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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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und allen Heiligen und an sich selbst!« Seine Augen wurden zu Schlitzen, als er sie ansah. Sein Blick ließ sie frieren. »Besudelt hab ich mich an dir, du Judenhure!«, brach es aus ihm heraus. »Du hast mich belogen und betrogen! Bei jeder Berührung hast du mich beschmutzt! Du widerst mich an! Wie konnte ich nur so blind sein?«
    Sara war bei jedem Satz zusammengezuckt. Sie ballte die Fäuste. »Blind? Warst du blind, als du dich in einen Menschen aus Fleisch und Blut verliebt hast? Denn das bin ich zuallererst, Ciaran, ein Mensch. Ein Mensch, der lacht und weint, der leidet und liebt, der glücklich ist und traurig. Ein Mensch, der Schmerz empfindet, wie du, der verletzlich ist, wie du, der blutet, wie du … « Sie streckte flehend die Hände aus. »Gott hat auch uns Juden geschaffen, Ciaran. Deine Bibel ist zur Hälfte meine Thora. Wir haben denselben Stammvater, Abraham. Was ist so schlimm daran, dass dir vor mir graut? Ich bin immer noch derselbe Mensch wie vorher!«
    Ciaran starrte Sara an. »Aus deinen Augen schaut der Teufel«, flüsterte er. »Dein Gesicht ist seine Fratze! Versuch mich nicht, Beelzebub!«
    Sara schüttelte fassungslos den Kopf, während Ciaran unerbittlich weitersprach. »Ich habe hierzulande gelernt, wie man einen Juden nennt, der in Kleidern herumläuft, die seine Religion nicht erkennen lassen. Weißt du, wie?« Er spie es aus: »Dreck in einer Bratwurst!«
    Es war mehr, als sie ertragen konnte. »O ja, ich weiß. Und ich kann dir noch weiterhelfen. Wir essen Schweinekot, wie du ja an den steinernen Judensäuen sehen kannst, die an euren Kirchen angebracht sind. Wir sind geldgierig, heimtückisch, feige und gemein. Zu München nannte man uns ›bedreckete, besambelte, belambte, besudelte, garstige, rotzichte, schmierichte, stinkichte Juden‹!« Sie packte Ciaran an den Schultern. »Sieh mich an, Ciaran! Bin ich so? Bin ich hässlich und schmutzig, rieche ich schlecht?«
    Er sah ihr nicht in die Augen, drehte den Kopf zur Seite. Schließlich ließ sie ihn los. Es hatte doch keinen Zweck. Er war wie die anderen. Ja, auch er hätte Juden ermordet, wäre er in München dabei gewesen. Sara barg ihr Gesicht in den Händen. Sie wünschte, sie wäre diesem Mann nie begegnet.
    »Auf euch liegt Christi Blut, wie ihr es verlangt habt«, sagte Ciaran leise und verächtlich. »Ihr seid die Mörder meines Gottes. Darum strafte euch der Allmächtige durch Vertreibung aus seinem Heiligen Land, darum findet ihr nirgends eine Heimat und darum werdet ihr in der Hölle brennen. Euer Geist und eure Körper sind vergiftet. Ihr schändet mit der Hostie den Leib des Herrn, ihr tötet Kinder, um ihr Blut zu trinken. Ihr seht aus wie wir Christenmenschen, aber unter eurer Haut steckt nichts als Kot und Unrat, Fäulnis und Maden.«
    Sara spürte, wie ihr übel wurde. War das der Mann, den sie geliebt hatte? Hatte sie einmal dieselben Lippen geküsst, die nun all diese Ungeheuerlichkeiten gegen sie ausspien? Hatten diese Hände, die er nun zu Fäusten ballte, einmal ihren Körper liebkost, ihre Haut gestreichelt? Hatte sie einmal in diesen Armen vor Lust die Welt vergessen können? War diese Stimme, in der so viel Hass schwang, dieselbe, die ihr tausend Liebesworte ins Ohr geflüstert hatte? Sie sah in sein Gesicht. Es war ihr einmal so schön vorgekommen, sie hatte sich nicht sattsehen können an diesen geschwungenen Lippen, diesen meerblauen Augen. Jetzt sprühte ein Hass aus seinem Blick, der sie schaudern ließ. Was Ciaran gesagt hatte, war mehr als sie ertragen konnte. Ihre Liebe war zu Eis erstarrt, alles, was sie für diesen Mann empfunden hatte, getilgt und ausradiert. Es war vorbei. Was sollte sie noch sagen?
    So stand sie auf. »Du hast allen Grund, mich zu hassen, Ciaran«, sagte sie und wischte entschlossen die Tränen fort. »Nicht weil ich Jüdin bin, sondern weil ich dich belogen habe. Das tut mir leid, und ich kann dich nur bitten, mir zu verzeihen.«
    Er blieb sitzen, stumm, mit ausdruckslosem Gesicht. Sie wandte sich zum Gehen. »Und wenn du den Gedanken nicht erträgst, mit einer Judenhure Umgang gehabt zu haben, dann tut es mir ebenfalls leid. Ich konnte nicht ahnen, dass es für dich so widerwärtig war. Verzeih, wenn ich deine Reinheit beschmutzt habe. Es wird nicht wieder vorkommen.«
    Mit zitternden Fingern öffnete sie die Tür und verließ den Wagen. Hoffte sie, dass er sie zurückrief? Sie wusste es selber nicht.

    Kaum hatte sie die Tür hinter sich zugezogen, griff Ciaran nach

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