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Die siebte Maske

Die siebte Maske

Titel: Die siebte Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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lassen, daß du dich anders besonnen hast.«
    Sie riefen die ›Western Bar‹ an und hatten Glück. Sawy- er war dort. Louise teilte ihm mit, sie könne die Verabredung nicht einhalten, aber er ließ sich nicht entmutigen.
    »Das ist sehr schade, Mrs. Capice«, sagte er. »Denn was ich mit Ihnen besprechen wollte, ist sehr wichtig. Sehen Sie, ich weiß, daß Ihre Familie in Monticello ganz oben ist –«
    »Was hat meine Familie damit zu tun?«
    »Vielleicht sogar sehr viel. Ich meine, Ihr alter Herr ist Winston Grimsley, stimmt’s?«
    »Ja.«
    »Eine wichtige Persönlichkeit in unserer Stadt. Und Ihr Mann ist äußerst erfolgreich auf dem Immobilienmarkt tätig, nicht wahr?«
    »Ich begreife nicht, was das –«
    »Und Sie, Mrs. Capice, würden doch bestimmt nicht wollen, daß das Ansehen einer so lieben Familie bedroht wird. Sehen Sie mal, diese Krankheit, unter der Sie leiden, das ist doch schließlich eine Privatangelegenheit, und Sie würden doch bestimmt nicht wollen, daß das an die große Glocke gehängt wird, in aller Öffentlichkeit.«
    »Was soll das heißen?«
    Louise entfernte den Hörer vom Ohr, und Mike und Phil konnten Sawyers leises Meckern vernehmen.
    »Auch ich habe meine Beziehungen in dieser Stadt, Mrs. Capice. Und die Leute, zu denen ich Beziehungen habe, sind immer interessiert an Menschen wie Ihnen, die Dreck am Stecken haben. Sie verstehen, was ich meine?«
    »Nein!«
    »Rauschgiftsüchtige«, sagte Sawyer grob. »Süchtige aus besseren Kreisen, die sich in ihren Klassevillen verstek- ken, in ihren langärmeligen Kleidern, und immer genug Geld für einen Shot haben, wenn sie einen brauchen, und Protektion an allen Ecken und Enden. Tja, ich kann das alles ändern, Mrs. Capice, ich kann Ihr kleines Geheimnis hinausposaunen, und zwar fortissimo. Und das werde ich auch, verlassen Sie sich drauf!«
    »Nein, das dürfen Sie nicht! Warum sollten Sie so etwas tun?«
    »Warum nicht? Warum sollen immer nur die armen Teufel dran glauben? Warum nicht auch ein paar feine Damen? Die sind doch genauso schuldig, oder? Was die machen, ist genauso illegal, oder nicht?«
    »Aber Sie sind ja auch nicht besser als ich! Sie verkaufen das elende Zeug –«
    »Ich?« Sawyer wies die Anschuldigung weit von sich. »Wie können Sie so etwas sagen, Mrs. Capice, das ist ja geradezu beleidigend. Ich rühre den Stoff nie an, ich bestimmt nicht. Ich habe eine makellos saubere Weste. Und wenn Sie das gleiche weiterhin von sich behaupten wollen, werden Sie sich zu ein paar Spenden bereit finden müssen –«
    »Also Erpressung!«
    »Was denn?« beklagte sich Sawyer. »Immer diese harten Worte! Ich spreche von einer Unterstützung, Mrs. Capice. Für kulturelle Zwecke.«
    »Und wenn ich ablehne?«
    Sawyer atmete in den Telefonhörer hinein, sie konnte seinen heißen Atem förmlich spüren. »Das werden Sie sich gut überlegen, Lady; oder Sie werden was erleben. Die ganze Stadt wird etwas erleben. Also denken Sie gut nach – und sagen Sie Ihrem Mann, er wird bald eine Karte bekommen –«
    »Eine Karte?«
    »Eine Einladungskarte«, sagte Sawyer. »Zu einem Klavierabend. Hoffentlich mag er Musik.«
    Dann legte er auf.
    Fieberhaft erwarteten sie die Ankunft der Einladungskarte, und während sie warteten, nahm der Prozeß Tony Jerrick seinen Fortgang, nun schon den zweiten Tag, den dritten, den vierten.
    Polizeichef Bill Marceau hatte beim Zusammentragen von Beweismaterial für Staatsanwalt Peter Quinn ganze Arbeit geleistet, und die Vertreter der Anklage erschienen wohl vorbereitet vor Gericht. Mit fast lässiger Eleganz legte Quinn die Beweise vor, aus denen Motiv und Gelegenheit sich schlüssig ergaben; konkretes Beweismaterial, aus dem ersichtlich war, daß Tony Jerrick sich zur Tatzeit
    am Tatort aufgehalten hatte. Man ließ Zeugen aussagen, die über die Feindschaft zwischen dem Ermordeten und dem Angeklagten im Bilde waren; über jeden Verdacht erhabene Zeugen wie Winston Grimsley, der wahrheitsgetreu berichtete, Walter Haven habe aufgrund dieser Feindschaft um sein Leben gefürchtet. Adrienne war von der Staatsanwaltschaft nicht vorgeladen worden, und der alte Tom Harvey, Tonys Anwalt, schwankte noch, ob ihre Aussage der Verteidigung seines Mandanten eher schaden oder nützen würde. Mike hatte den Fall mit Harvey unter vier Augen besprochen und war zur Überzeugung gelangt, daß man mit dem, was der Verteidigung zur Verfügung stand, keine Geschworenen beeindrucken konnte.
    Am Nachmittag des vierten Tages traf die Karte

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