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Die sizilianische Oper

Die sizilianische Oper

Titel: Die sizilianische Oper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Puglisi, er soll sie sofort verhaften, diesen Traquandi und Mazzaglia. So schaffen wir sie uns vom Leib.«
    Meli schien in abgrundtiefe Verzweiflung zu stürzen.
    »Was gibt's, Meli?«
      »Sehen Sie, Cavaliere, Don Pippino Mazzaglia ist nicht gerade irgendeiner. In ganz Vigàta ist er geschätzt. Er ist ein Mann, der auch sein letztes Hemd hergibt, wenn er damit Gutes tun kann. Wir würden uns alle Vigateser zum Feind machen. Und dank dem Präfekten Bortuzzi weht in Vigàta in diesen Tagen kein guter Wind. Wollen wir das Feuer noch schüren? Wir könnten einstweilen den Traquandi verhaften.«
      »Da haben wir also den Haken«, meinte der Polizeipräsident nachdenklich.
    Er stand auf, steckte die Hand in die Hosentasche, ging zum Fenster und war vollständig in Sonnenlicht getaucht. zu spät sein, er könnte schon über alle Berge sein, und so würden wir ihn aus den Augen verlieren.«
    »Zu spät, du Dummkopf? Die Vigateser sind ein bizarres
    Völkchen. Wenn wir ihnen eine weitere Gelegenheit geben, werden sie noch mehr Aufruhr schaffen. Wiederholen Sie, was ich Ihnen gesagt habe.«
      »Traquandi einen Tag nach der Aufführung der Oper in Vigàta verhaften. Fürs erste die Finger von Don Pippino Mazzaglia lassen.«
    »Sehr gut. Gibt es sonst noch etwas?«
      »Ja, Cavaliere. Verzeihen Sie meine Beharrlichkeit, aber warum den Traquandi erst in drei Tagen verhaften?«
      »Du begreifst doch nicht die Bohne!« beschied der Polizeipräsident ihn kurz und bündig.

    An diesem Morgen wurde gegen zehn Uhr Tano Barreca, ein junger Handelsvertreter des Palermer Kosmetik- und Parfumherstellers »La parisienne«, beim Wachposten Salamone vorstellig.
    Seit sechs Monaten kam er alle vierzehn Tage.
    »Kann ich hinauf? Ist die Dame allein zu Hause?«
    »Sie ist da, geh nur.«
      »Und ich bitte eindringlich: wenn Gefahr besteht, bitte pfeifen.«
    »Ich pfeife, ich pfeife, geh ruhig und sei unbesorgt.«
    Pinas Schlafzimmer, wo sie ihn nackt mit geöffneten Schenkeln erwartete. Barreca stellte ohne größere Umstände die Parfumflaschen und die Cremedosen, die er bei sich hatte, auf dem Toilettentisch ab, zog Schuhe, Hosen, Jackett, Oberhemd, Unterhemd und Unterhosen aus und drang mit einem Satz tief in das feste, straffe Fleisch der Frau. Schweigend absolvierten sie die erste Nummer von zweiminütiger Dauer, die der junge Held in Gedanken seinem Vater Santo Barreca widmete, der bestimmt schon zwanzigmal von Leuten wie dem Ehemann der Frau Pina verhaftet worden war, die er in diesem Augenblick vögelte. Als er fertig war, legte er sich schwer atmend neben sie und hielt seine Hand auf ihre Möse. Die Hand gab keine Ruhe und bewegte sich unentwegt. Er zählte bis zweihundert, und in aller Frische machte er es sich erneut zwischen den Schenkeln der Frau bequem. Die zweite Nummer dauerte drei Minuten. Er widmete sie seinem Bruder Sarino Barreca, der auf der Flucht aus dem Vicaria-Gefängnis von Leuten wie dem Gatten der Frau Pina niedergemacht worden war, die er just in diesem Augenblick vögelte. Als er fertig war, legte er sich schwer atmend neben sie und hielt seine Hand auf ihre Möse. Die Hand gab keine Ruhe und bewegte sich unentwegt. Er zählte bis dreihundert, und in aller Frische machte er es sich erneut zwischen den Schenkeln der Frau bequem. Die dritte Nummer widmete er sich selbst, der früher oder später im Knast landen würde, und zwar durch das Verschulden von Leuten wie dem Gatten der Frau Willenskraft geschwächt, antwortete die Unglückselige auf die erstickten Worte, die Tano im Rhythmus des Hinein und Heraus wiederholte: »Ja … ja … Ich komme! … Kom-me … jetzt, jetzt!«

    Schlag zwölf setzte der Cavaliere Colombo ein letztes Mal seine Unterschrift unter einen Aktenvorgang, legte die Feder nieder, streckte die Arme in die Höhe und atmete tief durch. Endlich war der Vormittag am Schreibtisch herum. Er tauschte einen Blick mit Meli.
      »Also, ich gehe«, sagte der Sekretär. »Haben Sie irgendwelche Anweisungen, Cavaliere?«
      »Wir sehen uns um drei Uhr wieder, werter Meli«, entließ ihn der Polizeipräsident.
    Colombo beobachtete, wie Meli leicht hinkend wegging.
    Knapp eine Woche nach seinem Amtsantritt war der Polizeipräsident schon versucht gewesen, ihn zum Teufel zu schicken. Dann aber hatte er begriffen, von welch großem Nutzen ihm dieser Mann sein konnte. Bei einer Gelegenheit hatte er ihm nämlich eine Anweisung im Mailänder Dialekt gegeben, und Meli hatte alles falsch

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