Die Silberschmiedin (2. Teil)
Anfertigung. Lasst Monstranz und Kreuz holen, Pater Ignatius. Ich werde sie einschmelzen und das Silber dann Mattstedt zurückgeben.»
«Ich verstehe Euren Verdruss, Silberschmiedin, aber auch das geht nicht. Wir haben eine Urkunde, die uns erlaubt, Monstranz und Kreuz zu benutzen. Und zwar so, wie sie sind. Mattstedt hat sie als Mitbesitzer der Gold- und Silberschmiede unterzeichnet. Die Urkunde ist von einem Advokaten aufgesetzt und rechtsgültig.»
Eva war sprachlos. Ohne ein weiteres Wort stand sie auf und verließ die karge Zelle des Präzeptors.
Sie lief nach Hause in die Hainstraße und war so in Gedanken versunken, dass sie eine Frau anrempelte. Die Frau keifte, doch Eva hörte sie nicht. Nur das Wort «Silbernonne» drang an ihr Ohr.
Sie hielt an und sah der Frau hinterher, die sich schimpfend an einer Haustür zu schaffen machte.
Plötzlich fasste Eva einen Entschluss und machte sich auf den Weg zum Markt, an dem das Patrizierhaus Andreas Mattstedts stand.
Sie hatte Glück, denn es war keineswegs selbstverständlich, dass der Kaufmann und Ratsherr in der Stadt selbst und obendrein in seinem Kontor anzutreffen war.
«Warum?», fragte Eva, ohne auf seine Begrüßung einzugehen. Sie setzte sich nicht auf den angebotenen Platz, sondern blieb einfach vor Mattstedts Schreibtisch stehen.
«Warum hast du den Dominikanern Monstranz und Kreuz überlassen, sodass sie nun unsere Rechnung nicht begleichen müssen? Willst du uns die Silberschmiedearbeiten vergüten?»
«Sieh mal, Eva», begann Mattstedt, doch Eva schnitt ihm das Wort ab: «Ich will keine langen Erklärungen. Ich will wissen, warum du uns schadest.»
«Ich schade dir nicht, Eva. Ganz im Gegenteil. Ich versuche dich vor Schaden zu bewahren. Ja, es stimmt, ich habe das Silber den Dominikanern überlassen. Dieses Abkommen ist bereits getroffen worden, bevor ich mich aus den Geschäften der Werkstatt zurückgezogen habe. Es wäre jedoch unklug, zum jetzigen Zeitpunkt auf der Bezahlung der Schmiedearbeiten zu bestehen. Die Dominikaner haben sehr viel Macht. Wir müssen im Umgang mit ihnen Vorsicht walten lassen. Haben sie sich erst an die Sachen gewöhnt, wird es leichter sein, ihnen das Geld aus der Tasche zu locken.»
«Das Einzige, was du willst, ist, David zu schaden. Du willst seinen Ruf ruinieren, um ihn aus der Stadt zu treiben. Du hast nicht verwinden können, dass ich ihn dir vorgezogen habe.»
Mit diesen Worten drehte sich Eva zur Tür und rauschte hinaus. Sie hörte gerade noch, wie Mattstedt ihr nachrief: «Nein, Eva, so ist es nicht.»
Doch Eva ließ sich nicht zurückhalten. Sie hatte genug erfahren. Aber woher sollte sie jetzt das Geld nehmen, das die Werkstatt benötigte? Sie fühlte sich plötzlich unendlich müde und erschöpft.
Mit langsamen Schritten ging sie zurück in die Hainstraße. Sie bemerkte nicht einmal, dass die Leute ihr auswichen, manche sogar stehen blieben und ihr nachsahen.
Im Haus begegnete ihr niemand. Susanne und Bärbe schienen unterwegs zu sein, die anderen waren in der Werkstatt. Eva war froh, für einen Augenblick allein zu sein.
Sie setzte sich an den Küchentisch, stützte den Kopf in die Arme und sann darüber nach, wie die Werkstatt zu retten war. Sie hätte gern mit David darüber gesprochen, doch noch war er nicht zum Meister ernannt. Noch lag die Verantwortung für die Werkstatt ganz allein in ihren Händen. Im Übrigen interessierte sich David nicht für die finanzielle Seite des Geschäftes. Das sagte er zumindest. Doch einmal hatte Eva den Eindruck gehabt, dass jemand an den Auftrags- und Abrechnungsbüchern gewesen war.
Plötzlich hörte sie Geräusche im Flur. Adam kam zur Tür herein.
«Du bist nicht in der Werkstatt?», fragte er. Eva schüttelte den Kopf.
«Was ist los?», hakte Adam nach, als er Evas Gesicht sah. Er setzte sich neben sie und legte eine Hand auf ihren Arm.
«Was ist passiert?»
«Ach, Adam», seufzte Eva. «Wir haben kein Geld mehr, doch wir müssen neue Rohstoffe einkaufen. Ein paar Aufträge sind noch da, aber wir können nicht arbeiten, weil es uns an Gold- und Silberbarren fehlt.»
Adam nickte. «Die Dominikaner haben nicht gezahlt, nicht wahr?»
«Und Mattstedt hat dabei seine Finger im Spiel», ergänzte Eva.
«Du bist in einer schwierigen Lage, Eva. Schreib an deine Mutter. Sie wird dir bestimmt helfen.»
Noch bevor Adam das letzte Wort ausgesprochen hatte, ging die Küchentür auf, und David stürmte herein.
«Nein, Eva. Das tust du nicht. Ich verbiete
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