag
der Verbannung des rebellischen Prinzen Bofaro und seiner Anhänger
begonnen hatte. Mehrere Geschlechter hatten sich unterdessen im unterirdischen Land abgelöst. Die Leute waren bereits an das Leben in der Höhle
und das fahle Licht gewöhnt, das der Abenddämmerung auf der Erde glich.
Ihre Haut war blaß, ihre Körper waren schlanker geworden, und ihre großen
Augen, die sich dem schwachen, aus den goldgelben Wolken kommenden
Licht angepaßt hatten, konnten jetzt das Tageslicht der oberen Welt nicht
mehr vertragen. Die Regierungszeit des Königs Pamelja II. näherte sich
ihrem Ende, und Pampuro III. sollte ihn nun ablösen. Da dieser aber noch
ein Säugling war, fiel seiner Mutter, der Königswitwe Stafida, die
Regentschaft zu. Stafida war aber eine machtgierige Frau, die es nicht
abwarten konnte, das Land zu regieren. Sie ließ ihren Hüter der Zeit
Urgando, einen grauhaarigen, stämmigen Greis mit langem Bart, rufen und
befahl ihm:
„Urgando, du sollst den Zeiger der Uhr auf dem Hauptturm um sechs
Stunden vordrehen!”
„Zu Befehl, Eure Majestät!” erwiderte Urgando mit einer Verbeugung. „Ich
weiß, die Untertanen warten schon mit Ungeduld auf Eure Thronbesteigung.”
„Schon gut. Geh und schwatz nicht!” unterbrach ihn Stafida.
„Ich tu’s ja nicht zum erstenmal!” lächelte verschmitzt Urgando.
Er tat, wie ihm geheißen. Aber der Hüter der Zeit König Pameljas, der junge
Turrepo, hatte indessen von seinem Herrscher, der seine Regierungszeit verlängern wollte, den Befehl erhalten, den Zeiger um 12 Stunden
zurückzudrehen. In der Stadt der sieben Könige und im ganzen Lande geriet
alles durcheinander. Kaum hatten die Menschen die Augen geschlossen und
sich dem ersten süßen Schlaf überlassen, da schlug die Palastglocke sechs das Signal zum Auf stehen. Gähnend krochen die Leute aus den Federn und
schickten sich an, zur Arbeit zu gehen.
„Hallo!” rief ein Schneider seinem Nachbarn, einem Schuster, zu. „Was ist
passiert? Warum läutet es denn schon?”
„Wer kennt sich bei denen aus!” erwiderte dieser. „Die
Könige wissen die Zeit wohl besser. Vergiß nicht, den grünen Hut
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