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Die Silberschmiedin (2. Teil)

Die Silberschmiedin (2. Teil)

Titel: Die Silberschmiedin (2. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Schlechtes im Sinn. Deine Schönheit wollte ich bannen für die Ewigkeit. Festhalten wollte ich sie und bewahren. Auch wenn deine Haut faltig und von Altersflecken übersät ist, wird es noch diese Bratengabel geben, die deine Schönheit in reinster Blüte zeigt.»
    Eva wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Was David gesagt hatte, klang gut und richtig. Doch was er getan hatte, fühlte sich weder gut noch richtig an.
    David sah Eva prüfend an, dann sprach er weiter: «Ich möchte dir nicht wehtun. Aber ich möchte auch nicht ungerecht behandelt werden. Schick Adam weg, dann trenne ich mich von meiner Schöpfung.»
    Eva nickte, dann erwiderte sie: «Ich muss darüber nachdenken», und verließ die Werkstatt.
    Am selben Abend noch gab Eva David ihr Einverständnis, für Adam eine neue Bleibe zu suchen.
    Obwohl sie nicht glaubte, dass Adam irgendjemandem etwas Übles tun könnte, machten ihr die leisen Zweifel die Entscheidung einfacher. Es würde für alle besser sein, wenn Adam woanders wohnte. Dennoch würde sie ihn vermissen. «Ich möchte ihn in meiner Nähe wissen», bat sie David. «Suche ihm eine Unterkunft, die nicht mehr als ein paar Schritte von unserem Haus entfernt liegt.»
    Die neue Bleibe war schneller gefunden, als Eva lieb war.
    Sie gab ihm mit, was er tragen konnte, packte stapelweise Wäsche, Leinenzeug und Geschirr für ihn zusammen. Ihr Eifer und ihre Großzügigkeit kamen einer Entschuldigung gleich.
    «Du musst mich jede Woche besuchen, Adam», ließ sie sich von ihm versprechen.
    Adam nickte. «Ich kann verstehen, dass ein Junggeselle in einem neu gegründeten Haushalt nicht immer wohlgelitten ist», sagte er. «Du hast Recht, mich wegzuschicken. Bald wirst du Kinder haben. Dann wäre ohnehin kein Platz mehr für mich in deinem Haus.»
    Er zögerte, dann fügte er hinzu: «Ich werde öfter kommen, als dir vielleicht lieb sein mag. Ich kann nicht von den Zwillingen lassen. Sie bedeuten zu viel für meine Arbeit. Manchmal glaube ich, dass ich ganz nahe daran bin, ihre Seelen zu finden.» Er lächelte und legte Eva eine Hand auf den Arm: «Sie sind nicht wirklich unterschiedlich. Sie haben dasselbe Ziel, Eva. Nur ihre Wege sind verschieden. Ich bin sicher, eines Tages werden sie sich wieder vereinen.»
    Die Worte sollten Eva trösten, aber sie beunruhigten sie. Was genau trieb Adam in seinem Labor?
     
    David hielt sein Versprechen. Am Tag nach Adams Auszug schmolz er das Silbergerät ein und formte daraus eine neue Bratengabel, wie sie allgemein benutzt wurde. Eva stand hinter ihm und bewunderte wieder einmal seine geschickten Hände, die eine komplette Jagdszene auf den Gabelgriff brachten.
    Im selben Augenblick kam Susanne in die Werkstatt gestürzt. In der Hand hielt sie einen Brief, dessen Siegel aufgebrochen war.
    «Eva, Sibylla ist tot», rief sie aus.
    Eva wurde blass und ließ sich auf einen Schemel sinken. Ihr Blick war starr auf Susanne gerichtet. Die Haushälterin hielt Eva den Bogen hin. «Hier, lies selbst.»
    Bevor Eva danach greifen konnte, nahm David ihn in die Hand und las laut daraus vor:
    «Liebe Schwester, der Herrgott hat unsere Mutter zu sich geholt. Sie ist gestorben, wie sie gelebt hat. Während sie in der Kürschnerei über einer neuen Zeichnung für einen wertvollen Mantel saß, hörte ihr Herz auf zu schlagen. Sie war in der Kürschnerkapelle in der Liebfrauenkirche aufgebahrt. Die Zunft hat ihr ein würdiges Begräbnis angedeihen lassen. Nun ist ihre unsterbliche Seele im Himmel und wird von dort über uns wachen.
    Ich habe viele Messen für sie lesen lassen. Tu du dies auch.
    Dein Bruder Christoph.»
     
    Nun bin ich ganz allein, dachte Eva. David hielt ihr einige Urkunden hin, die das Siegel des Stadtadvokaten von Frankfurt trugen, doch Eva sah sie nicht einmal an. Plötzlich begann sie zu zittern. Ihre Glieder schlotterten, als läge sie ihm schlimmsten Fieber. Die Zähne schlugen klappernd aufeinander.
    David sah sie besorgt an. Dann hockte er sich vor sie und nahm ihr Gesicht in seine Hände, doch Eva sah durch ihn hindurch.
    Schließlich hob er sie hoch und trug sie aus der Werkstatt über den Hof hinauf zum Schlafzimmer.
    Auf der Treppe begegnete ihnen Adam. Susanne hatte Regina zu ihm geschickt, um ihm die Nachricht zu überbringen.
    Er sah seine Schwester an, griff nach ihrem Puls.
    «Sie ist in einem Zustand, der einer Ohnmacht ähnelt. Wir brauchen Weihrauch und andere kräftige Gewürze, um sie aufzuwecken», forderte er.
    «Lass deine Finger von

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