Die silberne Göttin
helfen sollte. Rob hatte während des ganzen Dinners ihr müdes Gesicht betrachtet und gesehen, wie ihre Hände zitterten. Sie hatte kaum etwas gegessen. Es war klar, dass ihre Ängste größer geworden waren. Er fragte, wie es ihr ginge, und sie antwortete nur, sie hätte schlecht geschlafen. Und als er den Arm um sie legte, erstarrte sie derart, dass er es nicht mehr wagte, sie anzurühren.
Als Rob an diesem Abend in den Salon kam, fand er eine zitternde Iantha vor. Sie saß auf dem Sofa gekauert, hatte sich in mehrere Umschlagtücher gewickelt und die Arme schützend um den Körper geschlungen.
"Ist dir so kalt, Iantha?" Rob ging zu ihr und befühlte ihre Stirn. Er erwartete, dass sie fieberte. Doch stattdessen fühlte sie sich kalt und feucht an. "Fühlst du dich krank?"
Sie schüttelte den Kopf. "Nein, nur kalt. Schon seit einigen Tagen wird mir einfach nicht warm."
Rob betrachtete die schwarzen Ränder unter ihren Augen. "Bist du sicher?"
Sie nickte, sagte aber nichts.
Vor dem Kamin kniend legte Rob noch ein Scheit auf und griff nach einem zweiten. An dem, das er jetzt in der Hand hielt, ragte ein kleiner Ast hervor. Deswegen würde das Holz wohl etwas wackelig auf dem Stoß liegen. Rob zog sein Messer aus dem Stiefel und sägte an dem Ast. Plötzlich hörte er hinter sich ein ersticktes: "Nein!"
Er drehte sich um und sah seine Frau vor dem Sofa stehen. Die Schals lagen zu ihren Füßen. "Was ist, Iantha?"
"Nein, nein, nein." Er trat einen Schritt auf sie zu. Doch er erreichte nur, dass sie entsetzt vor ihm zurückwich. Ihre Füße verfingen sich in den Tüchern.
"Pass auf. Du wirst gleich fallen." Er griff nach ihr, und sie stieß einen unterdrückten Schrei aus. Was war los? Und dann erinnerte er sich. Das Messer. Damals, als er sie das erste Mal getroffen hatte.
Er legte das Messer beiseite. Aber sie schreckte weiterhin vor ihm zurück, trat nach den Tüchern und versuchte, sich umzuwenden. Dabei stammelte sie immer wieder: "Nein, nein."
Ihre Augen waren weit aufgerissen und blickten ihn wild an. Doch er glaubte, dass sie ihn gar nicht sah. Wieder griff er nach ihr. Als seine Hand sich um ihren Arm schloss, versuchte sie, sich loszureißen, und stürzte. Seine eigenen Füße verwickelten sich jetzt auch in den Schultertüchern, er verlor das Gleichgewicht und fiel ebenfalls zu Boden, einen Arm über ihrem Körper.
Sie stieß ihn heftig von sich. "Nein! Weg da!"
Als sie mit aller Macht darum kämpfte, von ihm loszukommen, wurde es Rob selbst angst und bang. War sie jetzt tatsächlich wahnsinnig geworden? Allem Anschein nach wusste sie nicht, wer er war. "Iantha! Ich bin es – Rob! Sieh mich an."
Stattdessen drehte sie das Gesicht von ihm weg und versuchte, sich aus seiner Reichweite zu rollen. "Lass mich allein! Lass mich allein!"
Er konnte sie nicht allein lassen. Sie konnte sich verletzen. Es war klar zu erkennen, dass sie weder wusste, wo sie war, noch, was sie tat. Er hielt sie noch fester, und sie versuchte, nach dem Messer zu greifen. Auf keinen Fall durfte sie es bekommen!
Rob rollte sich mit seinem ganzen Gewicht auf sie, um sie still zu halten. Wieder begann sie zu schreien, schlug ihm ins Gesicht und trommelte gegen seine Brust. Dabei rief sie immer wieder: "Lass mich los! Lass mich los!"
Langsam begann er zu verstehen. Irgendwie war ihr Geist in jene Nacht zurückgekehrt, in der sie vergewaltigt worden war. Was sollte er jetzt tun? Er durfte sie nicht loslassen, doch wenn er sie weiterhin festhielt … Als sie versuchte, ihm die Fingernägel in die Augen zu stoßen, schlang Rob die Arme um sie, um sie an jeder Bewegung zu hindern. Doch sie fuhr fort, sich zu wehren, trat nach ihm, wand sich hin und her und kämpfte schließlich schweigend verbissen weiter.
Er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit verstrichen war. Dann änderte sich mit einem Mal ihre Stimme.
In einem völlig anderen Ton sagte sie: "Bitte, hör auf", und begann zu weinen.
Rob rollte sich von ihr herunter, doch er brachte es nicht über sich, sie loszulassen. Stattdessen zog er sie an sich und streichelte ihr das Haar.
Durch ein unterdrücken Schluchzen hörte er: "Rob?"
"Ja. Ich bin es. Ich halte dich."
"Gott sei Dank." Sie weinte jetzt still vor sich hin.
Er umfasste sie so sanft, wie er nur konnte. Schließlich fragte sie: "Ich war außer mir, nicht wahr?"
"Ja, ich denke, so kann man das, was geschehen ist, beschreiben."
"Ich bin verrückt geworden!" stieß sie hervor und unterdrückte ein verzweifeltes
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