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Die Siedler von Catan.

Die Siedler von Catan.

Titel: Die Siedler von Catan. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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denn sonst hätte Candamir grauer im Gesicht oder schon tot sein müssen, aber sie war wenigstens einen Spann lang. »Das muss genäht werden, sonst wird es bis zum Frühling weiterbluten, Herr.«
    »Dann nur zu.«
    Der Sachse erhob sich. »Willst du etwas zu trinken?«
    »Nein. Ich bin betrunken genug.«
    Austin verließ die Halle, ging in den Stall und stahl der Stute ein Haar aus ihrem langen Schweif. Dann kam er wieder ins Haus, bat Gunda um ihre feinste Walknochennadel und kehrte so bewaffnet zu seinem Herrn zurück.
    Candamir hatte den Oberkörper entblößt und wies auf die Kleidungsstücke, die zusammengeknüllt am Boden lagen. »Asta soll zusehen, ob sie sie sauber bekommt, und sie ausbessern. Es sind meine besten.«
    »Ich sag’s ihr.« Blinzelnd versuchte Austin, den Faden durchs Nadelöhr zu führen. Nach mehreren gescheiterten Anläufen fragte er sich, warum er das nicht Gunda überlassen hatte, aber ehe Candamir ernstlich ungeduldig wurde, gelang das Kunststück.
    Mit triumphierend erhobener Nadel kam der Sachse zu seinem Herrn zurück, der breitbeinig auf der Truhe saß und ihm voller Argwohn entgegenblickte.
    Austin kniete sich wieder vor ihn, bat Gott um eine sichere Hand und machte sich ans Werk.
    Candamir zuckte zusammen, als die Nadel zum ersten Mal in sein Fleisch stach, aber es war nicht so schlimm, wie er befürchtet hatte. Sie war spitz und dünn und bot wenig Widerstand – im Gegensatz zu dem rauen Pferdehaar. Obgleich der Sachse behutsam vorging, brannte es wie Feuer, verhakte sich ständig und ließ sich nur mit einem kleinen Ruck weiterziehen.
    »Wie viele Stiche?«, fragte Candamir.
    Der Sachse betrachtete die lange Wunde mit verengten Augen. »Ein Dutzend oben, ein Dutzend unten«, schätzte er.
    Candamir fluchte leise. »Dann trödel nicht.«
    »Wie so viele tapfere Männer fürchtest du die Schmerzen des Heilens weit mehr als die des Kampfes, Herr«, bemerkte Austin.
    »Du hast Recht. Im Kampf ist man zu beschäftigt, um sie wirklich zu spüren.«
    »Dann lenk dich von deinen Qualen ab, indem du mir erzählst, wie es passiert ist.«
    Candamir verzog amüsiert den Mund. Mit geschlossenen Augen lehnte er den Kopf zurück gegen die Wand und fragte:
    »Hast du je einen Mann getötet, Sachse?«
    Austin schüttelte nachdrücklich den Kopf, obwohl sein Herr es nicht sehen konnte. »Nein. Wir Gottesmänner töten nicht, wir erretten«, erklärte er schlicht, ohne die Überheblichkeit, die er sonst so häufig an den Tag legte, wenn er von seinem Glauben sprach.
    »Mein Vater nahm mich mit auf eine Fahrt ins Land deiner Vorfahren, ein Stück die Elbe hinauf«, erzählte Candamir. »Wir hielten in einem Dorf und wollten Robbenfelle gegen Weizen tauschen. Aber die Sachsen fielen über uns her und wollten die Felle stehlen. Ich erschlug zwei. Einen Graubart und einen Fettwanst. Ich weiß noch genau, wie sie aussahen … verflucht, reiß nicht so an dem Faden, du Tölpel!«
    »Entschuldige, Herr.« Austin nähte unbeirrt weiter. »Was geschah dann?«
    »Wir schlugen sie und bekamen den Weizen umsonst. Dann segelten wir den Fluss hinab zu einem größeren Dorf, wo es ein Hurenhaus gab, und mein Vater kaufte mir eine Frau. Meinen ersten Gegner erschlagen und meine erste Frau, alles … alles an einem Tag.« Damals hatte er geglaubt, er sei an dem Tag erwachsen geworden. Inzwischen hatte er erkannt, dass das ein Irrtum gewesen, dass es so leicht nicht war.
    »Wie alt warst du?«
    »Fünfzehn.«
    »So alt wie Hacon«, murmelte der Sachse beklommen.
    »Hm.« Der Gedanke war ihm noch nie gekommen, aber es stimmte. Osmund hatte ihm vorgeworfen, er verzärtele seinen Bruder. Erst jetzt kam Candamir der Verdacht, dass der Vorwurf vielleicht nicht ganz unberechtigt war. Aber spätestens wenn sie in Olafsland ankamen, würde auch Hacon zeigen müssen, aus welchem Holz er geschnitzt war …
    »Und wen hast du heute getötet, Herr?«, unterbrach Austin seine Gedanken.
    »Niemanden.« Freimütig berichtete Candamir, was beim Julfest vorgefallen war. Seine Stimme klang matt, aber er sprach ohne Stocken. Seine Lider zuckten dann und wann, wenn das Pferdehaar sich besonders störrisch zeigte, doch er hielt vollkommen still.
    »Du hast ihn geschont?«, fragte der Sachse ungläubig, als Candamir zum Ende gekommen war.
    »Das sagte ich gerade, oder? Näh weiter, Nichtsnutz.«
    Kopfschüttelnd setzte Austin seine Arbeit fort. Sie war beinah vollendet. Schließlich fragte er: »Warum?«
    Candamir antwortete nicht. Er

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