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Die Silberschmiedin (2. Teil)

Die Silberschmiedin (2. Teil)

Titel: Die Silberschmiedin (2. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Tor. Die Hausmutter dort ist eine gewisse Grete aus Frankfurt. Vielleicht weiß die, woher die Dirne stammte.»
    «Grete aus Frankfurt?», fragte Eva. «Wieso aus Frankfurt?»
    Die Krämerin lachte. «Wusstet Ihr nicht, dass das Hurenhaus unter Aufsicht dieser Grete steht? Vor Jahren ist sie nach Sachsen gekommen und hat gleich ein paar Mädchen mitgebracht. Den Männern war es gleich.»
    Eva nickte und sprach zu sich selbst: «Aus Frankfurt also. Zu Johann von Schleußig muss ich. Vielleicht kann er mir Auskunft geben.»
    Ohne sich zu verabschieden, wandte sie sich ab und ging weiter. Sie hörte noch, wie die Krämerin vor sich hin murmelte: «Sie sieht aus wie eine Nonne. Kein Gürtel, keine Kette, nichts. Wer soll ihr Silberzeug kaufen, wenn sie selbst nicht trägt, was aus ihrer Werkstatt kommt?»
    Eva schenkte ihren Worten keine Beachtung, sondern lief so schnell wie möglich nach St. Nikolai. Die Kälte ließ sie schlottern, und sie bereute, so überstürzt und kopflos aufgebrochen zu sein. In der Kirche angekommen, sah sie sich um, doch Johann von Schleußig war nirgends zu entdecken. Sollte sie ins Haus des Priesters gehen? Sie musste unbedingt mit ihm sprechen.
    Also schlug sie den Weg über den Nikolaikirchhof ein und betätigte am Pfarrhaus den Türklopfer aus Messing.
    Die Magd öffnete, sah sie und rief ohne ein weiteres Wort nach dem Priester.
    Johann von Schleußig war bestürzt bei Evas Anblick.
    «Kommt rein, schnell. Ihr seid ja halb erfroren. Wo habt Ihr Euren Umhang gelassen?»
    Er rief in Richtung Küche: «Rasch, Liesbeth, bring eine heiße Milch und gib tüchtig Honig hinein.»
    Dann nahm er Eva am Arm, legte ihr eine wollene Decke um die Schultern und geleitete sie in eine karg eingerichtete Wohnstube. Er führte sie zu einer mit Schaffellen bedeckten Sitztruhe und drückte sie vorsichtig darauf nieder. Wenig später kam die Magd mit der heißen Milch.
    Eva trank in vorsichtigen Schlucken. Die Kälte wich allmählich aus ihren Gliedern.
    Johann von Schleußig betrachtete sie besorgt. «Kann ich etwas für Euch tun, Eva? Ist alles in Ordung? Warum seid Ihr gekommen?»
    Eva rang sich ein Lächeln ab. «Erinnert Ihr Euch noch an die Frau mit dem verbrannten Gesicht, die sich auf dem Marktplatz entblößt hat?»
    «Ja, die arme Frau. Ich musste sie ins Hospital St. Georg bringen.»
    «Woher kam sie?», fragte Eva.
    Johann von Schleußig verzog den Mund ein wenig und schüttelte leicht den Kopf. «Man sagt, sie war auf dem Weg ins Haus der Grete von Frankfurt.»
    «Ins Hurenhaus?»
    Johann von Schleußig nickte.
    «Kann es sein, dass sie ebenfalls aus Frankfurt stammte?», hakte Eva nach.
    «Ja, das ist möglich. Einmal sprach sie von einer Toten mit einer silbernen Maske, die ans Mainufer geschwemmt worden war.»
    «Was hat sie noch gesagt? Denkt nach, Priester. Ich muss es wissen.»
    Johann von Schleußig zog die Stirn in Falten. «Der Teufel sei ihr auf den Fersen. Sie sei um ihr Leben gerannt und ihm im letzten Augenblick entkommen.»
    «Hat sie gesagt, ob der Teufel sie in Frankfurt oder in Leipzig geschändet hat?»
    Johann von Schleußig schüttelte den Kopf. «Sie war verwirrt, Eva. Wahrscheinlich wusste sie selbst nicht, wo und wann ihr dieses Unglück widerfahren war. Warum fragt Ihr? Kennt Ihr sie etwa?»
    Eva atmete tief ein und aus und sagte, ohne auf die Fragen des Priesters einzugehen. «Es kann also sein, dass die Tat schon in Frankfurt geschehen ist?»
    «Nun», überlegte Johann von Schleußig. «Der Medicus sagte, die Brandwunden seien nicht mehr ganz frisch. Und Grete wusste nichts von der Ankunft der Dirne. Kann also sein, dass sie gerade die Stadttore passiert hatte. Vielleicht ist es unterwegs passiert.»
    «Was ist aus ihr geworden?», fragte Eva.
    Johann von Schleußig zuckte mit den Schultern. «Ich weiß es nicht. Sie ist aus dem Spital weggegangen, ohne zu sagen, wohin ihr Weg sie führt.»
    Eva nickte und zog den Kopf zwischen die Schultern.
    Johann von Schleußig legte seine Hand auf Evas. Als er bemerkte, wie eisig kalt sie war, nahm er sie in beide Hände und rieb sie vorsichtig.
    «Warum wollt Ihr wissen, was mit dieser Frau geschah?», wiederholte er leise. «Wovor habt Ihr Angst? Wollt Ihr mir nicht sagen, was Euch bedrückt?»
    Sie versuchte zu lächeln: «Was sollte mich bedrücken, Johann von Schleußig? Ich habe eine Werkstatt, einen guten Mann und meinen geliebten Bruder in der Nähe. Mattstedt ist mir ein kluger Ratgeber, und Ihr seid mir ein Freund. Mir

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