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Die Signatur des Mörders - Roman

Titel: Die Signatur des Mörders - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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ausgeblieben. Sie spielte kurz mit dem Gedanken, selbst im Präsidium anzurufen, doch diese Idee verwarf sie sofort wieder. Man würde es als Einmischung und Kompetenzüberschreitung interpretieren. Jetzt, nach der Trennung von Henri, waren die Verantwortlichkeiten wieder klar getrennt: hier die Ermittler, ein Rudel Wölfe, das fest zusammenhielt, dort die Staatsanwältin, die Iron Lady.
    Sie hob den Becher und nahm einen Schluck. Der Kaffee war inzwischen kalt geworden. Sie merkte es nicht, oder es war ihr gleichgültig.
    Nein, sie war nicht mit der Entscheidung der Ermittler einverstanden, sich zunächst auf Milan Hus zu konzentrieren.
    »Es gibt keinen Anhaltspunkt«, hatte sie erklärt.
    »Eine Zwanzigjährige zieht bei einem knapp fünfzigjährigen Mann ein«, hatte Henri erwidert. »Da schrillen bei mir alle Alarmglocken.«
    »Du unterstellst ihm also ein Verhältnis zu Helena Baarova?«
    »Sieht doch jeder, dass er ein Aufreißertyp ist.«
    »Wir dürfen uns nicht zu früh festlegen.«
    »Aber wir müssen irgendwo anfangen, und mein Bauchgefühl verrät mir, da ist etwas faul. Er kannte das Mädchen besser, als er uns einzureden versucht.«
    »Dein Bauchgefühl?«, hatte sie spöttisch entgegnet. »Seit wann ist Intuition eine anerkannte Ermittlungsmethode?«
    Myriam seufzte, holte die erste Akte vom Stapel. Es war Zeit anzufangen.
    Eine halbe Stunde später klopfte es an ihrer Tür. Ohne eine Antwort abzuwarten, streckte Cordula, die Sekretärin, den Kopf zur Tür herein. »O je«, sagte sie, »Sie sind da.«
    »Wo soll ich denn sonst sein?«
    »Hillmer will Sie sprechen.«
    Myriam stöhnte. Cordula zuckte lediglich die Schultern.
    »Demnächst«, sagte Myriam, »werde ich mir ein Maßband kaufen, um die Tage zu zählen, bis er pensioniert ist. Ich werde es hier vorne direkt neben die Tür hängen. Und es wird mir ein Vergnügen sein, jeden einzelnen Zentimeter abzuschneiden, Tag für Tag, bis er dieses Gebäude endlich für immer verlässt.«
    »Soll ich Ihnen eines besorgen?«, fragte Cordula grinsend.
    »Nein, ich glaube, so ein langes Maßband gibt es nicht.«
    »Jedenfalls sollten Sie so schnell wie möglich bei Seiner Hoheit erscheinen. Er schäumt - wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Myriam verstand nur zu gut. Wenn Hillmer schäumte, dann war das nicht nur eine Umschreibung dafür, dass er wütend war, sondern es bedeutete auch, dass sein Speichel, während er redete, durch die Luft spritzte. Man geriet also nicht nur in den Genuss seiner langen Vorträge, sondern erhielt zusätzlich eine kostenlose Dusche.
    Sie erhob sich seufzend: »Wissen Sie, worum es geht?«
    »Glauben Sie mir, ich will nicht diejenige sein, die Ihnen das mitteilt.« Cordula verzog das Gesicht.
    »So schlimm?«
    »Noch schlimmer.«
    Während Myriam die Treppe nach oben stieg, überlegte sie krampfhaft, was sie falsch gemacht haben könnte. Ehrlich, ihr fiel nichts ein.
     
    Hillmer schäumte nicht nur, sein Mund triefte vor Wut.
    »Ist das jetzt hier der neue Stil?« Seine Faust traf den Tisch.
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen«, erwiderte Myriam erstaunlich beherrscht und hoffte, es würde ihr gelingen, diese Ruhe über das Gespräch hinweg zu bewahren. Obwohl ihr Vorgesetzter sie nicht aufforderte, Platz zu nehmen, ließ sie sich auf den Stuhl sinken. Seine Unhöflichkeit ihr gegenüber ignorierte sie schon lange. Sie verschaffte ihm auf ihre Art Unbehagen. Indem sie zum Beispiel jetzt die Beine lässig übereinanderschlug, die Arme demonstrativ verschränkte und ihm direkt ins Gesicht sah, was ihn in der Regel nervös machte.
    Heute jedoch ignorierte er ihren Blick. Stattdessen baute er sich an seinem Platz vor ihr auf. Die Hände auf den Schreibtisch gestützt, erklärte er: »Sie nehmen also jetzt den Kollegen die Fälle weg?«
    »Wovon sprechen Sie?«, fragte Myriam verdutzt.
    »Ich hatte gerade ein Gespräch mit Oberstaatsanwalt Kellermann. Er hat mir berichtet, dass Sie den Prostituiertenmord an sich gerissen haben.«
    »Welchen Prostituiertenmord?«
    »Diese Tänzerin.«
    »Ach so, nein, sie war keine Prostituierte.«
    »Aber …«
    »Laut Dr. Veit war sie noch Jungfrau.« Myriam konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
    Hillmer drehte den Kopf zur Seite, als wolle er davon nichts wissen. »Das spielt keine Rolle …«
    »Ich würde sagen, wenn wir davon ausgehen, dass sie als Prostituierte gearbeitet hat, dann ist das ein wichtiges Detail«, spottete sie.
    »Es ist nicht Ihr Fall!«, donnerte

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