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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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warm ums Herz. Das Glück, die kleine Schwester wiederzuhaben, ließ sie die Trauer um ihre Eltern und die Angst vor der bevorstehenden Aussprache mit Ciaran leichter ertragen. Jochi sah sich erst einmal ganz genau im Wagen um; dann wollte sie unbedingt etwas essen. So holte Sara holte aus der Wirtshausküche eine Pfanne mit Eierschmarren und ein Schüsselchen Apfelmus. Sie schaute zu, wie ihre Schwester die Speisen gierig in sich hineinschlang, selber hätte sie keinen noch so winzigen Bissen hinuntergebracht. Immer wieder spähte sie durch das kleine Fensterchen zu Ciarans Wagen hinüber. Es wurde langsam dunkel, und sie sah, dass er drinnen ein Licht anzündete. Er hasst mich jetzt, dachte sie verzweifelt. Was soll ich nur tun?
    Als es ganz dunkel war, kuschelte sich Jochi ins Bett, und Sara streichelte ihr die Wange, bis sie zufrieden eingeschlafen war. Muss man denn für ein Glück ein anderes hergeben, fragte sie sich und betrachtete das rosige Gesicht ihrer Schwester, die ruhig atmete und ein klein wenig schnarchte. Dann schlich sie sich leise aus dem Wagen.

    »Ciaran, mach doch auf!« Sie rüttelte leise an seiner Tür. »Bitte!«
    Drinnen rührte sich nichts.
    »Ich will dir alles erklären. Es tut mir so leid, Ciaran!«
    Er antwortete nicht.
    »Ach, Ciaran.« Sie setzte sich auf die oberste Stufe seiner Vortreppe und barg müde das Gesicht in den Händen. Es hat keinen Sinn, dachte sie, er wird mir nicht verzeihen. Der Mond stieg aus den Weinbergen hoch und kletterte langsam über die Giebel der Stadthäuser. Sie fror.
    Irgendwann öffnete sich die Tür. Er ließ sie doch noch herein – vielleicht war es noch nicht zu spät! Sara erhob sich mit steifen Gliedern und betrat mit schuldbewusst gesenktem Kopf das Innere des Wagens.
    Ciaran saß auf seiner Bettstatt. Sogar im schwachen Licht der Kerze konnte man sehen, dass er bleich war wie eine frisch gekalkte Wand. »Was willst du noch?«, fragte er und sah sie mit einer Mischung aus Zorn, Ekel und Verachtung an.
    Sara setzte sich neben ihn, und sofort rückte er ein Stück von ihr ab, als habe sie eine ansteckende Krankheit. Sie schloss die Augen und tat einen tiefen Atemzug. »Ja«, sagte sie leise, »ich bin Jüdin. Mein Name ist Sara, Tochter des Levi. Als ich zu euch kam, damals vor zwei Jahren, war ich gerade mit knapper Not einem Judenmorden entkommen. Meinen Onkel und seine Frau, bei denen ich lebte, hatten sie umgebracht, und ich brauchte Wochen, um mich von meinen Verletzungen zu erholen. Ich war voller Angst, voller Misstrauen gegen alle Menschen, und ich hatte nicht den Mut, euch meine Herkunft und meinen Glauben zu offenbaren. Ich wollte ja ohnehin nur für kurze Zeit mit euch ziehen.« Sie warf einen Seitenblick auf Ciaran, der steif neben ihr saß. An seiner Miene war nichts abzulesen. Die Kerze ließ Schatten auf seinem versteinerten Gesicht tanzen.
    »Dann ist alles anders gekommen«, fuhr Sara fort. »Ich fand meine Familie nicht, und ich wollte bei euch bleiben, ihr wart mir zu Freunden geworden. Ich fürchtete, ihr würdet eine Jüdin nicht bei euch haben wollen, also habe ich weiter geschwiegen. Und ich wollte auch keine Jüdin mehr sein, wollte nie mehr Angst um mein Leben haben, nie mehr flüchten müssen, nie mehr die Verachtung der anderen spüren. Ich wollte einfach ein bisschen glücklich sein, und so war alles viel leichter.« Sie wischte sich über die Augen. Ciaran sagte nichts.
    »Es war nicht einfach, das Geheimnis zu bewahren. Und manchmal hätte ich mich fast verraten, aber es ging immer gut. Wieder und wieder habe ich mir eingeredet, dass meine Zeit bei euch ja nur vorübergehend sei, bis ich meine Familie gefunden hätte. Und dann, dann habe ich mich verliebt.«
    Er lachte kurz und freudlos auf.
    »Es war so wunderschön mit dir.« Sara tastete nach Ciarans Hand, aber er zog sie zurück, als habe er sich verbrannt. »Und je glücklicher ich war und je mehr Zeit verging, desto schwerer fiel es mir, dir die Wahrheit zu sagen. Ich hatte solche Angst, dich zu verlieren! Und ich wusste doch, dass du dein Mönchsgelübde gebrochen hattest. Du schienst nicht viel vom Glauben zu halten, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem du in Konstanz diese irischen Freunde getroffen hast. Da … da dachte ich, es ist vielleicht nicht so schlimm … «
    »Nicht so schlimm?« Er fuhr hoch. »Nicht so schlimm? Oh, natürlich, es ist überhaupt nicht schlimm, dass ein Christ es mit einer Jüdin treibt, er versündigt sich dabei ja nur an Gott

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