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Die siebte Gemeinde (German Edition)

Die siebte Gemeinde (German Edition)

Titel: Die siebte Gemeinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Link
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»Los jetzt, rein ins Haus. Ich möchte mit den Männern alleine sprechen.«
    Ohne Widerworte verschwand Nazares hinter seiner Mutter. Kurz zuvor richtete er noch einen hilfesuchenden Blick auf Arusch.
    »Ich war von Anfang an dagegen, dass Narses Euch Unterschlupf gewährt«, sagte sie mit steinerner Miene.
    »Es tut mir so leid, Bore«, begann Pardus, bevor Arusch etwas sagen konnte. »Wir haben das alles nicht gewollt.«
    »Niemand hat das hier gewollt«, fiel Bore ihm ins Wort und wies mit einer Halbkreisbewegung ihres Armes über die Stadt. »Und doch ist es passiert. Keiner weiß, wie es weiter gehen soll. Mein Mann ist tot, mein Haus ist zerstört, mein ältester Sohn möchte unbedingt durch die Hand eines Ritters sterben, und meine drei anderen Kinder sind noch zu klein, um sich versorgen zu können.« Sie stockte sichtlich ergriffen.
    Pardus trat einen Schritt auf sie zu und streichelte ihren Arm.
    »Ich weiß, dass es unpassend ist«, sagte Arusch kleinlaut. »Und ich weiß auch, dass Ihr mir die Schuld für Euer Unglück gebt, was ich gut verstehen kann und mir besonders leidtut, aber ich muss Euch um einen weiteren Gefallen bitten. Ihr müsst mir noch für ein paar Tage Unterschlupf gewähren, bis ich unbemerkt die Stadt verlassen kann. Ich werde mich auch mit meiner handwerklichen Hilfe und Geld erkenntlich zeigen.«
    Arusch wollte schnellstens von der Straße verschwinden. Immer wieder schaute er sich nach links und rechts um. Er war sich sicher, sobald jemand in der Umgebung davon erfahren sollte, dass er ein gesuchter Mann war, dieser ihn sofort verraten würde. Die Aussicht auf eine Belohnung ließ in dieser Stadt jeden zum Judas werden. Bore schien die Bitte gelassen aufzunehmen.
    »Ihr solltet wissen, dass ich Euch nicht die Schuld für das hier gebe«, sagte sie. »Diese Stadt ist seit einem Jahr im Krieg, und irgendwann musste das passieren. Außerdem scheint Ihr kein schlechter Mensch zu sein, da Ihr Pardus das Leben gerettet habt und es bei meinem Mann ebenso versucht habt. Ebenfalls scheint Euch mein Sohn blind zu vertrauen.« Sie wies deprimiert hinter sich ins Haus. »Wir leben hier auf engstem Raum, mit drei erwachsenen Frauen und sechs Kindern. Viel Platz kann ich nicht bieten.« Sie zuckte hilflos mit den Schultern und drehte sich ins Haus zurück. »Und doch könnten wir die helfende Hand eines Mannes gebrauchen, auch wenn Ihr den Ärger magisch anzuziehen scheint.« Mit einer einladenden Geste trat sie einen weiteren Schritt hinein. »Kommt bitte, Petronia und Viktorianah haben etwas zum Essen vorbereitet. Zwei Mäuler mehr werden wir auch noch stopfen können.«
    »Ich habe keinen Hunger«, log Arusch grinsend und offensichtlich froh, erneut aufgenommen zu werden.
    »Ich schon«, freute sich Pardus und zwängte sich an Bore vorbei.
    »Nehmt es ihm nicht übel«, sagte Arusch der verdutzten Frau. »Aber er hat den ganzen Tag noch nichts gegessen und jammert schon seit Stunden. Ein Bissen Brot wird ihn beruhigen.« Er machte einen freundlichen Diener, bevor er endgültig hinter der Tür im Raum verschwand. »Vielen Dank, dass Ihr mich aufnehmt …, ach ja, noch eine Frage: Georgios, der Schreiner, weiß der, wo Eure Schwester wohnt, wo dieses Haus steht?«
    »Ja, selbstverständlich«, antwortete Bore. »Er sollte schon längst diese schiefe Eingangstür repariert haben. Wieso fragt Ihr?«
    »Nur so«, log Arusch und verschwand im Haus.

KAPITEL 10
     
    Völlig außer Atem stapfte Emma die letzten Stufen in den dritten Stock zu ihrem Büro. Aus den meisten der Räume hörte sie im Flur Stimmen brabbeln, oder das hektische Rattern von Rechenmaschinen. Auf ihrem Schreibtisch erwartete sie ein Stapel Papiere. Emma schielte auf das oberste Dokument und erkannte die Liebig-Verträge. Bevor sie sich jedoch in die Arbeit stürzte, schaute sie, ob Frau Kaup noch in ihrem Büro saß. Doch ihr Zimmer war leer. Ebenfalls warf sie einen Kontrollblick in Walters Büro. Auch hier das gleiche Bild. Sein Computer lief zwar noch, sein Mantel und sein schwarzer Aktenkoffer, der stets neben seinem Schreibtisch stand, fehlten aber.
    »Na klar«, fluchte Emma. »Die gesamte Kanzlei schuftet noch, nur meine Spezialisten sind schon nach Hause gegangen. Typisch.« Sie kratzte sich am Hinterkopf. »Ich sollte mehr an meiner Autorität als Teamleiterin arbeiten.«
    Emma setzte sich und sortierte die Papiere unkoordiniert über ihren Tisch. Anstatt sich einen der Verträge genauer anzuschauen, stierte sie vor sich

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