Die Siedler von Catan.
Turonländer, der mit Candamir am Tempelbau arbeitete, trank täglich aus der Quelle, weil er hoffte, ihm werde eine neue Zunge wachsen – bislang allerdings ohne Erfolg.
Am Tag nach dem Erdbeben hatte das Thing beschlossen, dass der Bau des Heiligtums Vorrang haben müsse, und Candamir – trotz Olafs nachdrücklichen Widerspruchs – mit der Planung und Ausführung betraut. Und obwohl der junge Baumeister dagegen gewesen war, dieses Unternehmen vorzuziehen, widmete er ihm nun doch all seine Kraft, und er war von einem brennenden Ehrgeiz beseelt. Die Halle auf der Flussinsel versprach größer zu werden als jede, die die Siedler je gesehen hatten. Eine Woche lang hatten alle männlichen Sklaven im Grasland Kalksteine für das Fundament brechen müssen, und wer zu langsam war oder zu kleine Steine brachte, über den kam Candamir im Zorn.
Inzwischen stand die Rahmenkonstruktion der Wände und war zum Großteil bereits ausgefacht. Nur die schönsten, makellos gewachsenen Stämme wählte Candamir für die Halle der Götter, und war das Bauwerk erst fertig, sollten die Balken kunstvoll geschnitzt und mit Runen und Bildern verziert werden. Doch das musste warten, bis sie die Muße hatten, sich derlei Zierrat zu widmen. Immer noch schien ihm der Bau der Wohnhäuser dringender, und es quälte ihn, dass es jetzt, da Berse und seine Leute allein damit weitermachten, nur noch im Schneckentempo voranging. Doch auch für den Dachstuhl des Tempels hatte Candamir hochfliegende Pläne: Er sollte die Form eines umgestülpten Drachenschiffes haben, damit ihre Nachkommen niemals vergaßen, dass sie eigentlich ein Volk von Seefahrern waren und wie sie überhaupt hierher gelangt waren. Um den Eindruck zu verstärken, wollte er dieses Dach mit Holzschindeln, nicht mit Ried decken. Siglind hatte ihm voller Erleichterung zugestimmt, nachdem sie die Grundfläche der Halle gesehen und überschlagen hatte, welche Mengen an Schilf nötig gewesen wären. Der Tempelbau erfüllte die Siedler mit Neugier und freudiger Erregung, und nach getaner Arbeit ruderten sowohl Männer als auch Frauen häufig zur Insel hinüber, um die Fortschritte zu begutachten. Viele bewunderten Candamirs Werk, brachten ihm und seinen Arbeitern kleine Leckerbissen oder Geschenke, um ihnen ihren Dank und ihre Wertschätzung zu zeigen. Aber nicht alle teilten die Begeisterung für die Halle der Götter.
»Er tut nichts ohne den Rat dieses verschlagenen Sachsen, Harald, und so wird das, was er uns baut, ein Tempel des verfluchten Zimmermannsgottes!«, erklärte Olaf erbost.
»Unsinn«, erwiderte der Schmied mit vollem Mund. Dann spülte er den Bissen mit einem Schluck Met hinunter, ehe er fortfuhr: »Nicht ein Altar des Gekreuzigten ist das Herz unserer Götterhalle, sondern die heilige Quelle. So, wie Brigitta es wollte.«
Olaf hob einen Zeigefinger und schüttelte ihn warnend.
»Ich sage dir, ich habe die Tempel der Christen gesehen, und sie sehen genau aus wie das, was Candamir uns als
heilige Stätte verkaufen will.«
»Er verkauft ja gar nichts«, murmelte Hacon. »Er tut es ohne Lohn.«
»Halt den Mund!«, fuhr sein Bruder ihn scharf an. »Hast du denn gar keine Manieren? Olaf spricht mit Harald, und niemand hat nach deiner Meinung gefragt.«
Hacon stieß hörbar die Luft aus und ließ die Schultern hängen. Dann starrte er in seine Schale mit Eintopf und tauchte lustlos den Löffel ein. Immer wenn er mit Olaf im selben Raum war, war seine Kehle wie zugeschnürt, und seine Hände wurden feucht. Seine Furcht vor diesem Mann drohte ihn völlig zu lähmen, aber dennoch hatte er nicht länger widerspruchslos lauschen wollen, wie Olaf seinen Bruder und Austin bezichtigte.
Sie saßen alle an dem langen Tisch in Haralds Halle, Candamirs gesamter Haushalt ebenso wie der des Schmieds. Candamir und Austin aßen schweigend ihr Nachtmahl, während Olaf vor Haralds Hochsitz stand, wütend gestikulierte und über sie schimpfte, als wären sie nicht anwesend.
»Wenn ich Unrecht habe, dann sag mir, wieso ist der Tempel ausgerechnet auf einer Ost-West-Achse und nicht von Nord nach Süd errichtet, he?«
Harald gab die Hoffnung auf, bald weiteressen zu können, und schob seine Schale mit unterdrückter Ungeduld von sich.
»Ich weiß es nicht, Olaf. Ich verstehe mich auf derartige Dinge nicht. Wie wäre es, wenn du Candamir fragst?«
Olaf schnaubte. »Das kann ich mir ebenso gut sparen!«
»Die Lichtung war zu schmal, um die Halle nach Norden auszurichten, und die Quelle
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