Die Silberschmiedin (2. Teil)
meiner Frau. Ich weiß genau, was sie jetzt braucht. Weihrauch und Medizin aus deinem Laboratorium gehören nicht dazu.»
David stieß Adam zur Seite, trug Eva nach oben in das erste Stockwerk, legte sie behutsam auf dem Bett ab und verschloss die Tür von innen mit einem Riegel.
Dann beugte er sich über Eva, strich ihr zart über das Gesicht. Sie regte sich noch immer nicht, nur ihre Lider flatterten leicht.
Vorsichtig löste er die Schnüre des Mieders und zog ihr behutsam die Kleider aus. Dann deckte er sie gut zu und entzündete das Kohlebecken. Er stellte das schwere Gefäß dicht neben das Bett, kroch zu Eva unter die Decke und begann sie zu streicheln.
Seine Finger glitten über ihr Gesicht, ihre Brüste, ihren Bauch. Er streichelte ihre Schenkel, die Knie und zum Schluss die Füße. Unter seinen Händen entspannte sich Eva. Ihre Haut wurde rosig, ihr Blick verlor die starre Leere und bekam allmählich Glanz.
Sie sah David an, und die große Zärtlichkeit in seinem Blick tröstete sie mehr als alles andere.
«Meine Mutter ist tot», flüsterte sie.
«Ich weiß», erwiderte David. «Sibylla ist gestorben und mit ihr alles, was dich noch an dein altes Leben gebunden hat. Jetzt erst bist du endlich frei, Eva. Frei, die zu werden, die du sein möchtest.»
«Deine Frau möchte ich sein, David, und ich möchte ein Kind von dir haben.»
Kapitel 15
In den nächsten Wochen war David von großer Zärtlichkeit.
Eva war ihm dankbar dafür. Andreas Mattstedt aber hatte es sich vollkommen mit ihr verscherzt. Sie war inzwischen so wütend, dass sie sogar Johann von Schleußig in der Beichte von ihrem Ärger berichtete.
«Vater, ich habe gesündigt. Ich habe Andreas Mattstedt verflucht. Er kam, um mich davor zu warnen, die Besitztümer, die mir Sibylla hinterlassen hat, auf David übergehen zu lassen. Nun, Sibylla hat mich doch nicht enterbt. Ich habe das Haus und die Werkstatt bekommen, dazu Sibyllas Barschaft von einigen hundert Gulden und die Anteile an den Silberminen. Christoph, mein ehrlicher Bruder, den Frankfurter Besitz.»
«Fluchen ist eine Sünde, Eva. Sprich mit Gott. Bereue vor ihm, und ich bin sicher, er wird dir vergeben.»
«Gott? Wieso Gott? Gekommen bin ich, damit Ihr mir die Sünden erlasst.»
«Nein, Eva. Ihr seid den letzten Fraternitätssitzungen fern geblieben. Sonst wüsstet Ihr, dass Ihr mich und die Ohrenbeichte nicht braucht. Ihr kennt die Bibel, habt sie sogar zu Hause. Ihr braucht mich nicht als Vermittler zwischen Gott und Euch. Sprecht selbst mit ihm.»
Johann von Schleußig hatte die Worte noch nicht ganz zu Ende gesprochen, da verließ er auch schon den Beichtstuhl. Verwirrt von diesem überstürzten Aufbruch, schlüpfte auch Eva hinter dem dunklen Vorhang hervor.
Der Priester erwartete sie.
«Was ist los? Warum verweigert Ihr mir die Beichte?»
«Gott weiß, dass dies nicht meine Absicht ist, Eva. Aber Ihr könnt selbst mit Gott sprechen. Habt Ihr nicht immer davon geredet, dass die Geistlichen ihre Macht missbrauchen? Nun, die Kirche muss sich wandeln, muss dafür sorgen, dass die Menschen den direkten Weg zu Gott finden. Ich will damit beginnen.»
Eva war stumm vor Erstaunen. Plötzlich fiel ihr ein, dass auch Ute neulich so gesprochen hatte. Von einer neuen Kirche hatte sie erzählt, als sie das letzte Mal bei ihr war und gefragt hatte, warum David und Eva den Sitzungen fern blieben.
Aber selbst mit Gott sprechen? Ihn ansprechen, als wäre er ein Verwandter oder enger Freund? Nein, das wollte sie nicht, das konnte sie nicht.
«Mir werden die Worte fehlen, um mit Gott zu sprechen», sagte sie. «Ich brauche Euch, Johann von Schleußig. Ihr müsst dem Herrn mein Anliegen vortragen. Und Ihr seid es auch, der mir meine Sünden vergeben kann und soll. Wenn ich allein mit Gott spreche, woher weiß ich dann, ob er mir vergeben hat?»
Der Priester lächelte. «Ich verstehe Euch, Eva. Dennoch ist es so, dass Ihr keinen Vermittler zwischen Euch und dem Herrn benötigt. Wenn Ihr aber die Beichte wollt, dann werde ich sie Euch nicht verweigern.»
Eva nickte dankbar. «Vielleicht werde ich eines Tages so mutig sein, um allein mit Gott zu sprechen. Vielleicht werde ich es eines Tages lernen.»
Johann von Schleußig aber hatte noch anderes auf dem Herzen. Stumm wies er auf eine Kirchenbank. Eva nickte und setzte sich neben den Priester. Johann von Schleußig seufzte. «Es fällt mir schwer, es Euch zu sagen, aber ich möchte Euch bitten, die Ratschläge Mattstedts nicht in den
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