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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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saßen alle vier wieder auf ihren Pferden, um den Heimritt anzutreten. Keiner von ihnen würdigte den Hirsch eines weiteren Blickes, dessen Beine gerade von ein paar jungen Burschen aus dem Dorf für den Transport zusammengebunden wurden.
    Plötzlich war vor ihnen im Gebüsch das Scheppern einer Rätsche zu hören, worauf Ulrichs Rappe wie von einer Tarantel gestochen hochfuhr. Das Tier war kriegserprobt und eigentlich nicht so leicht zu erschrecken, doch war es seit Tagen nicht ausgelastet und wollte nun endlich seiner Langeweile ein Ende machen. Es war sein Pech, daß seinem Reiter dieses Benehmen ebenfalls recht kam – endlich konnte erseine abgestaute Wut loswerden! Wie wild prügelte Ulrich mit der Reitgerte auf das nun vor Angst tänzelnde Roß ein. Angewidert wandte Hans von Hutten seinen Blick vor so viel Unbeherrschtheit ab.
    Erst jetzt bemerkten sie ein paar der Bauern, die vorher als Treiber eingesetzt worden waren. Grob riß Ulrich den Kopf seines Pferdes herum, so daß er die Bauern voll im Visier hatte.
    »Wer von euch Tölpeln hat mit der Rätsche geklappert?« Sein Gesicht war feuerrot geworden, er zitterte am ganzen Leib. Keiner der Bauern rührte sich. »Habt ihr keine Ohren oder seid ihr taub, ihr Mistgabeln!« Bedrohlich ritt Ulrich näher auf die Bauern zu.
    Jerg, der etwas am Rande der Gruppe stand, konnte die rot angelaufenen, geblähten Nüstern des Rappen erkennen und glaubte sogar, dessen heißen Atem zu spüren. Neben ihm meldete sich Heinrich, ebenfalls ein Bauer aus Taben, mit dünner Stimme und gesenktem Blick zu Wort: »Ich war’s, hoher Herr.«
    Mit einer weitgreifenden Handbewegung holte Ulrich aus und zog dem Bauern die Reitpeitsche quer über den Kopf, wie er es Minuten vorher bei seinem Roß getan hatte. »Das war für deine Dummheit.« Die Gewalt des Peitschenschlages war so groß, daß Heinrich sofort zu Boden fiel. Er hielt sich beide Hände vors Gesicht, dessen ledrige Haut aufgeplatzt war. Aus einem tiefen Riß schoß dickliches, rotes Blut, lief ihm über die Augen, die Nase, den Mund. Noch einmal ließ Ulrich die Peitsche auf ihn niederknallen. Und noch mal. Und immer wieder. Mittlerweile hing Heinrichs Hemd in Fetzen herunter. Zusammengekauert versuchte er, sich vor den Peitschenhieben zu schützen. Fassungslos waren die anderen Bauern einen Schritt zurückgewichen, der Schreck über die rohe, vollkommen ungerechte Bestrafung lähmte die Männer. Die Ritter hingegen, dankbar für eine Abwechslung nach der Anspannung der letzten Stunden, johlten beifällig.Lediglich Hans von Hutten preßte die Lippen zusammen. Wenn er jetzt nicht aufhört, schlägt er den armen Mann tot, ging es ihm in höchster Unruhe durch den Kopf. Doch gerade als er eingreifen und etwas sagen wollte, trat einer der umstehenden Bauern vor.
    »Wenn das die herzögliche Art und Weise ist, eine Lektion zu erteilen, dann könnt Ihr jetzt damit aufhören! Wir haben sie alle verstanden. Und dieser blutige Haufen Fleisch am allermeisten!« Breitbeinig stellte sich Jerg vor den Herzog. Beim Anblick von soviel Mut – oder sollte man es eher Dummheit nennen? – hielten alle Anwesenden gebannt die Luft an. Der Herzog verharrte mitten in seiner Bewegung.
    »Sieh einmal an, eine Mistgabel, die es wagt, ihren Herzog anzusprechen!« Auf seinem Gesicht war Verblüffung zu registrieren. Und noch etwas: eine Art von Bewunderung? Unmöglich, dachte Hans und wartete darauf, daß des Herzogs Peitsche im nächsten Moment wieder auf den Todeskandidaten hinunterging.
    Jerg verharrte reglos in seiner breitbeinigen Position und hielt dem kalten Blick des Herzogs stand. Überrascht registrierte er, daß ihm jegliche Furcht abhanden gekommen war. Der Anblick seines geschundenen Kameraden hatte dafür gesorgt, daß er nur noch eine eisige Kälte verspürte, die jedes andere Gefühl unmöglich machte. Einzig und allein das Zucken über seinem linken Auge verriet etwas über seinen Gemütszustand. Langsam ließ Ulrich die Peitsche sinken.
    »Wer hätte das geglaubt, eine Mistgabel mit etwas Mumm in den Knochen!« Verblüfft drehte er sich zu seinen Begleitern um, die zustimmend nickten, ohne damit etwas Bestimmtes auszudrücken. In einem unerwartet sanften Ton wandte er sich wieder an Jerg. »Du weißt, daß ich dich dafür töten könnte, aber dein Mut hat mir gefallen. Doch eins sage ich dir, du Hurensohn: Noch einmal wirst du mich nicht so mildtätig vorfinden. Deshalb hüte in Zukunft deine Zunge,wenn du deinem Herzog

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