Die Siedler von Catan.
diesem Land zur Welt kam, das weißt du doch, oder?«
Nicken.
»Deswegen ist er dein Schutzgott, und er wacht jeden Tag, jede Stunde über dich. Du kannst von Glück sagen, den Weisesten und Größten der Götter zum Beschützer zu haben. Denkst du nicht, es ist das Mindeste, dass du dich ihm zu Ehren ohne Tränen von diesem dummen Rindvieh trennst?«
»Doch, schon. Aber …«
»Nein, Nils, es gibt kein Aber. Tu es, oder geh mit deiner Mutter und Austin nach Hause.«
»Ich will hier bleiben!« Es war das erste Mal, dass er an einer Zeremonie im Tempel teilnehmen durfte. Roric, der ja beinah zwei Jahre älter war als er und den sein Vater von klein auf mit in den Tempel genommen hatte, hatte ihm schon so viel davon erzählt. Nils war aufgeregt und voller Vorfreude.
»Einverstanden«, sagte Candamir. »Dann weißt du ja, wie du dich zu benehmen hast. Ich will kein Gejammer hören, wenn die Tiere geschlachtet werden. Machst du mir hier Schande, dann wird dein Gejammer, wenn wir heimkommen, ungleich viel größer sein. Ist das klar?«
Nils nickte.
Candamir lächelte und knuffte ihn leicht mit der Faust auf die Schulter. »Dann lauf und such deine Freunde.«
Der kleine Junge streichelte dem Bullen verstohlen das Knie und stob dann davon.
Die Männer begannen zu trinken, kaum dass sie auf der Insel eingetroffen waren. Während sie Holz hackten, die großen Feuer links und rechts des Opfersteins anzündeten und die übrigen Vorbereitungen trafen, flossen Bier und
Met in Strömen. Fast alle Cataner beiderlei Geschlechts, Freie wie Unfreie, hatten sich zum Tempelfest eingefunden, nur ein oder zwei Sklavinnen aus jedem Haushalt blieben mit den kleineren Kindern daheim. Natürlich fanden längst nicht all diese Menschen im Tempel Platz, so groß er auch war. Man hatte beschlossen, die Plätze im Innern den Freien vorzubehalten. Lediglich Austin und die knapp zwei Dutzend seiner Anhänger, die es wagten, sich offen zu ihrem neuen Glauben zu bekennen, blieben den Zeremonien fern.
Candamir wusste, dass Siglind diese Feste genauso verabscheute, wie Austin es tat, trotzdem fragte er sie: »Willst du nicht dieses eine Mal bleiben? Für Inga? Es ist ihre erste Zeremonie, sicher ist sie aufgeregt. Und ist sie nicht deine Freundin?«
Siglind runzelte verblüfft die Stirn, dann schüttelte sie mit einem leisen Lachen den Kopf. »Schon lange nicht mehr. Es hört nie auf, mich zu verwundern, wie blind du dich stellen kannst.«
Inga und Siglind waren einander einmal verbunden gewesen, denn sie hatten beide zu dem inzwischen fast schon legendären Kundschaftertrupp gehört. Der Altersunterschied war gering, und sie hatten damals manches gemeinsam gehabt. Doch wie so viele Dinge hatte sich auch das geändert. Siglind hatte kein großes Bedürfnis nach weiblichen Vertrauten, denn sie hatte Candamir, mit dem sie ihr Leben und ihre Gedanken teilte, und für jene Gedanken, die zu begreifen er sich weigerte, hatte sie Austin. Die einzigen Frauen, die sie Freundinnen nannte, waren ihre Schwägerin Asta und ihre Sklavin Freydis, die beide den neuen Glauben gewählt hatten.
»Nein, glaub mir, es ist viel besser, ich gehe heim.«
Er hob ergeben die Schultern. »Wie du willst.«
Sie legte die Hände auf seine Schultern und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. »Denkst du, es würde irgendetwas nützen, wenn ich dich ermahnte, maßvoll zu trinken?«
Er grinste. »Nein.«
Er schloss sie in die Arme, legte ungeniert die großen Hände auf ihr Gesäß, und dann ließ er sie bedauernd ziehen.
Wie immer war es im fensterlosen Tempel dämmrig. Die beiden Feuer waren schon weit heruntergebrannt. Um das Becken der Quelle stand ein Kranz aus Öllampen, die jedoch ebenso viel Rauch wie Licht spendeten.
Dicht an dicht saßen die Menschen auf der Erde und redeten. Die Stille, die diesen Ort während der Totenwache geheiligt hatte, war vertrieben. Doch als Osmund und Thorbjörn das erste Opfertier hereinführten, wurde das Gemurmel gedämpfter.
Es war Candamirs Jungbulle. Ihm schwante offenbar nichts Gutes, denn er drehte nervös den Kopf und schaute sich mit rollenden Augen um, doch Inga hatte die Opfertiere mit einem Trank beruhigt, wie Brigitta es ihr beigebracht hatte, damit sichergestellt war, dass bei der Zeremonie alles reibungslos ablief.
Die beiden Männer führten den Stier zum Opferstein und zwangen ihn die flache Stufe hinauf. Dann nahmen sie links und rechts neben ihm Aufstellung und hielten die Seile gespannt,
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