Die Siedler von Catan.
Hand nicht fort, im Gegenteil, für einen Lidschlag wurde ihr Griff fester, aber dann löste er sich allmählich, bis der Hautkontakt ganz abbrach. Osmund zog die Knie an, verschränkte die Finger darum und sah wie so oft zu den Sternen auf. »Dann habe ich mich wohl geirrt. Vergib mir, wenn ich dich bedrängt habe«, bat er ein wenig steif.
»Das hast du doch gar nicht«, widersprach sie ungeduldig. Dann unterbrach sie sich kurz, ehe sie fortfuhr: »Dein Antrag ehrt mich. Ich weiß, es gibt hier keinen besseren Mann, den ich heiraten könnte.«
»Aber Herz und Verstand gehen nun einmal oft getrennte Wege, und es ist Candamir, den du willst«, beendete er den Satz für sie, so leise, dass sie den Tonfall nicht deuten konnte. War er wütend? Ergeben? Amüsiert?
Verzweifelt wäre der Wahrheit wohl am nächsten gekommen. Osmund war keineswegs sicher gewesen, dass sie ihn wollte. Aber jetzt musste er feststellen, dass er für diese Absage nicht wirklich gewappnet gewesen war. »Vermutlich hast du Recht«, sagte er mit vorgetäuschter Gleichmut. »Er ist gewiss die klügere Wahl. Die Götter lieben Candamir, das Glück ist immer mit ihm. Und er hat es auch verdient. In seinem Herzen gibt es keine finsteren Winkel.«
»In jedem Herzen gibt es Finsternis«, widersprach sie. »Und du irrst dich. Ich habe nicht die Absicht, ihn zu heiraten, weil ich überhaupt nicht mehr heiraten will, verstehst du?«
»Nein«, gestand er freimütig, dabei unendlich erleichtert.
»Was willst du dann?«
Sie antwortete nicht gleich. An dem Abend vor etwa einer Woche, als sie sich heimlich von Austin hatte taufen lassen, hatte der Mönch ihr von den heiligen Frauen in seiner Heimat erzählt, Frauen, die den Männern und der Welt entsagten und sich ganz seinem Gott weihten. Bräute Christi, so hatte er sie genannt. Sie hatten Teil am Mysterium dieses Gottes und verstanden es, sein Buch zu lesen. Bräute Christi. Siglind verstand noch nicht genau, was das bedeutete, aber es hatte einen wunderbaren Klang. Sie ahnte, dass dies ihr Weg war, aber das konnte sie Osmund nicht anvertrauen, der Austins Gott hasste und ein glühender Verehrer Odins geworden war, seit sie nach Catan gekommen waren.
»Ich bin noch nicht sicher«, gestand sie. Sie richtete sich halb auf, kniete sich vor Osmund und nahm seine Hände. »Du weißt, wie es ist, wenn Dunkelheit sich herabsenkt, sodass man den Weg nicht mehr finden kann, nicht wahr?«
»Ja.«
»Wenn das Leben eine Qual ist?«
Beschämt senkte er den Blick, nickte aber.
»Die Dunkelheit ist gewichen«, fuhr Siglind fort. »Aber den Weg sehe ich noch nicht.«
»Auch das ist mir nicht fremd. Ich habe geglaubt, mein Weg und der deine seien ein und derselbe, aber womöglich habe ich mich getäuscht.« Er biss die Zähne zusammen, damit er sie nicht anflehte, ihre Entscheidung zu überdenken. Er hatte immer gespürt, dass sie einander ähnlich waren, und deswegen geglaubt, dass sie zusammengehörten. Ihre Zurückweisung bedeutete einen Verlust, den er wie einen körperlichen Schmerz spürte. Ihm wurde elend davon. Er wandte den Kopf ab und starrte ins Feuer.
Sie legte die Hand federleicht auf seine. »Sei mir nicht gram, Osmund. Nichts könnte mir ferner liegen, als dich zu kränken. Ich bin aus freien Stücken in die Verbannung gegangen, doch ich habe das Alleinsein unterschätzt. Es ist bitter. Aber du warst vom ersten Tag an mein Freund.«
»Das bin ich nach wie vor«, versicherte er, ehe er noch entschieden hatte, ob er das weiterhin sein konnte.
Siglind nickte mutlos. Sie fühlte sich furchtbar. Sie ahnte, dass Osmund gekränkt war, und sie verfluchte sich, weil sie alles falsch gemacht hatte. Warum war sie nicht geschickter, wieso hatte sie nicht verhindern können, dass es überhaupt erst zu diesem Gespräch kam, das für sie beide schmerzlich war?
»Ich wünschte, ich wäre ein ganz anderer Mensch«, eröffnete sie ihm. »Eines Tages wirst du froh sein, dass ich deinen ehrenvollen Antrag abgelehnt habe, Osmund. Ich bringe immer nur allen Unglück. Meine ganze Familie habe ich auf dem Gewissen, denn Cnut hat sie alle getötet, um mich zu bekommen. Nur um dann festzustellen, dass seine Königin ihm keine Söhne schenken kann. Du … du hast wirklich eine bessere Frau verdient.«
Er musste lächeln. »Welch ein liebenswerter Versuch, mir Trost zu spenden. Aber sehr durchschaubar, fürchte ich.«
»Nein, mir ist schon ganz ernst, was ich sage. Dass du mir nicht glaubst, ändert nichts an den
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