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Die silberne Maske

Titel: Die silberne Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz , Stephanie Seidel
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es gewesen, der Maletorrex gestern auf die Idee des Aufstands gebracht hatte. Denn während der Unruhen war etwas Seltsames geschehen. Ruan hörte während der Aufräumarbeiten jemanden sagen: Wir müssen ihm helfen! Er braucht uns da draußen! Zuerst hatte er gedacht, die Rede wäre von einem Verletzten gewesen. Doch was sollte da draußen heißen? Er hatte sich umgedreht, und weit und breit war kein Verletzter zu sehen gewesen. Einige Faitachen standen bei einem getöteten Grog. Sie schienen das große Tier verladen zu wollen; als Ruan sich ihnen jedoch zuwandte, gingen sie ungewöhnlich schnell und mit gesenkten Köpfen davon. Als wollten sie ihre Gesichter verbergen.
    Als hätten sie noch mehr zu verbergen. Genau das hatte er dem Hohen Priester mitgeteilt, und bald darauf war bekannt geworden, dass einige Soldaten fehlten. Und weitere wohl daran dachten, sich ebenfalls davonzumachen. So war die Idee aufgekommen, die weiteren ziehen zu lassen und dadurch den Spion einzuschleusen. Damit war Maletorrex seinem Sohn einen Schritt voraus und konnte sich auf alles vorbereiten.
    Ruan hatte eine Großtat vollbracht, und wie wurde es ihm gedankt? Er musste darben.
    Maletorrex beschäftigte sich weiter mit dem Essen, während Ruan einen zusammenfassenden Bericht gab. Ächzend ob des dicken Leibes beugte der Priester sich vor und angelte nach einer Schüssel Holundercreme-Suppe. Das Rahmhäubchen darauf war mit winzigen Blüten bestreut. Der nächste Gang war eine knusprig gebratenen Speckente.
    Ruans Magen knurrte vernehmlich, und anders als sonst ließ der Faitache ihn gewähren. Maletorrex sollte ruhig merken, was er seinem Untergebenen damit antat, alles allein zu essen.
    Maletorrex bemerkte es und lachte lautlos darüber, während er die knochigen Entenreste wegstellte. Suchend wanderte sein Blick über die Tische. Er streckte seinen Arm aus, befand ihn für zu kurz und wackelte fordernd mit den Fingern. »Reich mir die Koteletts!«
    Offene Sehnsucht stand in Ruans Blick, als er eine Platte voll kross gebratener Rippenstücke vom Tisch nahm und sie Maletorrex hinhielt. Der korpulente Priester platzierte einen Teller auf seinen Oberbauch. Dort hinein wanderte ein Kotelett nach dem anderen. Bis die Platte leer war.
    »Wenn ich eine Frage stellen darf ...«
    »Stelle sie.«
    »Warum vermutest du, dass der Prinz zurückkehren wird?«
    »Laycham will Rache. Er ist der Erbprinz, ich bin der Mörder seiner Mutter. Das wird er nicht hinnehmen. Und je länger er dort draußen ist, desto mehr wird er davon überzeugt sein, mich von meinem Platz vertreiben zu wollen. Und ich werde ihn mit offenen Armen empfangen, um ihn an meiner Brust zu zerquetschen.«
    Er stellte den Teller voll abgenagter Schweinsknochen vor Ruan auf den Tisch, drehte sich zur anderen Seite und kam mit Weintrauben wieder hoch.
    Ruan lief das Wasser im Mund zusammen, während er zusehen musste, wie eine Traube nach der anderen zwischen Maletorrex’ fettglänzenden Lippen verschwand. Trauben gab es nicht jeden Tag in Dar Anuin, schon gar nicht von dieser Größe und Frische. Wie gerne hätte er von ihnen gekostet!
    Maletorrex bemerkte seinen Blick, lächelte plötzlich und hob die schweren Trauben an. »Magst du auch eine?«
    Ruan nickte stumm. Er fuhr sich nervös über den Mund in Erwartung des unmittelbar bevorstehenden Hochgenusses - und sank in sich zusammen, als der Priester eine einzige Traube vom Stängel zupfte.
    »Bitte!«, sagte er, als er sie ihm mit spitzen Fingern reichte.
    »Deine Güte ist grenzenlos«, murmelte Ruan, ergriff die Traube und legte sie vor sich auf den Tisch. Neben die Kotelettknochen. »Jedenfalls ... so diskret wir vorgegangen sind ... die Gerüchte, dass der Prinz und die Gesandte Dar Anuin verlassen haben, machen die Runde in der Stadt.«
    »Das war zu erwarten. Und ebenso erwarte ich von dir, dass du das unterbindest. Ich will Ruhe in meiner Stadt haben!«
    »Ich habe mich darum gekümmert, Herr. Es ist so gut wie erledigt.«
    Das Abendrot erlosch am Kraterrand. Von draußen ertönte ein Muschelhorn. Die Fackel wurde entzündet, und mit dem abendlichen Ritual verwandelte sich Dar Anuin in eine glitzernde, wunderschöne Lichterstadt. Es bedurfte nur dieser einen Flamme, und die unzähligen in den Außenmauern der Häuser verarbeiteten Riesenbrillanten begannen zu glühen. Sie waren von einem magischen Schleier überzogen, der Spiegelungen unterband, weil Elfen sie nicht ertrugen. Als Nebeneffekt des Schleiers wurde das

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