Die Siedler von Catan.
weiter.
»Er ist ein grausamer Mann, dein Oheim«, sagte Asta leise zu Osmund und schaute verstohlen zu ihrem
Gastgeber auf dem prunkvollen Hochsitz hinüber. Olaf hatte sich seinem Sitznachbarn zugeneigt, lauschte ihm mit einem mutwilligen Funkeln in den Augen, warf dann den Kopf in den Nacken und lachte schallend.
Osmund folgte Astas Blick. »Grausam …«, wiederholte er versonnen. Dann deutete er ein Schulterzucken an. »Olaf herrscht über einen großen Haushalt mit vielen Menschen. Ein Mann in einer solchen Position muss manchmal hart sein, damit die Seinen Respekt vor ihm haben.«
»Respekt, ja«, räumte sie ein. »Aber Angst?«
Osmund winkte ungeduldig ab. »Bei einem Feigling sind Angst und Respekt ein und dasselbe. Und die Turonländer sind Feiglinge.«
Asta war nicht überzeugt. »Nun, ich bin jedenfalls froh, dass wir keinen Knecht in unserer Halle haben, der einen solchen Hass in den Augen hat wie dieser stumme Sklave.«
»Ich finde immer noch, es ist eine Schande, dass er am Leben geblieben ist«, mischte Candamir sich ein.
»Ja, du hast Recht«, stimmte Osmund zu. »Aber ich denke, er zahlt für seine Taten.«
»Was man von dir nun wirklich nicht behaupten kann«, knurrte eine Stimme hinter ihm.
Osmund fuhr fast unmerklich zusammen und wandte den Kopf. »Haflad«, grüßte er höflich, aber ohne alle Begeisterung.
»Schwiegersohn«, antwortete der Köhler mit dem übertriebenen Hohn eines Trunkenen. »Wie geht es meinem Enkel? Oder hast du den inzwischen den Wölfen zum Fraß vorgeworfen?«
Osmunds Hände ballten sich, aber er antwortete unverändert ruhig: »Er ist gesund und wächst. Sei unbesorgt.«
»Wie könnte ich das? Wo ich ihn doch in deinen Händen weiß?«
Osmund starrte ins Feuer und sagte nichts mehr. Er neigte seit jeher dazu, zu verstummen, wenn er ungerecht behandelt wurde, und das konnte Candamir einfach nicht begreifen, der aus seinem Herzen niemals eine Mördergrube machte. »Du redest dummes Zeug, sobald du den Mund auftust, Haflad, und wenn du gesoffen hast, ist es ganz schlimm. Osmund trägt keine Schuld an Gislas Tod, und das weißt du ganz genau.«
»Das weiß ich, he? Wo war er denn, als diese verfluchten Schweine über sie hergefallen sind? Stand er mit dem Schwert in der Faust auf der Schwelle seines Hauses, um Frau und Sohn zu verteidigen? Nein. Meine Mutter musste es tun. Nur ihr ist zu verdanken, dass der Junge noch lebt. Weil sein Vater sich feige verkrochen hat …«
Candamir stand auf. »Das wirst du zurücknehmen.«
Osmund hob die Linke zu einer beschwichtigenden Geste.
»Lass nur, Candamir«, murmelte er, ohne aufzusehen.
Candamir tat, als hätte er ihn nicht gehört. Er ließ den vierschrötigen Köhler nicht aus den Augen. »Du weißt genau, wo wir waren, als die Turonländer kamen. Es war ein böses Schicksal, dass sie ausgerechnet in der ersten Herbstvollmondnacht bei uns einfallen mussten. Osmund trifft keine Schuld. Also nimm es zurück!« Er machte einen drohenden Schritt auf Haflad zu, der unwillkürlich zurückwich. Candamir verschränkte die Arme vor der breiten Brust und lächelte. »Welch ein furchtloser Recke du bist, Haflad. Wo warst du denn eigentlich in jener
Nacht? Wer hat sich verkrochen, als die Turonländer kamen?«
Haflad bewegte sich bemerkenswert schnell für einen so grobschlächtigen, obendrein betrunkenen Mann. Seine Faust flog regelrecht auf Candamirs Gesicht zu, aber Candamir zog den Kopf rechtzeitig weg und wich zur Seite. Der eigene Schwung riss den Köhler beinah von den Füßen; er taumelte gegen den Tisch, und ein paar Becher gingen scheppernd zu Boden. Asta, Hacon und die Nächstsitzenden standen rasch auf, um Platz für die Schlägerei zu machen. Aber Candamir schüttelte den Kopf. »Nicht hier«, sagte er zu Haflad und wandte sich ab. »Lass uns hinausgehen.«
Doch noch ehe er die Tür erreicht hatte, stürzte Haflad sich von hinten auf ihn. Candamir hätte seine letzten paar lumpigen Heringe darauf verwettet, dass der Köhler genau das tun würde. Er war gewappnet, packte die Pranke, die sich um seine Kehle legte, machte einen Buckel und schleuderte Haflad über die Schulter. Der Köhler landete hart auf dem Rücken. Der Aufprall presste alle Luft aus seinen Lungen, und er blieb reglos und japsend liegen.
Candamir schaute einen Moment auf ihn hinab und nickte dann knapp. »Ich warte draußen.«
Er ging aus der warmen, verqualmten Halle hinaus in das Zwielicht des Wintertages und sog dankbar die kalte Luft
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