Die silberne Göttin
seufzte. Wie die Antwort auf all diese Fragen auch sein mochte, er hatte versprochen, diese Dame zu beschützen. Und er hatte auch versprochen, sie zu heiraten. Es stand außer Frage, dass er beide Versprechen erfüllen würde.
Der Vikar erwartete ihn unten.
Rob wandte sich vom Spiegel ab und schlüpfte in den dunklen Rock, den Burnside ihm hinhielt. Ein weiterer Blick in den Spiegel versicherte ihm, dass seine schneeweiße Halsbinde frisch gestärkt und makellos war und dass seine dunkle Weste und die Kniehosen keine Flecken oder Falten hatten. Zufrieden drehte er sich zu Burnside um. "Nun, was denkst du?"
Sein Diener musterte ihn von Kopf bis Fuß. "Alles in Ordnung."
"Sehe ich wie ein Bräutigam aus?"
"Soweit ich es beurteilen kann. Ich war nie einer."
Rob lachte. "Hast du dir je gewünscht, einer zu sein?"
Burnside überlegte einen Augenblick lang. "Einoder zweimal vielleicht. Aber ich bin immer wieder zur Vernunft gekommen."
Rob lachte laut auf. Burnside öffnete die Tür und folgte dann seinem Herrn die Treppe hinunter.
Die Hochzeitsgäste hatten sich schon im Salon versammelt. Es waren nicht viele da – Lord und Lady Rosley, Ianthas jüngerer Bruder und ihre jüngere Schwester, Vijaya, die Farlams und Sam Broughtons Gattin, Amelia. Burnside, Feller, Mrs. Lamonby und Gailsgill, der Butler, waren auch da. Von der übrigen Dienerschaft war jeder willkommen, der von der Arbeit abkömmlich war.
Rob sah den Vikar, groß und kahlköpfig, zusammen mit Sam am Kamin stehen. Er gesellte sich zu ihnen, während Lady Rosley aufgeregt an Valerias Rüschenkleid herumzupfte. Iantha hatte das Mädchen zu ihrer Brautjungfer erwählt, und Valeria zitterte vor Aufregung. Man hatte die Musiker, die am Weihnachtsfest aufgespielt hatten, auch noch für die Hochzeit hier behalten, und sie stimmten jetzt einen Marsch an. Iantha erschien am Arm ihres Vaters in der gegenüberliegenden Tür.
Als er sie sah, wusste Rob plötzlich genau, warum er das tat.
Er wollte sie.
Er wollte sie ganz und gar.
9. Kapitel
Zitternd klammerte Iantha sich an den Arm ihres Vaters. Der Augenblick war da. Sie konnte nicht mehr Nein sagen. Ihr Bräutigam und der Vikar warteten, und sie schritt so würdevoll, wie sie nur konnte, auf sie zu.
Trotz der vielen Einwände ihrer Mutter hatte sie eine schwere, lavendelfarbene Seide ausgewählt, die gut zu ihren Augen passte. Das Mieder war modisch, aber nicht aufwendig gearbeitet, und der Rock fiel in eleganten Falten von der hoch angesetzten Taille herab. Über ihr hochgestecktes Haar hatte sie einen weißen Spitzenschleier gelegt. Er fiel ihr über den Rücken bis auf die kleine Schleppe des Kleides hinab.
Sie wollte bei ihrer Hochzeit so gut wie möglich aussehen – ob sie sich nun diese Hochzeit wünschte oder nicht. Darüber war sie sich immer noch nicht klar geworden. Doch Iantha wollte nicht, dass Seine Lordschaft das Gefühl bekam, er würde ein noch schlechteres Geschäft machen, als er es sowieso schon tat. Wenigstens ihr Aussehen sollte ihm keine Schande bereiten.
Vorsichtig hob sie den Blick zu ihm auf und senkte ihn schnell wieder, als sie den Ausdruck in seinen Augen sah. Selbst bei ihrer geringen Erfahrung mit dem anderen Geschlecht fiel es ihr nicht schwer, diesen Blick zu deuten. Obwohl sie kurz zuvor noch mit Gott gehadert hatte, schickte sie jetzt ein Gebet zum Himmel. Sie flehte um die Kraft, diesen Mann nicht zu enttäuschen – diesen Mann, der den Mut und die Güte hatte, sie so zu nehmen, wie sie war.
Die Musik endete, und sie hob wieder den Blick. Valeria stand neben ihr und konnte kaum still halten vor Aufregung. Hinter ihr erblickte Iantha ihre Mutter, die ihr tränenreich zulächelte. Der Vikar, den sie seit ihrer Kindheit kannte, schenkte ihr ein warmes, aufmunterndes Lächeln. Sie wagte einen erneuten Blick zu Rob.
Er zwinkerte ihr zu.
Fast hätte Iantha laut gekichert. Sie presste die Lippen zusammen und bemühte sich, Haltung zu bewahren. Ihre Aufregung legte sich, so dass sie hören konnte, wie der Vikar mit der Zeremonie begann.
Seine vertraute Stimme dröhnte durch die Stille. "Wer gibt diese Frau zur Ehe?"
"Ich, ihr Vater, tue es."
Und dann legte Lord Rosley ihre Hand in Robs Hand.
Iantha blieb fast das Herz stehen, und sie kämpfte gegen das Verlangen an, die Hand zurückzuziehen. Wenn das hier vorüber war, würde sie ihm gehören. Es wäre ihre Pflicht … Aber schon fuhr der Vikar fort. Gleich würde sie aufgefordert werden, einen Schwur zu
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