Die Siedler von Catan.
nur Zeige-und kleiner Finger waren ausgestreckt. Sie würde ihn verfluchen, sobald er ihrem Sohn die Kehle durchschnitt, und Brigittas Flüche waren machtvoll. Binnen einer Woche würde er an einer Fischgräte ersticken oder sonst irgendein vorzeitiges Ende finden. Er wandte den Kopf und schaute zu seinem Bruder hinüber. Hacon war sehr bleich, seine Miene grimmig, der Blick unverwandt auf Brigittas halb versteckte Hand gerichtet. Er sah genau, was vorging, und er würde Brigitta töten, wenn sie Candamir verfluchte, es wäre seine Pflicht. Wenn Haflad starb, war Brigittas einziger lebender Verwandter der kleine Roric. Er war gerade mal ein Jahr alt, aber der Tag würde kommen, da er Hacon töten würde, um seine Blutrache zu erfüllen. Und dann? Gewiss hatte Hacon bis dahin Söhne, die die Rache weitertrugen, und so würde es dazu kommen, dass Candamirs Neffe eines Tages den Sohn seines besten Freundes erschlug. Weil ein besoffener Schwachkopf von einem Köhler an einem Julfest einmal eine unbedachte Bemerkung gemacht hatte.
Candamir verharrte eine lange Zeit reglos. Sein Instinkt, sein Ehrgefühl, alle Regeln, die er je gelernt hatte, bewogen ihn, den Köhler zu töten, der mit zugekniffenen Augen reglos im Schnee lag und auf sein Ende wartete.
»Leb weiter, du Wurm«, sagte Candamir so leise, dass nur die Nächststehenden ihn hörten. »Aber du sollst weder diesen Tag vergessen noch, was du bist.« Er schob Haflads Gewand hoch und setzte die Spitze seines Sax auf den Bauch gleich über dem Nabel, genau an die Stelle, wo Haflads Messer ihn verletzt hatte. Der Köhler zuckte zusammen, als er den ersten, schwachen Stich spürte. Unbeirrt fuhr Candamir fort und ritzte eine spiegelverkehrte Fehu-Rune, die neben anderen schlechten Dingen für Feigheit stand, in den feisten, weißen Bauch des Köhlers. Dann wischte er die Klinge an dessen Hosenbein ab, steckte die Waffe ein und stand unsicher auf.
Osmund trat zu ihm, ohne seinen Schwiegervater auch nur eines Blickes zu würdigen. »Lass mich die Wunde sehen, Candamir.«
Candamir winkte ab. »Ich geh nach Hause. Der Sachse kann sie versorgen. Sag deinem Onkel meinen Dank.«
»Wie du willst.«
»Ich komme mit dir«, erbot sich Hacon. Er bemühte sich, seiner Stimme Festigkeit zu verleihen, aber sie bebte ein wenig.
Candamir schüttelte den Kopf. »Du bleibst hier und isst dich satt.«
»Ich kann nicht mehr essen, Candamir.«
»Dann gib dir mehr Mühe.« Er wandte sich ab.
»Aber …«
Osmund fasste Hacon unsanft am Arm. »Lass ihn zufrieden und tu, was er sagt.«
Zweimal musste Candamir unterwegs anhalten, um sich zu übergeben. Das maßlose Essen und Trinken nach zwei Monaten knapper Rationen in Kombination mit einem aufgeschlitzten Bauch bekamen ihm nicht gut, stellte er fest. Nach dem zweiten Anfall von Übelkeit fand er sich in kalten Schweiß gebadet und war einen Moment zu schwach, um weiterzugehen. Er stand an einen Baumstamm gelehnt, betrachtete bedauernd all das gute Ochsenfleisch, das da dampfend im Schnee lag, und wartete, bis seine Knie aufhörten zu schlottern, ehe er den Rest des Heimwegs zurücklegte.
Sein Gesinde saß am Tisch entlang des Langfeuers vor einem sehr kärglichen Julmahl. Alle hoben die Köpfe, als er eintrat, und alle entdeckten auf den ersten Blick den Blutfleck auf seinem dunkelgrauen Gewand. Heide schnalzte missbilligend mit der Zunge, Gunda zog erschrocken die Luft ein, schlug die Hand vor den Mund und wollte aufspringen, aber Candamir hob abwehrend die Linke. Für ein paar Atemzüge lehnte er sich an die geschlossene Haustür, weil ihm so furchtbar schwindelig war, dann stieß er sich ab und steuerte auf möglichst geradem Kurs die Tür zum Hinterzimmer an. »Sachse«, war alles, was er sagte.
Austin erhob sich eilig und folgte ihm in die Schlafkammer.
Candamir stand blinzelnd vor dem breiten Bett, das mit seinen Laken und Felldecken ungeheuer einladend aussah, und Blut tröpfelte stetig auf den strohbedeckten Boden.
»Besser, du legst dich hin«, riet der Sklave zaghaft.
Candamir schüttelte den Kopf. »Es wird nur noch mehr bluten und die guten Decken verderben.«
»Dann setz dich«, schlug Austin vor und wies auf die
geschlossene Kleidertruhe an der Wand.
Nickend kam Candamir dem Vorschlag nach. Austin kniete sich vor ihn ins Stroh und schob vorsichtig das aufgeschlitzte Ober-und Untergewand auseinander. Was er darunter sah, erschreckte ihn: Die Wunde war nicht sehr tief, hatte offenbar keine Innereien verletzt,
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