Die Silberschmiedin (2. Teil)
und hielt stumme Zwiesprache mit Andreas Mattstedt. Sie hatte einen Freund verloren. Einen Freund, den sie manchmal nicht richtig geschätzt hatte. Vielleicht wäre sie mit ihm glücklicher geworden. Aber nun konnten sie es nicht mehr ausprobieren.
Nur einen Dienst konnte sie ihm noch erweisen. Sie musste ihr Leben in Ordnung bringen, das hatte sie ihm versprochen, das war sie ihm schuldig.
Als Eva am nächsten Morgen aufwachte, lag David neben ihr. An seinem unregelmäßigen Atem hörte sie, dass er nicht schlief. Sie tat, als bemerke sie es nicht, stand auf und ging hinunter in die Küche.
Susanne, Regina und Heinrich waren bester Laune. Sie hatten ihre Schlafkammern zum Hofe hinaus und so nichts von den Vorfällen in der Nacht bemerkt.
Sie saßen beim Frühstück, als David die Tür aufriss und hereintaumelte. Er ließ sich auf die Bank fallen und starrte stumm vor sich hin. Seine Haut war grau, die Augen rot gerändert, das Kinn stoppelig und das Haar zerzaust.
Bärbe stand auf, füllte eine Schüssel mit Grütze und einen Becher mit Wasser und schob beides vor David.
Ohne aufzusehen, nahm er den Becher und trank ihn in einem Zug leer. Dann fragte er: «Ist etwas geschehen in dieser Nacht?»
Eva schüttelte den Kopf. «Nein. Was sollte denn passiert sein? Ich habe tief und fest geschlafen.»
David nickte und erhob sich. «Ich muss zum Zunfthaus, habe dort etwas vergessen», murmelte er und verschwand schon wieder.
Eva löffelte unbewegt ihre Grütze, und auch Priska schien es zu schmecken.
In der Werkstatt arbeiteten sie schweigend Seite an Seite.
«Er wird auf den Markt gegangen sein», war alles, was Priska sagte.
«Ja. Das wird er», erwiderte Eva, lächelte dem Mädchen zu und reichte ihm einen Rohling, den sie gearbeitet hatte.
Es wurde Nachmittag, ehe David wiederkam. Er ließ sich von Susanne einen Badezuber richten, kam anschließend in die Werkstatt.
«Nun, war alles in Ordnung bei der Zunft?», fragte Eva.
«Andreas Mattstedt ist tot», sagte David mit unbeweglichem Gesicht.
«Mattstedt?», Eva riss die Augen auf und schlug sich die Hand vor den Mund.
David sprach weiter: «Jemand, so hörte ich, hat ihn erschlagen und beraubt. Sein Schmuck und seine Börse fehlten.»
Er schüttelte den Kopf, als könne er nicht glauben, dass so etwas geschehen sei.
Eva seufzte. «Wo? Wo ist es passiert?»
«Hier in der Nähe. Hast du nichts gehört oder gesehen in der Nacht? Gleich neben unserem Haus haben sie ihn gefunden.»
«Ich habe geschlafen», entgegnete Eva. «Die ganze Nacht lang habe ich geschlafen. Tief und fest. Ich habe nicht einmal gehört, wann du nach Hause gekommen bist.»
Sie sah David fest in die Augen: «Doch ich wünschte, ich hätte ihm helfen können.»
Den ganzen Tag hatte sie jeden Gedanken an Mattstedt vermieden. Es tat ihr weh, an ihn zu denken. Sie befürchtete, dass sie zusammenbrechen würde, wenn sie begänne, über die Geschehnisse nachzudenken. Doch jetzt mit der hereinbrechenden Nacht ließen sich die dunklen Gedanken nicht länger verdrängen.
Der eigene Mann als Mörder ihres Freundes. Sie konnte es kaum ertragen.
Ihre Glieder waren so schwer, dass sie kaum in der Lage war, sich zu rühren. Die Augen brannten, in den Ohren rauschte es.
Langsam wie eine alte Frau schleppte sie sich in die Schlafkammer. Auch die anderen im Hause hatten heute vor der Zeit die Betten aufgesucht.
Eva nahm die Haube vom Kopf und strich sanft über den Flaum, der immer länger wurde. Gerade als sie die Schnüre des Mieders öffnete, kam David herein. Auch er sah erschöpft aus. Trotzdem griff er nach ihren Brüsten, wollte sie auf das Bett legen, ihr die Schenkel spreizen. Eva sah die Gier in seinen Augen. Leben wollte er schaffen, um den Tod aus seiner Hand ungeschehen zu machen.
«Lass mich!», befahl sie.
David lachte. «Wir sind wie Adam und Eva. Hast du das vergessen? Willst du mir das Paradies verweigern?»
«An deinem Paradies klebt Blut!»
Eva spuckte ihm die Worte ins Gesicht. Dann machte sie sich los, nahm ihr Bettzeug und verließ die Kammer.
Von nun an schlief sie in der Stube, die einmal für ein eigenes Kind gedacht war.
Kapitel 20
Mattstedts Beerdigung war ein großes Ereignis. Halb Leipzig folgte seinem Sarg. Auch David und Eva waren mit den Zwillingen, Heinrich und Susanne dabei.
Eva hatte einen schwarzen Schleier, der ihr Gesicht bedeckte, an der Haube befestigt. Sie sah, dass David blass und angespannt war. Er hatte Angst, das war klar.
Wenn der
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