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Die siebte Gemeinde (German Edition)

Die siebte Gemeinde (German Edition)

Titel: Die siebte Gemeinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Link
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sich selbst beschäftigt. Da er gestern durch das geöffnete Fenster hindurch die Diskussion bruchstückweise hatte verfolgen können, wusste er, dass sie nach Odenthal zum Altenberger Dom wollten. Nun hieß es, unauffällig im Hintergrund zu bleiben und auf die sich bietende Chance zu warten.
     
    »Matteo«, wiederholte der Pater fast schnarchend. »Warum fragen Sie? Hat er sich etwa danebenbenommen, oder weshalb sind Sie so besorgt?«
    »Sie müssen uns unbedingt zu ihm bringen«, befahl Emma. »Wir müssen sofort mit ihm reden.«
    »Das kann ich gerne tun, Frau Kemmerling«, sagte der Pater. »Ich hoffe nur, dass Sie auch Italienisch können. Matteo spricht nämlich nur Italienisch, Latein und gebrochenes Englisch.«
    Hilfesuchend blickte Emma zu Elias.
    »Sind Sie sicher, dass er kein Deutsch spricht?«, versicherte sich Elias. »Das ist sehr wichtig, Pater, wir sind nämlich auf der Suche nach einem Matteo.«
    Der Pater schaute seine Besucher irritiert an. »Ich dachte, Sie sind auf der Suche nach einer Kommode? Was denn nun?«
    »Ja, das natürlich auch«, ergänzte Emma mit einer abfälligen Handbewegung. »Aber ebenso nach einem Matteo. Können wir zu ihm?«
    »Das ist eine lange Geschichte, Pater Friedrich«, warf Elias ein. »Sagen wir, äh, ein Matteo hat uns eine Nachricht hinterlassen, und wir müssten ihn dringend etwas fragen.«
    »Wie schon gesagt«, wiederholte der Pater schulterzuckend. »Wenn Sie unbedingt darauf bestehen, werde ich ihn gerne herbestellen. Wenn die Nachricht aber tatsächlich auf Deutsch war, kann es unser Matteo nicht gewesen sein.«
    Nervös hantierte er mit dem schweren Archivschlüssel.
    »Wer denn sonst?« Emmas Ton wurde energischer. »Ich glaube nicht an Zufälle. So viele Matteos kann es doch nicht geben.«
    »So selten ist der Name gar nicht«, meinte der Pater nach einer weiteren Gedankenpause. Den Schlüssel warf er schläfrig zwischen seinen Händen hin und her. Es schien als würde er versuchen, sich durch die Bewegung wachzuhalten. »Matteo ist die italienische Version des ins Deutsche adaptierten Matthäus. Manchmal wird der Name auch von Matthias her abgeleitet. Alles miteinander verwandte Namensstämme, die es gerade in katholischen Familien sehr häufig gibt. Allein in meinem Jahrgang, damals während des Theologiestudiums, gab es gleich zwei junge Männer mit einem solchen Namen. Es war allerdings auch eine internationale Universität mit vielen Spaniern und Italienern.«
    »Lassen Sie es gut sein, Frau Kemmerling«, sagte Elias schließlich, der Emma bremsen wollte. »Wahrscheinlich ist es wirklich nur ein Zufall. Ich würde sagen, Pater, Sie zeigen uns einfach Ihre Kommode.«
    Schweigsam wurden sie vom Pater durch mehrere Gänge hindurch und über eine steil abfallende Treppe vor eine massive Holztür im Keller geführt. Die schwere Tür, die im schummrigen Licht fast schwarz wirkte, war mit einer ausgefallenen Reliefschnitzerei verziert. Sie zeigte einen vollbärtigen Mann mit kurzen Locken, der ein schweres Buch auf den Armen hielt und verheißungsvoll vor einer Gruppe von Menschen stand. Die Gruppe stand ehrfürchtig vor dem Mann, und alle sahen gespannt zu ihm auf.
    »Das ist aber eine prächtige Tür«, versuchte Elias, das Schweigen zu durchbrechen. »Wie kommt es, dass eine solche Tür hier unten im Keller schmachtet und nicht oben in den Räumen eingebaut wurde?«
    »Das sind Überbleibsel aus der Zeit des Zisterzienserordens, der hier im Dom mehrere Jahrhunderte beherbergt war. Gott weiß, wann diese Tür ausgebaut wurde. Sie gammelte viele Jahre in einer Kammer vor sich hin. Bei Restaurationsarbeiten wurde sie hier im Archiv eingesetzt, da sie hervorragend, ohne großartige Mauerarbeiten, in die Öffnung passte. Zwar eine Schande wegen der Feuchtigkeit hier unten, aber immerhin ist sie uns so erhalten geblieben.« Vorsichtig steckte der Pater den Schlüssel in das rostige Schloss. »Von den verschiedenen Gegenständen, die wir letztes Jahr verkauft haben«, fuhr er fort, »stammen ebenfalls einige aus der Zeit des Ordens. Jahrzehntelang in den Kellern des Domes verschwunden oder vergessen, so auch Ihre Kommode. Zum Abschluss der Restaurationsarbeiten letzten Jahres sind dann die aus unserer Sicht entbehrlichen Wertsachen veräußert worden, um von dem Erlös die leeren Kassen der Pfarrgemeinde zu füllen.«
    Der Pater schob die Tür langsam auf und betätigte mit einem geübten Handgriff den Lichtschalter. Surrend erhellten mehrere Neonröhren den

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