Die siebte Gemeinde (German Edition)
Baum zu, den er sich ausgesucht hatte. Er holte weit aus und schlug die ersten Kerben in den Stamm. Der knorrige Baum war widerspenstiger als er vermutet hatte. Er konnte jedoch nicht sagen, ob es am Baum oder an der alten Axt lag. Gerade als er zu einem weiteren Schlag ausholen wollte, erspähte er aus dem Augenwinkel etwas Dunkelrotes, und ehe er realisierte, um was es sich handelte, waren etwa zwanzig Männer auf Pferden um ihn herum versammelt. Alle richteten ihre Schwertklingen gegen seine Brust.
So unauffällig es ihm in seiner Panik möglich war, blickte er über seine Schulter. Nicht weit von ihm entfernt hockte Nazares kauernd hinter dem Baum, an dem er zuvor die Äste abgeschlagen hatte. Die Männer schienen ihn noch nicht bemerkt zu haben.
Nazares hielt das Schwert von Arusch fest in beiden Händen. In seinen Augen war Entschlossenheit zu erkennen. Arusch schüttelte unauffällig seinen Kopf. Der Junge folgte der heimlichen Anweisung und drückte sich hinter den Baum auf den feuchten Waldboden.
»Lass deine Axt lieber fallen«, hörte Arusch einen Mann aus der Mitte der Reiter heraus zu ihm sagen, »oder du wirst schneller vor deinen Schöpfer treten, als dir lieb ist.«
Sämtliche Ritter waren in dunkelroten Umhängen gekleidet, auf denen ein goldenes Kreuz im Licht der Sonne bedrohlich glitzerte. Ihre Gesichter verbargen die Männer unter silbernen Schutzhelmen, die tief über die Stirn reichten. Niemand verzog eine Miene, nicht einer senkte sein Schwert.
Um nicht von zwanzig Klingen gleichzeitig durchbohrt zu werden, folgte er dem Befehl des Unbekannten und ließ die Axt vor sich auf den Boden fallen. Einer der Ritter sprang von seinem Pferd und schritt auf Arusch zu, sein Schwert in der Hand. Vor Arusch blieb er stehen und setzte seinen Helm ab. Erst jetzt erkannte er, mit wem er es zu tun hatte. Es war einer der Heerführer, die er bei Balduin im Blachernen Palast gesehen hatte, konnte sich jedoch nicht mehr an dessen Namen erinnern.
»Fesselt den Mann«, befahl Philipp von Troyes seinen Männern, »durchsucht seine Sachen und bindet ihn auf sein Pferd. Wir werden ihn mit nach Adrianopel nehmen.«
»Das heilige Tuch hat er nicht bei sich, Herr«, sagte einer der Männer, der die Taschen an Aruschs Pferd durchsucht hatte, »und in seinem Bündel ist nur ein Dolch.« Stolz hielt der Ritter Aruschs Beutel in die Höhe.
»Mehr nicht?«, fragte Philipp enttäuscht.
»Nein, Herr, nur noch ein Schlauch mit Wasser und etwas Proviant.«
Arusch wurde von zwei Männern mit auf den Rücken gebundenen Händen zu seinem Pferd geführt. Verwundert schaute er auf den Mann, der seinem Herrn den leeren Beutel zeigte. Er konnte sich nicht erklären, warum sich dort nichts befand. Gestern Abend, da war er sich sicher, hatte er die Schriftrolle zurück in das Säckchen gepackt. Heute Morgen verstaute er es, wie üblich, auf dem Pferd. Einen Kontrollblick hinein hatte er nicht geworfen. Sollte Viktorianah die Rolle, während er schlief, herausgenommen haben?
»Etwas wenig Gepäck für eine Reise, findest du nicht?«, fragte Philipp, der mit dem leeren Beutel in der Hand auf Arusch zulief.
»Ohne Gepäck reitet es sich schneller«, antwortete Arusch knapp, noch immer verwirrt über seine fehlenden Unterlagen.
»Ach, Blödsinn!«, schrie Philipp. »Niemand reitet mit so wenig Gepäck. Außerdem würdest du niemals ohne dein Schwert reisen.« Er drehte sich zu seinen Männern um. »Durchsucht die Gegend, irgendwo muss er sein Lager haben.«
Die Ritter nickten stumm und strömten in sämtliche Himmelsrichtungen aus. Arusch hielt den Atem an. Um jeden Preis musste er verhindern, dass sie Nazares fanden, geschweige denn, dass die Männer bis zur Hütte ritten. Er hatte gleichwohl keine Ahnung, wie er dies anstellen sollte. Die Kreuzritter hatten seine Fesseln so kräftig zugezogen, dass ein Entkommen unmöglich schien. Zusätzlich hielten sie ihn mit festem Griff an beiden Armen.
»Hier hinter dem Baum liegt sein Schwert«, rief einer der Männer. Er stand an der Stelle, wo sich Nazares kurz zuvor versteckt hatte, »sowie ein weiteres Säckchen mit Proviant.« Beides hielt er triumphierend in die Höhe.
Arusch versuchte zwischen den Bäumen hindurch zu erkennen, wohin sich Nazares geflüchtet haben könnte, doch er sah nichts als Äste und Gestrüpp. Ein Funken Hoffnung durchströmte ihn.
Philipp von Troyes kratzte sich nachdenklich am Kopf und schaute Arusch prüfend an. »Du scheinst tatsächlich mit wenig
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