Die siebte Gemeinde (German Edition)
Geschehen vor dem Wald. Die Kreuzritter liefen aufgeregt vor der Baumgrenze hin und her, schlugen die längsten Äste ab, spitzten sie mit gezielten Schlägen an und versammelten sie vor sich auf dem Boden. Noch hatte niemand eine Ahnung, wer hinter dem Horizont auf sie zukam. Weder sah man Staub aufwirbeln noch hörte man lautes Traben.
»Womöglich war es der Pfeil eines einzigen Mannes, der Guéri getroffen hat«, vermutete einer der Ritter. »Und vielleicht ist der Bogenschütze bereits in die andere Richtung geritten?«
Eine Vermutung, die sich schnell als vage Hoffnung herausstellen sollte. Auf dem flachen Bergkamm tauchten in etwa einhundert Reiter auf, die gemächlich auf den Wald zugeritten kamen. Beim Anblick der Kreuzritter am Rande des Waldes stoppten sie ihre Pferde und rückten zu einem engen Kreis beisammen. Arusch erkannte auf dem Boden kauernd, dass die Helme der Reiter spitz nach oben zuliefen. Mehr konnte er zwischen dem Gewirr aus Ästen, Blättern und Pferdebeinen nicht ausmachen.
»Bulgaren!«, rief einer der Kreuzritter hektisch. »Was machen die so weit im Süden?«
»Das ist der Grund, warum wir nach Adrianopel reisen«, antwortete Philipp im bestimmten Ton und ohne jede Angst in seiner Stimme. »Die Bulgaren haben sich mit den Griechen verbündet. Wahrscheinlich versammeln sie ihre Truppen, und diese hier sind zu weit in den Süden geraten. Oder aber wir sind zu weit im Norden, wer weiß das schon?«
Philipp postierte sich vor seinen Männern und zog sein Schwert. »Wenn wir unsere Stellung halten, zusammenbleiben und niemand in unseren Rücken fallen lassen, können wir es gegen diese Männer aufnehmen. Haltet eure Schilde beisammen, stützt euch gegeneinander ab.« Er deutete auf seine vier Männer mit den Bögen, die er links und rechts seiner Phalanx aufgestellt hatte. »Schießt erst, wenn ich es euch sage, aber dann schießt schnell. Konzentriert euch auf die Flanken. Niemand der Bulgaren darf uns in den Rücken fallen.«
Noch während er die Worte sprach, verdunkelte sich der Himmel über ihnen und zig Pfeile rauschten auf sie zu. Philipp blickte auf die schwarze Welle, die über ihm zusammenbrach, und kurz bevor die Geschosse ihr Ziel erreichten, hockte er sich in die Knie und riss seinen Schild über den Kopf. Nachdem die erste Flut überstanden war, stand er wieder auf, drehte sich seinen Männern zu, hob sein Schwert und rief lauthals: »Für Jesus Christus, unseren Herrn!«
»Für Jesus!«, schrien die Ritter mit lautem Getöse und ebenso erhobenen Schwertern.
Leblose Augen starrten leer in den blauen Nachmittagshimmel. Verzerrte Körper, zerschmettert von Stahlklingen, lagen rücksichtslos übereinandergestapelt auf der blutgetränkten Wiese. Arusch vermochte sie nicht zu zählen, doch schätzte er die Zahl der toten Körper, die vor dem Wald im Gras lagen, auf über fünfzig. Niemand der Überlebenden hob ein Erdloch für ein Begräbnis aus. Keiner erwies den Toten die letzte Ehre. Eiskalt wurden sie in der Sonne liegend, den Tieren des Waldes überlassen.
Angewidert blickte Arusch, während er sich vom Ort der Schlacht entfernte, auf die kläglichen Überreste des Schlachtfeldes. An seinem Rücken gefesselt, jedoch vorwärts in Reitrichtung sitzend, hockte Philipp von Troyes. Er sowie vier seiner tapferen Ritter waren die einzig überlebenden Kreuzritter des Angriffes. Zwischenzeitig, so glaubte Arusch, hatten die Männer tatsächlich eine Chance gegen die zahlenmäßig überlegenen Bulgaren gehabt. Doch wendete sich das Blatt, als sich im Laufe des Gefechts eine kleine Schar, unter Hinnahme von starken Verlusten, in den Rücken der Ritter schlagen konnte und sie somit einen tödlichen Kessel um ihre Gegner zogen.
Bei dem Versuch während der Schlacht an eine Waffe zu gelangen, stellte Arusch einem der über ihn springenden Bulgaren kurzerhand ein Bein. Dieser fing sich gerade noch ab und hielt erschrocken seine Klinge an Aruschs Hals. Als der Bulgare erkannte, dass Arusch hilflos an einem Baum gebunden war, ließ er von ihm ab und stürmte schreiend auf sein ursprüngliches Ziel zu. Einem immer kleiner werdenden Kreis tapfer kämpfender Kreuzritter.
Die siegreichen Bulgaren führten nun ihre sechs Gefangenen über den Weg zurück, über den sie vor wenigen Augenblicken auf die Kreuzritter zugestürmt kamen. Heftige Diskussionen waren zuvor unter ihnen ausgebrochen. Vier der Krieger stritten lebhaft in einer befremdlichen Sprache miteinander. Aufgeregt deutete
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