Die Silberschmiedin (2. Teil)
eintreibt.»
«Die Dominikaner haben noch immer nicht gezahlt, nicht wahr?», fragte Eva und sah sich nach David um.
Meister Faber nickte. «Sie weigern sich, hat mir der Innungsmeister mit Genugtuung erzählt. Den Entwürfen haben sie zwar zugestimmt, doch die Ausführung ist ihnen zu sündig geraten.»
Regina war hinzugetreten und lauschte dem Gespräch mit offenem Munde. «Ist die Werkstatt jetzt in Schulden geraten?», fragte sie.
Eva runzelte die Stirn. «Du hast bisher noch nicht viel für die Schmiede geleistet. Deine Schwester lernt viel mehr als du. Sie wird bald eine Silberschmiedin sein. Du aber hast noch sehr viel nachzuholen.»
Regina verzog den Mund. «Mein Busen ist gewachsen. Ich habe schönere Kleider und werde, wenn ich die Ausbildung beendet habe, das Bürgerrecht erwerben können. Das ist alles, was ich je gewollt habe. Oder meint Ihr, es würde mir gefallen, mein Lebtag in einer Werkstatt zu stehen?»
Eva legte ihr eine Hand auf die Schulter und sagte schroff: «Geh, wenn es dir hier nicht mehr gefällt. Ich halte dich bestimmt nicht. Das Kleid, das du trägst, darfst du behalten. Alles andere bekommt Priska. Du bist es nicht wert, aus der Gosse, aus der du stammst, gezogen zu werden.»
«Was ist?», fragte David, der hinzugekommen war, und tätschelte dem Mädchen beruhigend den Rücken.
«Sie will mir die Hälfte meiner Seele nehmen», jammerte das Mädchen. «Wegschicken will sie mich, während Priska bleiben darf. Sie ist ungerecht, sie zieht meine Schwester mir vor. Ich bin es nicht wert, aus der Gosse gezogen zu werden, hat sie gesagt. Sie glaubt selbst nicht an die Worte, die sie spricht. Mein Platz ist hier. Sie selbst hat mich hierher geholt.»
«Halt den Mund», erwiderte Eva. «Ich habe keine Zeit, mich mit deinen Ansprachen zu befassen.»
Sie sah, dass sich Davids Mundwinkel nach unten verzog, doch sie achtete nicht darauf.
«Du solltest deinen Hochmut nicht an dem Kind auslassen. Es zeugt von niedriger Gesinnung, ihr die Abkunft vorzuwerfen», wies David sie zurecht.
Eva ließ sich nicht einschüchtern. «Ich muss mich um den Erhalt der Werkstatt kümmern und die Dominikaner an ihre Zahlpflicht erinnern.»
David nickte. «Ja, geh und kümmere dich um das Geld. Davon verstehst du ja etwas.»
Eva sah David gekränkt an, doch dann warf sie den Kopf in den Nacken und verließ die Werkstatt.
Wenig später wurde sie dem Präzeptor vorgeführt.
«Pater Ignatius, ich bin gekommen, um den Lohn für unsere Silberschmiedearbeiten zu fordern. Seit acht Monaten warten wir schon auf unser Geld», sagte sie gleich nach der Begrüßung.
Der Präzeptor bot ihr einen Platz an.
«Das ist leicht gesagt, Silberschmiedin. Und schwer getan. Ich mache es kurz: Ihr bekommt Euer Geld nicht.»
«Warum nicht?»
Eva richtete sich auf und versuchte dem Dominikaner direkt in die Augen zu blicken.
«Die Ausführungen gefallen uns nicht mehr. Euer Geselle hat die Sünde auf Kirchengerät gebracht. Überlegt selbst, Silberschmiedin, ob es angeht, dass nackte Menschen auf einer Monstranz tanzen.»
«Gott erschafft die Menschen nicht in Kleidern. Nackt kommen sie zur Welt. Ihre Blöße ist das Zeichen eines Anfangs. Versteht Ihr denn die Botschaft nicht?»
Der Präzeptor schüttelte den Kopf. «Man kann es drehen und wenden, wie man will. Ein nackter Mann und eine nackte Frau haben auf einer Monstranz nichts zu suchen.»
«Ihr habt die Entwürfe abgesegnet, Pater Ignatius. Ihr selbst seid in die Schmiede gekommen und habt sie Euch angesehen.»
Der Pater nickte. «Ja, damals bürgte auch noch Andreas Mattstedt für die Ausführung. Der Geselle war ihm untertan und musste tun, was Mattstedt wollte. Nun ist es anders. Der Kaufmann ist Vorsteher der Fuggerei. Der Geselle ist Euer Mann und Meister.»
«Ändert das etwas an der Güte der Arbeiten?» Eva hatte Mühe, ihren Zorn zu beherrschen.
Pater Ignatius nickte: «Die Dinge stehen nun in einem anderen Licht.»
Eva hatte verstanden. «Gut», antwortete sie. «Dann lasst Kreuz und Monstranz holen. Ich nehme sie wieder mit. Wenn Ihr nicht bezahlt, so sind sie Eigentum der Werkstatt.»
Der Präzeptor lächelte: «So einfach ist es nicht, Silberschmiedin. Die Rohstoffe kamen von Mattstedt. Wenn jemand das Recht hat, das Silbergerät abzuholen, dann ist er es. Doch Mattstedt war so freundlich und großzügig, sie uns leihweise für unsere Kirche zu überlassen.»
«Mattstedt mag der Besitzer der reinen Metalle sein. Uns aber gehört die kunstvolle
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