Die silberne Maske

Feldflasche, als er wieder durch das Portal trat. Er lächelte triumphierend.
    »Hier ist ...«, setzte er an und erstarrte. Sprachlos schaute er die Krieger an, die still und von Wut gezeichnet im Gang standen. Wassertropfen plitschten rings um Birüc auf den Steinboden. Etwas raschelte; wie winzige, trommelnde Fäuste. Es schien aus der Flasche zu kommen, die er nach wie vor hochhielt. Er warf ihr einen stirnrunzelnden Blick zu. Schüttelte sie kurz.
    »Ruhe!«
    Dann wandte er sich an den Prinzen, der gerade aus den Schatten des Gewölbes heraustrat.
    »Was ist passiert, mein Prinz?«
    »Er hat uns reingelegt.« Laycham wies mit einem Kopfnicken auf das Verlies. Grimmig berichtete er dem Hauptmann von der Todesfälle und schloss: »Wir müssen eine Fackel herunterschaffen. Ich will wissen, wer uns das angetan hat!«
    »Wieso ist die Tür wieder aufgegangen?«, wunderte sich Birüc.
    »Keine Ahnung. Die von draußen behaupten, keinen Erfolg gehabt zu haben. Vielleicht ein geheimer Schnappverschluss, den einer versehentlich berührt hat. Vielleicht hat es der Kerl aber auch letztlich nicht gewagt, uns zu töten. Ich will trotzdem herausfinden, wer er ist.«
    »Das wirst du!« Birüc nahm die Feldflasche, schraubte den Deckel auf und drehte sie um. Nichts geschah. Bis er kräftig auf den Flaschenboden schlug.
    »Ich habe Licht mitgebracht«, sagte er, als ihm zwei leicht ramponierte Nukken vor die Füße fielen.
    »Prada! Gucci!« Zoe eilte heran und hob die Käfer sacht vom Boden auf. Sie warf Birüc einen prüfenden Blick zu. »Du hast ihnen hoffentlich nicht wehgetan!«
    »Aber nein«, log der Hauptmann und fügte, an die Nukken gewandt, hinzu: »Los, macht euch nützlich!«
    Das taten sie. Zoe trug sie auf ihrer Hand den Gang entlang und erzählte ihnen unterwegs alles, was es zu erzählen gab. Wie viel die Käfer davon verstanden, blieb ihr Geheimnis - doch sie wussten am Ende zumindest, welche Aufgabe vor ihnen lag: Als Zoe vor dem Verlies stehen blieb, aktivierten die Nukken ihre Biolumineszenz und surrten wie kleine bunte Lampen ins Dunkel.
    »Da bist du ja wieder!«, erklang die Stimme.
    Zoe nickte grimmig. »Und das ist nicht dein Verdienst! Was hast du dir dabei gedacht, uns in diesen Gang zu schicken?«
    »Ich wollte eure Dummheit testen«, sagte die Stimme kühl. »Gratuliere, ihr habt den ersten Platz erreicht! Wer ist denn so blöd zu glauben, ich würde etwas Kostbares wie die Hundert Gerechten an Fremde verraten?«
    »Ich!«, erwiderte Zoe, während sie der Stimme folgte. »Und damit habe ich meine guten Absichten bewiesen und meine Arglosigkeit. Jemand, der niederträchtig ist, würde sich nie so verhalten.«
    »Aber jemand, der anscheinend wirr im Kopf ist.«
    Die Stimme kam von der hinteren Wand, aus Bodennähe, und wären die Nukken nicht gewesen, hätte Zoe den Sprecher nie entdeckt.
    Ein amorphes Gebilde füllte die Ecke, etwa siebzig Zentimeter hoch und so zauselig, dass man meinen konnte, es wäre bepelzt. Prada und Gucci brummten davor herum, und ihr Käferlicht förderte Erstaunliches zutage.
    Es konnte ein ungewöhnlich kleiner Elf sein, genau ließ sich das nicht sagen. Er musste schon ziemlich lange in dieser Ecke sitzen. So lange, dass Staub, Flechten und Sporen genug Zeit gehabt hatten, sich auf seiner Haut anzusammeln und einen pelzigen Belag zu bilden, der nach und nach alle Konturen auflöste. Bis das Wesen zuletzt an Boden und Wänden angemoost war.
    Grüne Äuglein glitzerten im Licht der Nukken. Sie weiteten sich, als Zoe in die Hocke ging.
    »Die Frau mit dem Blauen Mal!«, wisperte das Moosmännchen. Ungläubiges Staunen schwang in seiner Stimme mit. Einige Herzschläge lang schimmerte etwas wie Hoffnung in seinen Augen, die jedoch erlosch, als er sich knisternd vorbeugte und zu schnüffeln begann.
    »Aber du riechst ja wie eine Reinblütige !«
    Zoe tat es leid, ihm das bisschen Hoffnung gleich wieder zu nehmen. »Nun - ich bin eine Reinblütige. Mein Name ist Zoe, und ...«
    »Wen interessiert’s?«, raunzte der kleine Mann dazwischen.
    Prada kreiste dicht über ihm, und er hob ärgerlich den Kopf, um herauszufinden, was da so brummte. Die Bewegung brachte eine gewaltige Krummnase ans Licht. An ihrer Spitze wuchs ein Stockschwämmchen. Es wackelte, als er weitersprach.
    »Wie hast du diesen Platz überhaupt gefunden?«
    Zoe zeigte auf ihre Maske und begann zu erzählen. Von Maletorrex bis Laycham, der sein bedrängtes Volk unter allen Umständen retten wollte.
    »Was denn -