Die silberne Maske
wohl von mir runtergehen!«, keuchte sie. »Mein Freund ist sehr eifersüchtig.«
Spyridon lachte. »Da bist du ja wieder, ganz du selbst.« Er löste sich von ihr, sprang geschmeidig auf und half ihr auf die Beine. Behutsam hielt er sie fest und klopfte sie ab.
Laura ließ es mit sich geschehen und sah sich verstört um. Sie konnte zwischen den Bäumen hindurch das Lager erkennen. Ringsum war der Boden völlig verwüstet. Ihr Rücken brannte, sie musste sich irgendwo aufgerissen haben. »Was ist denn nur passiert?«
»Es geschah alles in deinem Geist.« Der Ewige Todfeind tippte ihr gegen die Stirn. »Diese verdammten Geister können ausschließlich dort Schaden anrichten, doch das ist gefährlich genug. Naburo und ich konnten uns schließlich daraus befreien und haben dann nach dir gesucht. Zum Glück bist du nicht weit gekommen, du hattest dich in einem Dornenstrauch verheddert. Kaum warst du frei, bist du weitergerannt. Zum Glück brach gerade der Tag an, da haben sie keine Macht mehr. Ich konnte dich nicht anders aufhalten, ich musste dich zu Boden werfen. Das hätte böse ausgehen können.«
»Dann ... war das alles nur meine eigene Phantasie, was die Geister mir eingegeben haben? Es ist gar nicht wirklich geschehen?« Laura konnte sich nur schemenhaft zusammenreimen, was in der vergangenen Nacht passiert war. Vor allem an die Angst erinnerte sie sich, gerade zuletzt. Ein grauenvoller Albtraum.
»Nein.« Spyridons Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig. »Das hier aber durchaus.«
Zweige knackten, Blattwerk flog durch die Luft, und Naburo kam angerannt. »Weg hier, weg hier!«, schrie er.
Darauf hätte er gar nicht hinweisen müssen, Spyridon und Laura gaben bereits Fersengeld, und sie rannten tiefer in den Wald hinein, auf der Suche nach Deckung.
Donnernd und Äste berstend kamen ihre Verfolger hinterher, schrill kreischend, mit mächtigen Schnäbeln, in denen Lauras Kopf Platz gefunden hätte, nach ihnen hackend.
In Geschichtsbüchern der Menschenwelt wurden sie »Terrorvögel« genannt, und der Ausdruck traf voll und ganz zu.
Riesige Laufvögel, mindestens zweieinhalb Meter hoch, auf stämmigen, rot leuchtenden Beinen mit mehr als handspannenlangen, dicken Krallen an den drei Zehen. Das orange leuchtende Gefieder wallte lang, ihre Köpfe ähnelten Adlern, nur viel größer, mit weitaus mächtigeren Schnäbeln.
»Wir müssen uns trennen!«, rief Naburo. »Da vorn sind Felsen, finden wir uns dort wieder zusammen! Spyridon, lauf mit Laura rechtsherum, ich nehme den linken Weg!«
Keine Zeit für Diskussionen, Spyridon packte Laura und zog sie mit sich, während Naburo zur anderen Seite ausscherte.
Laura, die nach wie vor völlig erschöpft von der Nacht war, wurde von ihrer Angst vorwärtsgetrieben, doch klar denken konnte sie nicht. Wie in Trance, als ob sich ein Schleier über ihren Verstand gelegt hätte, stolperte sie dahin.
Die Felsen, die sich mitten im Wald auftürmten, waren schon sehr nahe. Sicher gab es dort irgendeine Deckung, wohin die schauerlichen Vögel nicht gelangen konnten. Zwei folgten ihnen, die anderen beiden waren Naburo auf den Fersen.
Spyridon und Laura konnten Haken schlagen, soviel sie wollten, der Abstand wurde immer geringer. Kleinere Bäume traten die Terrorvögel einfach nieder; sie zerbrachen mit lautem Knall, rissen im Fall weitere Pflanzen und Büsche um. Die beiden Fliehenden konnten gerade noch zur Seite springen, da schlug ein stürzender Baum knapp neben ihnen auf.
Die Vögel stießen kreischende, schrille, markerschütternde Schreie aus, ihre grellgelben Augen waren gut beweglich, ihnen entging so schnell nichts.
Plötzlich schoss aus dem Gebüsch neben ihnen ein Waldtier hervor; ein Wildschwein, das grunzend und quiekend sein Heil in der Flucht suchte. Allerdings wählte es die falsche Richtung, offenbar wegen Spyridon und Laura, und kam damit den wahrhaft gefährlichen Verfolgern genau in die Quere.
Einer der Vögel richtete seine Aufmerksamkeit sofort auf das Wildschwein, sein Kopf ruckte herum, die Nickhäute klappten auf und zu. Im nächsten Moment fuhr der Kopf herab, und der gewaltige Schnabel schlug eine riesige Wunde in das aufschreiende Tier, das mitten im Lauf zu Boden geschleudert wurde.
Diese Ablenkung verschaffte den Fliehenden ein paar Sekunden Vorsprung.
»Los, hier entlang!«, rief der Elf, umfasste Lauras Taille und hob die junge Frau hoch, um schneller vorwärtszukommen. Er verringerte seine Geschwindigkeit nicht im Geringsten,
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