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Die Silberschmiedin (2. Teil)

Die Silberschmiedin (2. Teil)

Titel: Die Silberschmiedin (2. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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fehlt es an nichts.»
    Johann von Schleußig ließ ihre Hand nicht los. «Ihr habt Euch verändert, Eva. Früher wart Ihr eine junge und kluge, fröhliche Frau, die die Schönheit zu schätzen wusste. Jetzt sehe ich Euch nur noch selten lachen. Solche Veränderungen kenne ich nur von Frauen, die gesegneten Leibes sind.»
    «Nein!», widersprach Eva. «Schwanger gehe ich nur mit der Neuen Zeit. Die Welt ist entdeckt, es gibt den Buchdruck und den Behaimschen Globus, den die Stadt Nürnberg sich einen ganzen Schatz kosten ließ. Nur die Kirche hält noch am Alten fest. Aber nicht mehr lange. Bald wird sich alles ändern, und der Mensch wird das Maß aller Dinge sein.»
    Während dieser kurzen Rede lebte sie auf. Gern hätte sie noch weitergesprochen, um alle und am liebsten sich selbst davon zu überzeugen.
    Der Priester nickte. «Recht habt Ihr. Alles ist im Fluss, vieles wird sich ändern, muss sich ändern. Aber es gibt auch Dinge, Eva, die vielleicht bleiben, wie sie immer waren.»
    Eva zog die Augenbrauen zusammen und sah Johann von Schleußig zweifelnd an. Seine grauen Augen blickten freundlich.
    «Die Würde und der Stolz, Eva. Die Schönheit und das Gute. Und der Alltag, der mit der Frühmesse beginnt und mit dem Abendläuten aufhört. Warum sperrt Ihr Euch so gegen einen Rahmen, der doch auch Halt verspricht?»
    «Einen Rahmen? Meint Ihr die Kirche, die Zünfte, die Sitten und Regeln? Oh, ich kenne sie zur Genüge, diese Rahmen und Regeln. Ich will höher hinauf. Zum innersten Kern der Dinge.»
    «Führt Ihr denn ein Leben, das Euren Maßstäben gerecht wird?»
    Eva seufzte. «Es ist mehr davon und zugleich weniger. Mit David ist nichts gewöhnlich. Er hat mich erwählt und mich ausgezeichnet vor den anderen.»
    «Euch ausgezeichnet, in dem er Euch in schlechter Kleidung auf die Straße schickt?»
    Jetzt versteckte Eva ihre Zweifel hinter einer hochmütigen Miene: «Kleider sind nur Tand. Oberfläche. Und nur für die von Wichtigkeit, die nicht unter die Oberfläche sehen können.»
    In Johann von Schleußigs Augen stand Erschrecken, als er antwortete: «Wenn Euer Mann das sagt, so hat er Unrecht. Die Kleidung ist ein Teil von Euch. Sie zeigt das Innere nach außen. Seht Ihr aus wie eine Nonne, werdet Ihr behandelt wie eine Nonne, nicht aber wie eine Silberschmiedin. Ihr geht wie eine, die ihr Leben einem anderen in die Hände gegeben hat.»
    Eva konnte Johann von Schleußig da nur zustimmen. Ja, sie hatte ihr Leben in die Hände eines anderen gegeben. Diesen Platz hatte sie sich selbst gewählt. So war es. Genau so.
    «Was ist daran schlecht, Priester? Ihr sagt selbst, dass es die Nonnen tun, und auch Ihr tragt Kleider, die besagen, dass Ihr Euer Leben dem Herrn, unserem Gott, verschrieben habt.»
    «Das ist richtig, Eva. Ich habe mein Leben unter Gottes Obhut gestellt. Unter wessen Obhut aber steht Ihr? Der Mensch mag das Maß der Dinge sein, aber Gott ist er nicht.»
    Eva stand auf. Die Worte des Priesters hatten sie enttäuscht. «Ich habe mir diesen Platz selbst gesucht.»
    Der Priester nickte: «Wenn Ihr dabei Euer Glück findet, dann soll es wohl so sein.»
    «Sorgt Euch nicht. Mir geht es gut.»
    Auch Johann von Schleußig hatte sich nun erhoben. Er begleitete Eva zur Tür.
    «Ich bin nicht nur Euer Beichtvater», sagte er zum Abschluss. «Ich bin auch Euer Freund. Ihr könnt mir vertrauen. Alle Geheimnisse sind bei mir gut aufgehoben. Und auch die Angst weiß ich zu verwahren.»
    «Welche Angst?», fragte Eva.
    Johann von Schleußig blickte sie nachdenklich an. «Die Angst, die Euch hergetrieben und nach der Frau mit dem verbrannten Gesicht fragen ließ.»
     
    Wenige Tage später waren die Küchengeräte fertig. Die Bratengabel hatte den Umfang und die Größe von Evas Arm. Daraus wuchsen als Zinken ihre Finger, die wie Krallen gekrümmt waren. David hatte die fertige Arbeit mitten auf den Arbeitsplatz gelegt, damit der Aufbereiter ihr zusätzlichen Glanz verlieh.
    Eva hatte noch nie ein so hässliches Stück gesehen. Immer wieder betrachtete sie heimlich ihren Arm und ihre Finger.
    Am Abend bat sie David: «Nimm sie weg. Ihr Anblick schmerzt mich.»
    «Ich weiß», erwiderte David. «Und mich schmerzt, dass du die Dinge mit zweierlei Maß misst. Dein Bruder Adam hat mit Menschenknochen hantiert. Wenn ich aber nur den Abdruck von dir nehme, so kannst du es nicht ertragen. Siehst du nicht den Unterschied? Siehst du nicht, wie ich hinter deinem Bruder zurückstehen muss? Und, bei Gott, ich hatte nichts

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