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Die siebte Maske

Die siebte Maske

Titel: Die siebte Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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niemals für einen Rauschgiftsüchtigen, Mike. Und mich können wir nicht mehr einsetzen, nach allem, was auf dem Maskenball passiert ist.«
    »Stimmt«, sagte Mike. »Du fällst aus, und ich eigne mich auch nicht für diese Rolle. Aber, offen gestanden, ich habe dabei nicht an uns beide gedacht.«
    Phil starrte erst ihn an und dann seine Frau. Als Louise begriff, was Mike mit seinem letzten Satz gemeint hatte, stieß sie ein leises Miauen aus wie eine Katze, und dann erschreckte sie Phil durch einen Ausruf des Entzückens.
    »Mike, ist das dein Ernst? Meinst du wirklich mich?«

10
    D as Lokal hieß ›Western Bar‹, und derlängst vergessene Gründer hatte offenbar vorgehabt, es im Wildweststil zu dekorieren. Aber die Gegend war heruntergekommen, das Lokal hatte ein dutzendmal den Besitzer gewechselt, und so war nichts Wildwestliches übriggeblieben außer einem struppigen Büffelkopf über der Theke, dem ein Horn fehlte. Louise Capice saß allein in einer Nische. Sie betrachtete den Büffel und den Barkeeper und glaubte eine Ähnlichkeit in den bekümmerten Zügen von beiden zu entdecken.
    Über eines war sie recht froh: Sie war nicht die einzige Frau im Lokal. Ein Quartett hatte die ›Western Bar‹ zum Schauplatz einer Geburtstagsfeier erkoren. Sie hatten mit dem Trinken gerade erst angefangen und das Krawallstadium noch nicht erreicht. Weniger glücklich war sie über die Männer, die sie während der vergangenen zwanzig Minuten wiederholt gemustert hatten. Früher oder später werden Annäherungsversuche den Blicken folgen, dachte sie und hoffte, daß ihre Mission bis dahin beendet sein würde.
    Es hatte dann doch noch einiger Überredung bedurft, bevor die Aktion zustande kam. Phil schwärmte zwar für Abenteuer, aber nicht, wenn seine Frau in sie verwickelt werden sollte. Nur Mikes wiederholte Zusicherung, daß für Louise kaum eine Gefahr bestand, daß sie beide, Mike und Phil, sich die ganze Zeit über in Rufweite aufhalten würden, hatte Phil schließlich umgestimmt. Louise war jedenfalls begierig gewesen, den Auftrag auszuführen,
    aber als sie jetzt mit gekreuzten Beinen in der Nische saß und versuchte, den Konsum eines Whisky Sour so lange auszudehnen, wie es ging, fragte sie sich doch, ob sie nicht leichtsinnig gehandelt hatte.
    Mike hatte das mit der ›Western Bar‹ herausgebracht. Es hatte keiner besonderen Detektivarbeit bedurft, Mr. Sawyers nächtliche Gewohnheiten auszukundschaften, zumal diese sich als regelmäßig herausstellten. Allabendlich bezog Sawyer alias Kessie die ›Western Bar‹ in seine Runde ein. Manchmal traten Leute an ihn heran und sprachen mit ihm; alle möglichen Leute, auch Frauen. Es war nicht anzunehmen, daß eine Frau mehr oder weniger, die sich an Mr. Sawyer wandte, Aufsehen erregen würde.
    Als Mike es beschrieb, hatte alles sehr einfach gewirkt. Aber jetzt stellte Louise fest, daß ihre Hand zitterte, als sie das Whiskyglas hob, während sie den Eingang im Auge behielt.
    Dann kam er herein.
    Es bereitete Louise keine Schwierigkeit, Sawyer-Kessie zu erkennen; Phils Beschreibung war erschöpfend gewesen, er hatte sogar die fleischigen Fingerknöchel nicht vergessen. Louise hatte sich den Mann größer vorgestellt. Sawyers Kraft saß in Nacken und Schultern, die jetzt unter dem Anzug und dem krawattenlosen weißen Hemd versteckt waren. Trotz des gebrochenen Nasenbeins und des Narbengewebes um Augen und Ohren sah er nicht sonderlich bedrohlich aus. Louise entspannte sich etwas. Vielleicht würde es nicht so schlimm werden.
    Sawyer trat an die Theke. Er plauderte lässig mit dem Barkeeper und bestellte ein Bier. Er hob das Glas, schien dem Büffel zuzuprosten. Dann drehte er sich langsam auf dem Barhocker herum und musterte seine Umgebung.
    Schließlich begegneten ihre Blicke einander.
    Louise wußte nicht, wie Sawyer reagieren würde; eigentlich erwartete sie ein unternehmungslustiges Grinsen. Aber seine Miene blieb unbewegt, während er sie anschaute. Auch als sie die Beine andersherum übereinanderschlug und ihn kühn anstarrte, reagierte Sawyer nicht.
    Jetzt oder nie, dachte sie.
    Louise stand auf und ging zur Theke. Der Barkeeper war am anderen Ende mit einem Gast beschäftigt, der eine längere Anekdote erzählte.
    Sawyer beobachtete sie noch immer, regungslos.
    »Was dagegen, wenn ich mich hersetze?«
    Sawyer hob gleichgültig eine Schulter.
    Louise setzte sich. Sie legte ihre Handschuhe auf die Handtasche. Es war eine ihrer besten Taschen, und die Handschuhe

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