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Die Signatur des Mörders - Roman

Titel: Die Signatur des Mörders - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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gehen …«
    »Ja, ich weiß, was Sie sagen wollen. Dass Kafka lediglich die Unmenschlichkeit des Zweiten Weltkriegs, die Vernichtung der Juden geahnt hat. Doch Sie haben selbst erläutert: Die Gewalt in seinen Erzählungen richtet sich stets gegen das Individuum, den Einzelnen. Und keine Schilderung, kein Text, bei dem es den Leser nicht schaudert, es ihm nicht kalt den Rücken hinunterläuft. Nein, Kafka war kein Prophet, er war ein Psychopath. Ein Protokollant des Wahnsinns, wie Freud selbst ihn hätte nicht besser erfinden können. Sie wissen doch von der Novelle ›Der Mörder‹, die er geschrieben haben soll, was er in einem Brief an Milena abstreitet.«
    »Sie existiert nicht.«
    »Sind Sie sicher?«
    Hus zuckte die Schultern. »Solange Sie nicht vor mir liegt, glaube ich nicht an sie. Ich bin Wissenschaftler.«
    Filip griff nach dem Umschlag neben Milan Hus’ Hand und reichte ihn diesem. »Dann sollten Sie sich das einmal anschauen. Es wurde in dem Haus in der Uferstraße 8 entdeckt.«
    »Was ist das?«
    »Lesen Sie.«
    Hus nahm den Umschlag entgegen, öffnete ihn jedoch nur zögernd. Filip lehnte sich zufrieden zurück, verschränkte die Arme und wartete.
    Als der Professor zu Ende gelesen hatte, schwieg er. Filip konnte es nicht länger ertragen. Es brodelte in ihm. Er wollte aufspringen und …
    Im nächsten Moment erhob sich Hus, schaute auf ihn hinunter und sagte: »Das ist lediglich der Computerausdruck eines abfotografierten Manuskripts. Sie glauben vermutlich selbst nicht, dass das Manuskript echt ist. Es tut mir leid, dass ich meine Zeit mit Ihnen verschwendet habe.«
    »Ich …«
    »Suchen Sie sich einen anderen Idioten«, erklärte Hus, nahm den Hut, wandte sich um und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.

Frankfurt am Main
    Mittwoch, 2. Mai

12
    Alex war auf der Suche nach etwas, womit er seinen Schlafsack auf dem Fahrrad festbinden konnte, und hob den Deckel der Mülltonne. Das Rad hatte eines Morgens plötzlich neben der Parkbank in der Taunusanlage gestanden. Nach einer ungestörten Nacht. Einer Nacht, in der die Polizei darauf verzichtet hatte, im Park Streife zu gehen.Vielleicht wollte jemand das Fahrrad loswerden und hatte es deshalb einfach stehen lassen? Hatte sich vielleicht gedacht, der Typ unter der Bank könne es gebrauchen.
    Manche Dinge geschahen ohne erkennbaren Grund. Darüber nachzudenken lohnte sich nicht, weshalb Alex von einem Tag zum anderen lebte, von einer Stunde zur anderen, ja, er wusste noch nicht einmal in dieser Minute, was er in der nächsten tun würde. War nicht genau das stets sein Wunsch gewesen? Von einer Minute zur anderen zu leben, sich blind um die eigene Achse zu drehen, in die Luft zu deuten und einfach auf das unbekannte Ziel loszugehen?
    Er sah zum Fenster im ersten Stock. Dieser Hinterhof war ihm aus vielen Gründen der liebste. Es gab nur einen schmalen Zugang. Außerdem konnte man den Hof von der Straße aus nicht einsehen. Die Bewohner der Wohnungen störte es nicht, wenn er in ihren Mülltonnen wühlte. Niemand hatte sich bisher beschwert, wenn er sich hier manchmal zum Schlafen auf das kleine Rasenstück legte.
    Er begann gründlich mit einem Stock im Müll zu wühlen, stolz auf die Handschuhe, die er trug. Irgendwann war er in einer Mülltonne auf sie gestoßen. Er ging sorgfältig mit seinem Eigentum um. Zudem besaß er einen Blick für praktische Dinge. Er wäre ein super Ingenieur. Genau, ein super Ingenieur könnte er sein, wenn …
    Die Tonne schien erst vor kurzem geleert worden zu sein. Er fand nicht viel, wofür es sich lohnte, die Handschuhe dreckig zu machen. Er überlegte kurz, ließ schließlich den Deckel zufallen und schwang sich nach oben, um sich am Balkon in den ersten Stock hochzuziehen.
    Hinter dem Fenster war es dunkel.
    Blut. Viel Blut soll zu sehen gewesen sein. Dieser junge Polizist hatte das gesagt. Sein gieriger Blick war Alex unsympathisch gewesen. Die blanke Haut hätte offen gelegen. Ihr ganzer Körper sei zerfetzt, die Brüste selbst nur noch rohes Fleisch gewesen.
    Medizin. Pathologie. Er könnte auch ein guter Arzt sein. Die Stirn an die Scheibe gepresst, stellte Alex sich vor, eine Leiche aufzuschneiden. In seiner Fantasie setzte er das Messer an den offenen Wunden an.
    Er wusste genau, wie es sich angefühlt haben musste. Wie Helena gelitten hatte. Immer derselbe Traum. Nicht im Schlaf, sondern wenn er auf Entzug war. Dieser Geier, der in seine Füße stieß. Schuhe und Strümpfe hatte er bereits aufgerissen,

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