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Die Siechenmagd

Die Siechenmagd

Titel: Die Siechenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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das Mädel nicht so an!“, zischt sie dem Schwätzer ins Gesicht. Ihre Augen funkeln bedrohlich, als sie in verachtendem Tonfall fortfährt:
    „Bürschchen, ich kenn dich und ich weiß, dass du ein loses Mundwerk hast und ein alter Abstauber bist. Ich kann dir nur raten: Halt die Klappe, sonst brauchst du dich hier nicht mehr blicken zu lassen! Rumtratschen und stänkern kannst du woanders, aber nicht bei mir! Von meinen Leuten hier haut jedenfalls keiner den anderen in die Pfanne. – Und ich muss dich hoffentlich nicht daran erinnern, dass es unter den Fahrenden als ungeschriebenes Gesetz gilt, einander nicht zu verraten. – So und jetzt verzieh dich nach hinten und halt für den Rest des Abends dein Schandmaul“, staucht ihn die Wirtin gehörig zusammen.
    Kleinlaut und verlegen trollt sich Leo auf einen freien Hocker bei der Hintertür und bekommt bald von der Wirtin ein Maß Bier auf den Tisch geknallt. Die anderen Gäste rücken demonstrativ von ihm ab. Mit seinem Auftritt eben hat er sich nicht gerade beliebt gemacht. Missmutig verzieht der Regenmacher sein hübsches Gesicht, nimmt einen tiefen Zug aus dem Bierkrug und wirft einen trotzigen Blick in die Runde: Kein Publikum, das mich verdient. Selber Schuld!
    Später am Abend, als es ruhiger geworden ist und viele schon gegangen sind, setzt sich Ursel mit einem vollen Krug Bier in der Hand zu Mäu und ihren Freunden an den Tisch. Mäu ist nach der unliebsamen Begegnung mit Leo hochgradig alarmiert und beschämt, was ihr deutlich anzumerken ist. Auch die Stimmung der Schausteller ist bedrückt, obgleich sie immer wieder versuchen, ihre Reisegefährtin aufzurichten. Die resolute Wirtin hat Mitleid mit Mäu und spricht sie vorsichtig auf ihr Problem an, bedacht darauf, nicht aufdringlich zu erscheinen:
    „Ich habe den Eindruck, dass du ziemlich in der Klemme steckst, Mädel. Es interessiert mich nicht, was du genau angestellt hast. Du hast jetzt jedenfalls eine Scheißangst, dass dich jemand verpfeift. Kann ich verstehen und so ein kleiner Halunke, wie der schöne Leo, könnte bei einem so hohen Kopfgeld vielleicht schon auf dumme Gedanken kommen“, spricht die Wirtin leise. „Nur sei dir über eines im Klaren: Wenn ein Fahrender einen anderen an die Büttel verrät, wird ihm das Leben auf der Straße schon sehr, sehr schwer gemacht. So was verbreitet sich unter den kochemer Leuten * wie ein Lauffeuer und nicht einmal mehr der abgerissenste Landstreicher würde von so einem Verräter ein Stück Brot annehmen. Solche Leute werden gemieden wie die Pest, kein Plattenspieß * * , der etwas auf sich hält, würde so jemanden bei sich übernachten lassen. Wenn einer von diesen Schurken in der Patsche sitzt, hilft ihm keine Sau, das steht fest. Meistens werden diese Lumpen auch nicht alt, dafür sorgen schon die Kumpels von den Verpfiffenen. Bei passender Gelegenheit schneidet man ihnen sauber die Kehle durch oder ersäuft sie in einem Brunnen. Und so gehört sich das schließlich auch! Das schreckt ganz schön ab. Und ich glaube, selbst so eine Ratte wie der Regenmacher wird es sich ganz genau überlegen, ob er sich auf so was einlassen will“, endet Ursel eindringlich und streichelt Mäu über die Wange. „Also, jetzt mach dich mal nicht ganz so verrückt, Mädchen. Halt erst mal die Füße still und geh schlafen!“
    Als Mäu kurz darauf auf ihrem Strohsack in der von Menschen vollgestopften Schlafkammer liegt, bedrängen sie jedoch ihre mannigfaltigen Sorgen derart, dass sie die ganze Nacht kein Auge zukriegt. Immer wieder muss sie an den schlimmen Zusammenstoß mit Leo denken und fragt sich, ob das ungeschriebene Gesetz der Fahrenden, niemanden ans Messer zu liefern, auch für so miese Schufte wie Leo gilt.
    Am Morgen ziehen sie weiter in Richtung Thüringer Wald. Ursel hat zuvor erzählt, dass Leo schon sehr früh aufgebrochen ist, und Mäu schwant nichts Gutes. Hinter jeder Ecke rechnet sie damit, dass ihr die Büttel auflauern. Schon den ganzen Vormittag schleicht sie schweigsam und ernst hinter der Schaustellerfamilie her, als Lisbeth plötzlich das Wort an sie richtet:
    „Also, Maria, so Leid es mir tut, aber ich glaub, ich muss dir jetzt mal die Leviten lesen“, äußert sie mit strenger Miene. Mäu, aus ihrer Lethargie gerissen, blickt die Gefährtin erstaunt an. Wahrscheinlich haben sie jetzt die Nase voll von mir und wollen mich los sein!, ist ihr erster Gedanke.
    „Jetzt zieh nicht so ein Gesicht, ich will dir schon nichts Böses! Inzwischen

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