Die Siedler von Catan.
Sohn Sigurd hatte die Schulter ausgekugelt und brüllte wie ein Stier, als der Sachse sie wieder einrenkte. Haflad der Köhler hatte einen Arm gebrochen, was niemand sonderlich bedauerte, mehrere Männer die eine oder andere Rippe, doch das war alles nicht der Rede wert.
Osmund war neben Candamir ins Gras gesunken, und sie lagen beide auf die Ellbogen gestützt, den Kopf im Nacken, und rangen um Atem. Gleichzeitig wandten sie die Köpfe, maßen sich mit finsteren Blicken und lachten dann.
»Mann, du siehst vielleicht aus«, bemerkte Candamir nicht ohne Schadenfreude. »Ich wette, es wird eine Woche dauern, bis du aus dem linken Auge wieder sehen kannst. Und das gibt ein prächtiges Veilchen.«
»Das bleibt abzuwarten«, entgegnete Osmund gleichmütig.
Dann waren Inga und Gunda bei ihnen, brachten ihnen Becher mit kühlem Met und halfen ihnen auf die Füße.
»Du warst wunderbar«, sagte Inga lächelnd zu Osmund, als er ihr den geleerten Becher zurückgab.
Er dankte ihr, fuhr sich verlegen mit der Hand über die blutende Braue und ließ sich dann ins Wasser gleiten.
»Du warst aber auch nicht schlecht, Herr«, raunte Gunda.
Candamir zwinkerte ihr zu, stützte sich auf dem Weg ins Wasser unauffällig auf ihren Arm und schaute sich verstohlen nach Siglind um. Sie half einer Schar kleiner Mädchen, ihre Blumenkränze aufzusetzen und zurechtzurücken. Sie selbst trug auch schon einen, der vornehmlich aus Vergissmeinnicht bestand. Es sah hinreißend aus. Und seine Schwester kniete vor Harald im Gras und bandagierte ihm einen offenbar verstauchten Knöchel mit einem feuchten Tuch. Der Blick des Schmieds war auf die fernen Berge gerichtet.
Es war ein lauer, beinah schon sommerlicher Abend mit einem tiefblauen Himmel, an dem ein Dreiviertelmond die Mehrzahl der Sterne überstrahlte. Die Menschen schlemmten und tranken mit Hingabe, zündeten große Feuer an, spielten auf Flöten aus Holz oder Rinderhörnern, mit denen sie einen gewaltigen Radau machten, wie Austin nicht zum ersten Mal verwundert feststellte, und sangen die Lieder von ihren Göttern und Ahnen. Als es auf Mitternacht ging, wählte Brigitta Olafs Sohn Lars aus, den Thorsbaum zu kränzen. Strahlend vor Stolz und mit erstaunlichem Geschick erklomm der halbwüchsige Knabe den geglätteten Pfahl, ein Seil zwischen den Zähnen. Oben angekommen, winkte er den anderen jungen Burschen, und sie knoteten das lose Seilende an den großen, prächtigen Blumenkranz. Lars zog ihn hinauf, hängte den Kranz über die Spitze des Pfahls und ließ sich unter allgemeinem Jubel wieder zu Boden gleiten.
»Auf den Kalten Inseln schenken die Menschen Thor in dieser Nacht immer eine Jungfrau«, bemerkte Siglind, die mit dem Sachsen am Rande des Feuers stand und zu dem bekränzten Thorsbaum aufschaute.
»Was?«
Sie sah ihn an und lächelte ein wenig über seine entsetzte Miene. Dann nickte sie. »Es heißt, in dieser Nacht mischen die Götter sich unter die Menschen. Aber meines Wissens erschien Thor nie persönlich auf den Kalten Inseln, und so war es natürlich immer Cnuts Privileg, an Stelle des Gottes die mehr oder weniger willige Jungfrau zu beglücken. Vor den Augen seiner jubelnden Untertanen, deren Fruchtbarkeit er damit sicherstellte. So machte man uns zumindest glauben.« Ihre Zweifel waren ebenso unüberhörbar wie ihr Sarkasmus.
Austin schauderte. »Ich bin allerhand von diesen Barbaren gewohnt, aber wenigstens das gab es in Elasund nicht.« Doch vielleicht war es früher einmal so gewesen, überlegte er. Er hatte seit jeher gedacht, dass die Bekränzung des Thorsbaumes etwas Anstößiges an sich hatte, und jetzt mutmaßte er, dass es ein Überbleibsel dieses grässlichen heidnischen Brauches war.
»Nein, das will ich glauben«, antwortete Siglind. »Diese Menschen hier haben weder Häuptling noch Priester, sodass es gewiss immer Streit um die Frage gäbe, wer den Gott vertreten soll.«
Der Sachse nickte versonnen. »Was wurde aus den Jungfrauen?«, fragte er.
»Oh.« Siglind tat es mit einem Achselzucken ab. »Er behielt sie ein Weilchen, aber wenn er feststellte, dass auch sie nicht schwanger wurden, schickte er sie ihren Vätern zurück. Oder ihren Eigentümern, manche waren auch Sklavenmädchen. Was Frauen anging, hatte der arme Cnut nicht viel Glück; soweit ich weiß, hat ihm keine je ein Kind geschenkt.«
»Vielleicht gut so für das Volk der Kalten Inseln«, bemerkte der Mönch. »So mag nach ihm ein Besserer König werden, nicht sein Sohn, der seine
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