Die silberne Maske
seiner Stimme mit, als er hinzufügte: »Auf nach Dar Anuin!«
14
Das Geheimnis
der Amazone
V eda hielt sich bei ihrem Pegasus auf und putzte ihn, während er an einer Lage Heu fraß. Die Versorgung des Lagers stellte derzeit kein Problem dar; sie hatten genügend mitgenommen, und regelmäßig flogen Jäger in die umliegenden Wälder.
»Störe ich dich?«, fragte Finn aus ausreichendem Abstand.
Blaevar, der »Windhauch«, musterte ihn neugierig aus großen dunklen Augen und wieherte ihm leise entgegen. Er erkannte Finn, hatte ihn schon auf seinem Rücken getragen. Die Flügel lagen eng zusammengefaltet an ihm, sodass er auf die Entfernung und mit einem flüchtigen Blick wie ein normales Pferd aussah. Wie ein auffallend schönes silbergraues Pferd mit Mähne und Schweif wie aus Meeresgischt.
»Keineswegs«, antwortete die Amazone.
Finn sah das als Einladung an, trat hinzu und streichelte die Samtnüstern des Pegasus, der freundlich an ihm schnupperte und in seinen Taschen nach Leckereien suchte.
»Was liegt dir auf dem Herzen?«
»Eine Menge.«
Veda war über 1,90 Meter groß und damit ein paar Zentimeter länger als der Nordire. Ihr makelloser, starker Körper war in eine griechische Lederrüstung gehüllt, die dennoch keinen Moment lang ihre Weiblichkeit vergessen ließ. Dazu ihre langen goldblonden Haare und die blitzenden blauen Augen ... es war nicht leicht, in ihrer Nähe nicht mit den Gedanken durcheinanderzukommen. Ihre Anziehungskraft auf Finn hatte keineswegs nachgelassen. Und auf jeden anderen Mann in diesem Lager vermutlich ebenfalls nicht. Doch Veda erhörte niemals einen von ihnen ... mit einer einzigen Ausnahme, und diese würde Finn sein Leben lang nicht vergessen.
Und sie wohl auch nicht, denn sie begegnete ihm sehr viel zuvorkommender als allen anderen, und sie pflegten einen unkomplizierten Umgang. Finn war sich der neidischen Blicke ringsum wohl bewusst; normalerweise durfte niemand es wagen, einfach so zu Veda zu gehen und mit ihr zu reden. An Respekt ließ er es bei aller Vertrautheit dennoch nicht mangeln; er trampelte nicht einfach auf sie zu, wie Menschen es untereinander ungeniert taten.
Aber Veda war gewillt, mit ihm zu reden. Sie fragte ihn sogar, was ihn bewegte.
Die Amazone warf einen kurzen Blick in die Runde, und schlagartig hatte jeder eine Menge zu tun und vor allem ganz weit weg.
»Also dann, rede.«
»Zunächst einmal geht es um Milt.« Finn berichtete in wenigen Worten von dem Zustand seines Freundes und dass die Befürchtung bestand, seine Lebensfrist in diesem Reich würde schneller ablaufen als bei den übrigen Gestrandeten.
»Und was erwartest du von mir?«, erkundigte sich Veda ruhig. Sie beendete das Striegeln und klopfte die Bürste aus. Blaevar widmete sich wieder seiner Mahlzeit. Im Gegensatz zu den anderen Pferden war er nicht angebunden - einen Pegasus fesselte man nicht. Er würde Veda überallhin folgen, aber nur, solange er wollte. Sie würde ihn niemals zwingen.
Finn druckste herum. »Also, ich dachte ... wenn man nur einmal ... es muss ja nicht öfter sein ... also, wenn Milt ein wenig vom Lebenswasser bekommen könnte ...«
»Der Quell der Unsterblichkeit befindet sich im Machtbereich von Morgenröte, er ist unerreichbar«, erklärte Veda.
»Ja, schon ... aber wenn jemand etwas davon bei sich tragen würde ...?«
Er wich ihrem durchbohrenden Blick aus.
»Wie kommst du darauf, dass ich Lebenswasser besitze?«
Finn rieb sich den Nasenrücken und sah verlegen zur Seite. Mit leicht gesenktem Kopf wisperte er: »Du hast keine Narben. Selbst die besten Krieger haben Narben, die sie irgendwann irgendwo erhalten haben, und sei es in der Jugend.« Er schielte vorsichtig zu ihr hoch.
Sie wirkte amüsiert. »Du hast mich wohl genau betrachtet.«
»Jeden wundervollen Zentimeter an dir«, sagte er entwaffnend lächelnd. »Und ertastet. Dir nicht auf diese Weise zu huldigen wäre respektlos.«
Nun lachte sie offen. »Du bist ein unwiderstehlicher Verführer, Finn. Fast wäre ich geneigt, dich mit mir zu nehmen.«
Er horchte auf. »Wieso? Willst du fort?«
»Ja. Es gibt eine Menge, worüber ich nachdenken muss, genau wie du, und dazu muss ich eine Weile allein sein. Das Lager kommt ein paar Stunden auch ohne mich zurecht. Ich bleibe nicht lange fort.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Um zu deiner Frage zu kommen. Du bist ein guter Beobachter und kannst daraus deine Schlüsse ziehen. Das ist es, was ich an dir schätze und respektiere.
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