Die silberne Göttin
verstehe ich – Sie denken an die Spionage." John rieb sich das Kinn. "Er könnte da gewesen sein. Es wäre eine ausgezeichnete Gelegenheit gewesen, um einige militärische Informationen zu erhalten."
"Wie es scheint, war also meine neue französische Kammerzofe eine Spionin?" Iantha verzog das Gesicht.
"Ich glaube, das war nur eine von vielen Gaben, deren sich deine frühere Kammerzofe rühmen kann", meinte John trocken und hielt ihr seine leere Kaffeetasse hin.
"Ich bin geneigt, Ihnen darin zuzustimmen." Jetzt war es an Rob, seine Tasse hinzuhalten, und Iantha schenkte ihm ein.
"Aber warum war sie hier? Und wo ist sie jetzt?" Fragend blickte Iantha ihren Mann und ihren Bruder an. "Es schneit leicht, und es ist kalt. Wohin kann sie nur gegangen sein?"
"Ja, wohin bloß?" Rob leerte seine Tasse. "Kennt sie jemanden hier in der Gegend, der sie aufnehmen würde? Ich denke, ich werde Feller sofort auf die Suche schicken. Vielleicht hat sie ja Spuren hinterlassen."
"Sag ihm, er soll vorsichtig sein. Sie hat meine Pistole", meinte Iantha besorgt.
Am Ende konnte Camille erstaunlich leicht gefunden werden. Kurz nachdem Ianthas Eltern und die jüngeren Geschwister aufgebrochen waren, um nach Hill House zurückzukehren, erschien Feller im Salon. Ein weiterer drohender Sturm hatte Lord Rosley überzeugt, das augenblicklich ruhige Wetter zu nutzen, um seine Familie sicher nach Hause zu bringen, bevor wieder Schlimmeres passierte.
"Mylord, könnte ich Sie bitte unter vier Augen sprechen?" Der Reitknecht blickte beklommen zu Iantha hinüber.
Mit bösen Vorahnungen im Herzen erhob sich Rob und ging mit seinem Diener in den Korridor hinaus. "Was ist, Feller?"
"Ich habe sie ganz richtig gefunden, aber ich glaube, es ist besser, wenn Sie mitkommen und es sich selbst ansehen – und vielleicht auch noch Mr. Broughton und der Major."
"Sie ist tot?" Wie es schien, drohte Ärger, wie er es vorausgeahnt hatte.
"Ja, und nicht nur tot." Fellers Gesichtsausdruck erzählte Rob mehr, als er wissen wollte.
"Ermordet?"
Der Reitknecht nickte bedrückt. "Sie müssen mitkommen und es sich selbst ansehen."
Rob ging in den Salon zurück. "Sam, du und ich haben etwas zu erledigen. John, würden Sie bitte bei Iantha bleiben?"
"Natürlich." Sein Schwager streckte die langen Beine aus. "Wir haben ja einiges nachzuholen, wo wir so lange getrennt waren."
"Vijaya, bleibst du in der Nähe?" Rob wartete kaum ab, dass sein Freund, wie erwartet, zustimmend nickte, und eilte aus der Tür.
"Warte!" Iantha hob die Hand. " Wo geht ihr hin?"
"Das sage ich dir später", rief Rob ihr über die Schulter zu.
Er und Sam folgten Feller die Treppen hinunter durch das alte Schloss zum Stall. Der Reitknecht hatte bereits befohlen, die Pferde zu satteln, und sie verließen im schnellen Trab The Eyrie. Es schneite ein wenig.
Als sie einige Minuten die Straße entlanggeritten waren, lenkte Feller sein Pferd an Robs Seite. "Mir ist gerade etwas eingefallen, Mylord."
Rob sah ihn fragend an.
"Es geht um das Mädchen. Einoder zweimal habe ich sie nachts im Stall gesehen, hinten in den Boxen. Ich habe mir nicht viel dabei gedacht – glaubte, sie hätte dort ein Rendezvous mit einem der Burschen. Sie liebäugelte mit jedem."
Das hatte sie gewiss getan. Rob nickte zustimmend.
"Ich dachte, es könne sich vielleicht um Thursby handeln, aber dann sah ich ihn in einer dieser Nächte im Haus. Jetzt frage ich mich, ob es jemand von draußen war."
Rob dachte nach. Er zweifelte nicht daran, dass eine unbekannte Macht von außerhalb die Ereignisse in seinem Haus gelenkt hatte. Zornig knirschte er mit den Zähnen. "Ich fürchte, du hast Recht. Wenigstens wird das in Zukunft nicht mehr geschehen."
Nach einem halbstündigen Ritt kamen sie zu einer abgelegenen Klamm, durch die sich die Straße hindurchschlängelte. Sie hatten gerade die Mitte des Tals erreicht, als Rob eines seiner Pferde entdeckte, das an einem Baum angebunden war. Sein Sattel war über und über mit Blut bedeckt.
Feller deutete auf das Tier. "Sie nahm das Pferd letzte Nacht."
Rob hielt an und schaute genauer hin. Wenige Fuß von der Straße entfernt lagen die Überreste einer Frau in einem Schneehaufen. Er stieg aus dem Sattel und ging langsam darauf zu. Bei ihrem Anblick musste er sich fast übergeben.
"Verflucht …" Er wandte sich ab und bedeckte das Gesicht mit den Händen.
"Was?" Sam schwang sich vom Pferd. "Was ist denn – Großer Gott!"
Camille lag mit weit gespreizten Beinen, von
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