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Die Siedler von Catan.

Die Siedler von Catan.

Titel: Die Siedler von Catan. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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und die Gläubigen mit Blut besprengte. Mit demütig gesenkten Häuptern machten sie ihr Platz, damit sie weiter nach hinten durchgehen und möglichst viele mit dem Kraft spendenden Blut benetzen konnte. Als die Schale zur Hälfte geleert war, reichte sie sie dem Mann, vor dem sie scheinbar zufällig gerade stand.
    »Heilige den Tempel mit dem Blut des Opfers, Candamir.«
    Candamir stand auf und nahm ihr die Schale ab. Einen Augenblick starrte er in ihr fremdartiges, bemaltes Gesicht. Er verspürte einen fast unbezähmbaren Drang, der Priesterin ihr seltsames Gewand vom Leibe zu reißen, sie zu Boden zu zerren und sich zu nehmen. Es war nicht nur die Heftigkeit dieses Verlangens, die ihn beunruhigte, sondern auch dessen Beschaffenheit. Alle Bilder, die ihm plötzlich durch den Kopf schossen, waren abscheulich. Gemeine, grausame Dinge waren es, die er tun wollte. Mit einem kleinen Kopfschütteln befreite er sich von diesem unheimlichen Bann und schaute Inga noch einen Moment in die Augen. Ihre Pupillen schienen ihm unnatürlich geweitet, ihr Blick fern, so als sehe sie nicht ihn und den Tempel, sondern etwas völlig anderes.
    »Worauf wartest du?«, fragte sie schneidend.
    Blinzelnd wandte er sich ab und trug die Opferschale zur Tempelwand, wo er sie auf die Erde stellte und dann beide Hände hineintauchte. Mit den Handflächen strich er über die Wand und benetzte sie mit einer neuen, hellroten Farbschicht. Er war dankbar, dass er schon reichlich betrunken war, denn für diese ehrenvolle Aufgabe hatte er immer noch nicht viel übrig. Er ekelte sich ein bisschen davor. Und als er neben sich plötzlich seinen Sohn entdeckte, der ihm verschwörerisch zulächelte, ehe er die kleinen Hände eintauchte und sich mit großem Eifer dem unteren Teil der Wand widmete, beschlich Candamir der Verdacht, es könne gefährlich, gar unheilvoll sein, was sie hier taten.
    Mit jedem Tier, das geopfert wurde, mit jedem Becher, den die Männer tranken, heizte die Stimmung sich weiter auf. Ohne Pause brieten und kochten die Sklaven das Fleisch, verteilten es an die Menschen im Tempel, die sich genüsslich und gut gelaunt darüber hermachten wie bei jedem anderen Fest, doch bei jeder Opferung schien die Spannung im Tempel zuzunehmen. Nicht einmal der Bratenduft konnte den Blutgeruch vertreiben, und manch einer der Männer fiel in einen eigentümlichen Taumel und trank von dem Blut, ehe er es auf die Wände strich.
    Als das fünfte der neun Opfertiere verzehrt war, war es Nacht geworden. Die Türen in den Giebelwänden der großen Halle wurden aufgestoßen, um den Qualm heraus-und die kühle Abendluft hereinzulassen. Mancher Cataner ergriff die Gelegenheit, um ein bisschen Luft zu schnappen, seine Blase zu erleichtern oder sonst irgendetwas zu tun, was keinen Aufschub duldete.
    Candamir sah seinen Ziehbruder mit der Priesterin im Wald verschwinden, und er war nicht verwundert, dass Osmund es offenbar furchtbar eilig hatte. Für einen Moment beneidete er ihn so sehr, dass er ihm gram war. Dann ließ er sich ins Gras fallen, stützte die Stirn in die Hände und murmelte: »Mächtiger Tyr, was ist nur los mit mir?«
    »Das ist der Blutrausch«, sagte eine vertraute Stimme aus der Dunkelheit. »Sei unbesorgt. Es vergeht wieder.«
    Candamirs Kopf ruckte hoch. »Austin … Was in aller Welt tust du hier?«
    Der Mönch trat aus dem Schatten der Eiche, wo er sich verborgen hatte, als er Schritte hörte, und setzte sich neben ihn.
    Der abnehmende Mond war nur noch eine halbe Münze, doch er spendete genug Licht, dass die beiden Männer sich erkennen konnten.
    Austin hielt ein schlafendes Kind im Arm. Es war Nils. »Ich dachte, ich bringe ihn nach Hause.«
    »Das ist sehr gut von dir. Aber was hat dich überhaupt hierher verschlagen? Sonst meidest du die Tempelfeste und betrittst nicht einmal die Insel, wenn sie stattfinden.«
    Austin nickte. »Ich wollte sehen, was Inga tut.« Es war immer wichtig, seinen Gegner zu studieren und zu kennen, das galt nicht nur auf dem Schlachtfeld. »Was sie anders macht als Brigitta. Jede neue Generation bringt ihre eigene
    Prägung mit sich. Ich wollte sie mir anschauen.«
    »Und?«, fragte Candamir halb interessiert, halb spöttisch.
    »Wie lautet dein Urteil?«
    »Ich schätze, es deckt sich mit deinem. Ich habe mir erlaubt, dich dort drinnen zu beobachten. Und du sahst nicht sehr glücklich aus.«
    Mit einer ungeduldigen Geste wischte Candamir diese Behauptung fort. »Ich bin unleidlich, weil ich meiner Frau vier

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