Die sizilianische Oper
davon, daß ich die Tochter eines Waschweibs geheiratet habe!« meinte der Polizeipräsident angewidert und stand auf. Um das Maß Theaters von Vigàta nicht zugegen sein würden.
»Und warum?«
»Was juckt dich das? Ich habe meine Gründe.«
»Ja, wie? Ich habe mir eigens für den Anlaß ein Kleid schneidern lassen! Begreifst du das, du Trottel?«
»Man muß vernünftig sein, Pina. Diese Sache zwischen dem Präfekten und den Leuten von Vigàta gefällt mir gar nicht. Von seinen Intrigen muß man sich fernhalten! Bortuzzi ist ein Verrückter! Mit dem hat man im besten Fall die Wahl zwischen Abtritt und Mistgrube. Laß es gut sein.«
»Ach, ja?«
»Ja. Und jetzt reicht es.«
Frau Pina war mit der Maniküre beschäftigt und erhob sich ganz langsam. Mit dem Zeigefinger der rechten Hand deutete sie jetzt auf die Stelle ihres Leibs, wo Everardo Colombo zweimal die Woche das himmlische Glück fand.
»Die da gehört mir«, hatte Frau Pina laut und bestimmt verkündet. Es klang wie ein schreckliches Orakel.
»Ich laß' dich nie wieder dran. Meinetwegen kannst du von jetzt an deine Eier im Wind kühlen.«
Und sie hatte Wort gehalten.
Die Wut des Polizeipräsidenten verrauchte langsam, während er die große Freitreppe vom vierten Stock der königlichen Quästur in den dritten hinabstieg, wo ihn zwar weil seine Beine infolge einiger Schüsse aus dem Karabiner eines Untergetauchten steif geworden waren. Zum anderen, weil Frau Pina sich seit sechs Monaten in den Kopf gesetzt hatte, daß sie ihn und keinen anderen als Wachsoldaten wollte. Sie behauptete aus unerklärlichen Gründen, daß sie mit Salamone sicher war, daß kein Bösewicht in ihre Gemächer eindränge.
»Aber wer soll denn schon ins Haus kommen? Ein Dieb im Polizeipräsidium, das muß sich einer mal vorstellen!«
Da gab es nichts zu rütteln. Sie wollte Salamone, und ihn und keinen anderen hatte sie bekommen.
»Was machen die Beine, Salamone?«
»Und deine Hörner?« hätte der Soldat gerne erwidert, aber er hielt an sich. »Heute besser, danke, Cavaliere.«
Auf dem Treppenabsatz ging er nach rechts, wo sich das Wartezimmer, das Sekretariat und seine riesige Amtsstube befanden. Sobald die fünf oder sechs Personen, die schon seit dem frühen Morgen warteten, ihn erblickten, erhoben und verneigten sie sich.
»Guten Morgen, Exzellenz«, ertönte es wie im Chor.
Colombo hob die Hand mit drei gespreizten Fingern, ob zum Gruß oder zum väterlichen Segen, war nicht klar. Er betrat das verwaiste Sekretariat und riß die Tür zu seinem Büro auf. Ein Lichtschwall empfing ihn, da die Vorhänge des breiten Fensters beiseite gezogen waren und die Sonne durch die Scheiben brach.
verschluckt worden wäre, ließen ihn in seinem Lobgesang an den neuen Tag innehalten. Bezog sich dieser Mann, der die Verkörperung der Todesstunde zu sein schien, nur auf das Wetter, oder spielte er auf schlechte Nachrichten an?
»Was gibt es?« fragte der Polizeipräsident, während er Platz nahm und seine Miene sich veränderte.
»In Fela ist ein Unbekannter, der von niemandem identifiziert werden konnte, in die Räume des Ortsvereins eingedrungen und hat den Landvermesser Nunzio Peritore, nicht vorbestraft, erschossen, der mit drei anderen Personen Tresette und Briscola spielte.«
»Sie sagen also, daß die anderen den, der geschossen hat, nicht erkannt haben?«
Der Erste Sekretär atmete tief durch, bevor er zur Antwort ansetzte, und es schien, als suche ihn noch größere Trauer als gewöhnlich heim.
»Cavaliere, der eine war unter den Tisch gerutscht, um sich das aufgegangene Schuhbändel zuzubinden, der zweite Mann hatte sich ebenfalls unter den Tisch gebeugt, um eine Karte aufzuheben, die ihm heruntergefallen war, und dem dritten war just in jenem Augenblick eine Mücke ins Auge geflogen.«
»Eine Mücke?«
»Eine Schnake, Cavaliere.«
»Die Kartenspieler waren alle Sizilianer, nicht wahr?«
»Nein, der Herr. Der mit dem offenen Schuh ist
den das Ministerium einen Haftbefehl ausgestellt hat.«
»Dieser Hundesohn von Mazzini wurde in Neapel gesichtet. Offensichtlich will er auf die Insel kommen, um Aufruhr zu stiften, und hat jemanden vorausgeschickt, um die Lage auszukundschaften. Hat Puglisi herausgefunden, wer diesem Traquandi Unterkunft gewährt?«
»Jawohl, der Herr. Er wohnt im Hause von Don Giuseppe Mazzaglia, der gewiß nicht mit seiner Gesinnung hinterm Berg hält.«
»Sagen Sie
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