Die silberne Göttin
die Stirn. "Was machst du hier?"
Das Mädchen knickste mit züchtig zum Boden gesenktem Blick. "Lady Duncan sagte mir, ich dürfe mich zurückziehen. Da dachte ich, ich könnte das Bett für Eure Lordschaft bereiten." Der Blick, den sie Rob jetzt zuwarf, war weit davon entfernt, züchtig zu sein. Er betrachtete sie nachdenklich, während sie in ihrer Arbeit fortfuhr. Was hatte das zu bedeuten? Sein Bett zu machen gehörte sicher nicht zu ihren Aufgaben – noch hatte sie irgendeinen anderen Grund, in seinem Schlafzimmer zu sein. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
Als sie fertig war, ging sie Richtung Tür und blieb dicht neben ihm stehen. "Gibt es noch irgendetwas, das ich tun könnte, Mylord?" Der laszive Blick, den sie ihm zuwarf, sagte alles. Ohne Zweifel wusste sie, dass er und Iantha noch nicht das Bett miteinander geteilt hatten. Dieses kleine Aas!
Ihr Duft stieg ihm in die Nase, und Robs Körper reagierte sofort. Es war so lange her, seitdem er … Er atmete tief durch. Mit ihren hübsch hochgesteckten schwarzen Haaren und der olivfarbenen Haut erinnerte sie ihn einen Augenblick lang an Shakti. Doch in den sanften Augen seiner ersten Frau hatte er nie diesen berechnenden Blick gesehen.
Und er hatte nicht die Absicht, mit der Zofe seiner Frau ins Bett zu gehen. Auch wenn seine jetzige Frau glaubte, dass Männer auf Abwechslung aus waren. "Nein, danke." Er bemühte sich um einen kalten Ton in seiner Stimme.
Camille zögerte nur kurz, dann knickste sie und schlüpfte aus der Tür.
Rob fürchtete, dass er sie nicht zum letzten Mal gesehen hatte.
Als er den Salon betrat, den er mit Iantha teilte, dachte er immer noch darüber nach, wie er auf diese Begegnung reagieren sollte. Er fand Iantha auf dem Sofa vor dem Feuer sitzend vor. Sie las. Er goss sich ein Glas ein und stellte sich vor den Kamin.
Iantha legte ihre Zeitschrift beiseite und schenkte ihm einen kühlen Blick. Ein wenig zu kühl. Rob ärgerte sich. Wieso bemühte er sich so, sie zu verstehen, wo sie ihn offensichtlich überhaupt nicht verstand? Und es auch nicht wollte? Was bekam er als Gegenleistung für all seine Mühen? Nur sehr wenig.
Außer wenn er das Angebot ihrer Zofe mit einbezog.
Das er edelmütig abgelehnt hatte.
Rob fühlte sich nicht wohl. Er wollte, dass der Streit zwischen ihnen bereinigt wurde. Aber wo anfangen? Iantha war ihm keine große Hilfe. Ach, zum Teufel mit allem!
Er stärkte sich mit einem großen Schluck. "Iantha, wir hatten heute Nachmittag wenig Zeit, um über dich und deine Aufgabe als Lady Weisheit zu sprechen."
Sie neigte den Kopf zur Seite. "Stimmt. Hast du etwas dazu zu sagen?"
Der eisige Ton ihrer Stimme warnte Rob. Wenn er irgendeinen Kommentar abzugeben hatte, dann am Besten nur einen zustimmenden. Rob war aber nicht in der Stimmung, ihr zuzustimmen. "Ich wundere mich nur, warum du diese Ansichten über Männer hast."
Sie zog die fein geschwungenen Augenbrauen hoch. "Ich bin mir nicht sicher, worauf du hinaus willst?"
"Zuerst einmal: Woher hast du die Vorstellung, alle Männer seien gleich? Dass alle von uns Tränen hassen? Oder dass wir unsere Gefühle und Launen nicht beherrschen können? Oder dass Frauen unser 'Bedürfnis nach Abwechslung' hinnehmen müssen?" Er klang jetzt zorniger, als er eigentlich gewollt hatte.
"Man hört so allerlei Sachen. Selbst ich."
"Aber was für Sachen? Und von wem?"
"Ich habe einen Vater und drei Brüder. Und ich kann dir versichern, dass sie alle Tränen verabscheuen. Und Mama sagt immer, wenn Papa schlechte Laune hat, dass wir ihm aus dem Weg gehen und aufpassen sollen, was wir sagen. Sie erlaubt uns nicht, ihn zu belästigen."
Rob musste grinsen. "Und ich kann dir versichern, dass dein Vater genau weiß, wann deine Mama verärgert ist und sein Bestes tut, um sie zu besänftigen. Und Abwechslung sucht er auch nicht."
Darüber musste Iantha nachdenken. "Das mag wahr sein."
"Natürlich ist es wahr:" Rob verzog das Gesicht. "Es gibt keinen Mann auf Erden, der die Missbilligung seiner Frau auf sich ziehen möchte."
"Wenn du das lesen würdest, was ich lese, wärst du dir dessen nicht so sicher. In dieser Zeitschrift hier steht ein Artikel, der den Frauen rät, nicht zu intelligent zu erscheinen. Wie es scheint, mögen Männer keine intelligenten Frauen. Mein ganzes Leben lang habe ich das gehört." Sie schüttelte zornig die Seiten in ihrer Hand und dachte an all die vielen unglücklichen Briefe, die sie hatte lesen müssen. "Und die Antworten, die ich
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