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Die silberne Göttin

Die silberne Göttin

Titel: Die silberne Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Rowell
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zuvor. Und sie hatte geweint, richtig geweint, vielleicht zum ersten Mal seit dem Überfall. Er sah das als einen Fortschritt an. Wie der erste Riss im Eis nach einem Sturm, war es nur eine Kleinigkeit. Aber wenn die Sonne fortfuhr zu scheinen, würde der Riss größer und größer werden, bis der ganze gefrorene Klumpen in sich zusammenfallen und den Hügel hinunterstürzen würde.
    Seine Hochstimmung wurde etwas gedämpft, als Iantha am Frühstückstisch erschien, in sich zurückgezogen wie immer und mit niedergeschlagenen Augen. Verdammt! Immer noch machte er einen Schritt vor und einen zurück. Es war wie ein Tanz. Doch früher oder später kam auch bei einem Tanz eine neue Schrittfolge.
    Rob erhob sich und rückte ihr den Stuhl zurecht. Sie dankte ihm, ohne ihn dabei anzuschauen. Das war kein gutes Zeichen. Nun, er hatte nicht vor, um den heißen Brei herumzuschleichen. Er füllte einen Teller am Buffet, brachte ihn Iantha und blickte sie geradewegs an. "Was bekümmert dich, Iantha?"
    Sie legte die Fingerspitzen an die Lippen, schüttelte den Kopf und zuckte zusammen. "Ich – ich habe Kopfschmerzen."
    "Kein Wunder." Rob unterdrückte ein Grinsen. "Du hast mehr Alkohol getrunken als jemals zuvor. Man braucht einige Zeit, bis man sich daran gewöhnt hat. Die Kopfschmerzen werden vorübergehen, wenn du etwas gegessen hast." Sie nickte, blickte aber nicht auf und stocherte mit der Gabel in ihrem Rührei. "Aber das ist nicht das Einzige, was dich bedrückt, nicht wahr?"
    Iantha seufzte. "Nein. Ich … muss mich bei dir entschuldigen."
    Rob hob erstaunt die Augenbrauen. "So? Weswegen?"
    "Für die Szene, die ich dir gestern Abend gemacht habe. Ich habe völlig die Beherrschung über meine Gefühle verloren. Es wird in Zukunft nicht mehr vorkommen." Sie atmete tief durch und führte eine Gabel voll Rührei zum Mund. "Ich werde genauer darauf achten, was ich trinke."
    Er unterdrückte einen Fluch. War seine Beichte umsonst gewesen? Nun, vielleicht würde sie nach und nach ihre Bedeutung erkennen. Und in der Zwischenzeit …
    Er legte ihr die Hand unters Kinn und zwang sie, ihn anzusehen.
    "Iantha, warum, denkst du, habe ich dir den Brandy zu trinken gegeben?"
     
    Der Duft der frischen Luft und die Weite des Himmels waren wunderbar nach dem langen Eingesperrtsein im Schloss. Während Iantha noch darüber nachgedacht hatte, was Seine Lordschaft wohl mit der Bemerkung über den Brandy gemeint haben mochte, hatte er unvermittelt das Thema gewechselt und einen Ausritt vorgeschlagen.
    "Ich bin sicher, du musst genauso dringend wieder einmal ins Freie wie ich. Du kannst nicht die ganze Zeit nur drinnen sein, und ich auch nicht. Ich denke, es droht uns keine Gefahr. Wir werden nicht blind und taub in eine Falle geraten, wie es mit der Kutsche möglich wäre, und hier in der Gegend gibt es nur wenige geeignete Stellen für einen Überfall aus dem Hinterhalt. Natürlich sind Feller und ich bewaffnet. Vielleicht wird auch Vijaya uns begleiten."
    Iantha wäre viel lieber alleine ausgeritten. Sie vermisste so sehr ihre einsamen Ausflüge, nur in Gesellschaft von Toby. Doch während das kleine Pferd sich gut von seinen Verletzungen erholt hatte, war ihr Gig noch immer ein Wrack. Sie vermutete, dass das auch in nächster Zukunft so bleiben würde. Und natürlich konnte sie es nicht verantworten, sich ohne Schutz aus dem Schloss zu begeben, wenn offensichtlich irgendwo ein Mörder lauerte, der ihr nach dem Leben trachtete.
    Sie brauchte nur ein paar Minuten, um nach oben zu laufen und das mitternachtsblaue Reitkleid anzuziehen, ein Hochzeitsgeschenk von Mama. Endlich hatte Iantha Gelegenheit, es zu tragen. Es würde ein hübscher Kontrast zu dem zierlichen Apfelschimmel sein, den ihr Papa geschenkt hatte. Gerade als sie ihre neue Zofe entließ, erschien Rob in der Tür, die ihre Räume verband. Er nickte anerkennend. "Die Farbe passt wunderbar zu deinem Haar."
    Er ging um sie herum und betrachtete sie von allen Seiten. Und plötzlich, bevor sie noch wusste, was er vorhatte, fasste er sie mit einem Arm um die Taille und hob mit der anderen den Saum ihres Rockes bis zum Knie. "Aha!"
    Aus dem Stiefelschaft ragte die matt schimmernde Pistole. Iantha wurde rot.
    Rob lachte.
    "Hab ich es mir doch gedacht! Die schießfreudige Dame ist also immer noch bewaffnet." Er ließ sie los. "Du musst nicht so schuldbewusst dreinsehen. Ich freue mich zu sehen, dass du dich selbst verteidigen kannst, auch wenn ich deine Verteidigung eigentlich als meine

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