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Die siebte Gemeinde (German Edition)

Die siebte Gemeinde (German Edition)

Titel: Die siebte Gemeinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Link
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ist offen«, hörten sie von innen eine Stimme rufen. »Kommen Sie herein!«
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes erwartete Emma und Elias ein kleiner rundlicher Mann mit kräftigen, aber leicht ergrauten kurzen Locken. Voluminös hinter seinem Schreibtisch sitzend, grinste er sie über seine roten Wangen hin an. Im Gegensatz zu dem von Emma erwarteten dunklen Anzug mit weißem Priesterkragen trug der Mann einen Rollkragenpullover im Burberry-Stil und eine braune Stoffhose. Auf den ersten Blick wirkte er eher wie ein biederer Verwaltungsangestellter, der am Samstag notgedrungen seinen Dienst tat, als ein ehrwürdiger Pfarrer, der einem auf der Stelle die Beichte abnehmen könnte.
    »Ich hoffe wir stören nicht«, fragte Emma aufgeregt. »Wir suchen Pater Friedrich. Sind wir da bei Ihnen richtig?«
    »Sind Sie.« Der Pater lehnte sich gemütlich in seinem Schreibtischstuhl zurück. »Und stören tun Sie mich auch nicht.« Das schläfrige Schnarren vom gestrigen Telefonat nahm seine Fortsetzung. »Ich schreibe gerade an meiner Predigt für heute Abend. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
    ›Oh nein‹, dachte Emma, ›der ist ja immer so. Was soll das erst geben, wenn der seine Predigt hält?‹
    Die seltenen Male als Emma zu Kindeszeiten mit ihrem Vater die örtliche Kirche besucht hatte, fand sie die ausschweifenden Predigten des Ortspfarrers Happel unerträglich eintönig und den langweiligsten Teil des Kirchganges. Ihr Vater hatte alle Hände voll zu tun gehabt, um sie und Ellen vom Plappern abzuhalten.
    ›Kaum auszudenken, was die Kinder heute Abend durchmachen müssen, die von ihren Eltern zu Pater Hausmann in die Kirche geschleppt werden‹, grinste sie in sich hinein.
    »Wir sind …«, antwortete Emma, »... also, ich bin Emma Kemmerling, und das ist Elias Seydel. Wir hatten gestern wegen der Kommode angerufen.«
    Der Pater nickte dreimal bedächtig, bevor er mit einem lang gezogenem »Richtig« antwortete. Er griff in die oberste Schublade seines Schreibtisches und legte einen altertümlichen Schlüssel auf die Tischplatte. »Dazu müssen wir in unser Archiv. Dort sind die nicht verkauften Gegenstände abgestellt worden.«
    Wie in Zeitlupe erhob sich der Pater von seinem Platz und schritt schlurfend auf die beiden zu. An ihnen vorbeigegangen, drehte er sich noch einmal um und schüttelte jedem die Hand. »Entschuldigung, hätte ich beinahe vergessen. Nennen Sie mich Friedrich. Wir sprechen uns hier alle mit dem Vornamen an.«
    »Gerne«, sagte Emma schmunzelnd. »Wenn Sie denn überhaupt sprechen.«
    Der Pater blickte Emma verständnislos an.
    »Der junge Mann, der uns vorhin zu Ihnen führte, hat nämlich gar nicht gesprochen«, ergänzte sie.
    »Ah.« Pater Friedrich nickte. »Das war bestimmt Matteo, unser jüngster Dekan. Da haben Sie recht, er ist wirklich kein Mann der großen Worte.«
    Emma tat einen schrillen Schrei, dass der Pater erschrocken einen Schritt zurücktrat.
    »Wiederholen Sie das«, forderte Emma mit aufgerissenen Augen. »Wie hieß der Mann, der uns hergeführt hat?«
     
    Beinahe hätte Maria Emma und Elias hinter Köln aus den Augen verloren. Es dauerte über eine halbe Stunde, bis die beiden das Büro des Professors verließen. Scheinbar hatten sie noch gehofft, Gustav Heinrich würde sich lediglich verspäten, doch dieser konnte heute nicht mehr auftauchen, dafür hatte er gesorgt.
    Elias hatte seine Architektentasche noch dabei, als sie zum Auto gingen, trotzdem lief Maria noch einmal zurück in das Büro und vergewisserte sich, ob die beiden nicht doch etwas für den Professor hinterlassen hatten.
    Nachdem er seinem Meister davon berichtet hatte, dass er die Dokumente im Antiquitätenladen bei seiner Suche hatte liegen lassen, wäre dieser beinahe explodiert vor Wut. »Wie bescheuert bist du eigentlich?«, hatte er ihn angeschrien. »Gerade du müsstest es doch besser wissen! Du hast doch den ersten Teil selbst entdeckt und zu uns Kontakt aufgenommen. In den Dokumenten wird doch darüber berichtet, was wir suchen. Es wird genau beschrieben, um was es sich handelt. In den Händen eines gewitzten Historikprofessors wird es doch sofort übersetzt werden.«
    Somit hatte er heute Morgen als Erstes dafür gesorgt, dass der Professor auf keinen Fall an seinem Arbeitsplatz erschien. Als das Büro genauso leer war wie zuvor, und auch in den Schubladen nichts zu finden war, nahm er die Verfolgung von Emma und Elias auf. Entdeckt dürften sie ihn kaum haben, zu sehr waren sie mit

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