Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die sizilianische Oper

Die sizilianische Oper

Titel: Die sizilianische Oper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
Gruppe loyaler Bürger von Vigàta.«

    »An Seine Exzellenz den Präfekten Bortuzzi
    Präfektur von Montelusa
    Streng vertraulich
    Bei einer Ortsbegehung heute früh in Vigàta zum
    Zwecke der bestmöglichen Vorbereitung des Ordnungsdienstes für den morgigen Abend mußte ich feststellen, daß einige Mauern der Palazzi mit Blick auf die Hauptstraße mit der folgenden mehrfach wiederholten Schrift verunstaltet waren:
    Wir lassen ihn nicht den Präfekten spielen,
    soll ihn doch der Teufel holen!
    Aus der ersten Zeile habe ich abgeleitet, daß die
    »An den Herrn Polizeipräsidenten
    Doktor Cavaliere Everardo Colombo
    Montelusa
      Exzellenz, ich habe heute morgen ein Schreiben von Ihnen erhalten, in dem Sie von mir einen ausführlichen, bis in alle Einzelheiten gehenden Rapport über die Ereignisse von gestern abend in Vigàta verlangen. Für umfassende und gewissenhafte Ermittlungen werde ich mindestens eine Woche brauchen. Wie Sie wissen, haben wir bis jetzt drei Tote sichergestellt (zwei infolge des Brands, einer wegen einer Schußverletzung). Unter den fünfundzwanzig Verletzten sind die mit Brandverletzungen sowie die Leute, die bei der Schlägerei im Theater schwere Prellungen davongetragen haben. Das Problem sind meiner bescheidenen Meinung nach jedoch nicht so sehr die Ermittlungen als vielmehr die Art und Weise, wie dieselben darzustellen sind. Ich bedarf deshalb im voraus unbedingt Ihrer Maßgabe, da die Sache in meinen Augen äußerst kompliziert ist und der Obrigkeit zum Schaden gereichen kann.
    Stets Ihren Befehlen treu ergeben Kommissar Puglisi.«

    »An den Sicherheitsbeauftragten Puglisi,
    der die Schergen von Vigàta kommandiert
    Du bist ein Scheißkerl, der sich an hilflosen Frauen vergeht.«
    daran tust Du gut, ist eine Hure genau wie ihre Schwester. Warum hat sie an dem Morgen, als sie ins Haus der Schwester ging und diese dort zusammen mit einem Mann verkohlt vorfand, nicht geschrien und ist ohnmächtig geworden, wie das alle Frauen auf der Welt tun? Still ist sie zwei Stunden lang im Zimmer mit dem Kommissar geblieben.
    Ein Freund, der Dein Bestes will.«

    »Oh, welch schöner Tag! Welch ein Frühlingshimmel!« frohlockte Everardo Colombo, der Polizeipräsident von Montelusa, kaum hatte er die Vorhänge in seinem Schlafzimmer aufgezogen.
      Neun Monate war er schon auf dieser Insel, und seitdem hatte es so gut wie immer geregnet; mal ging eine Sintflut nieder wie zu Zeiten der Arche Noah, mal gab es leichte Spritzer wie mit Weihwasser. Der Umstand hatte ihm großes Unbehagen bereitet, obwohl der Regen im heimatlichen Mailand ein vertrauter Dauergast war. Doch genau das war es ja: in Montelusa schienen die Himmelswasser etwas völlig Fremdes. Die Häuser, die Felder, die Menschen und selbst die Tiere waren dafür geschaffen, die Sonne und das Licht zu genießen.
      Er sah zum Bett hin, wo seine Frau Pina schlief, und kostete mit gierigem Blick die Hügel und Täler ihres Leibs unter der Decke aus. Er beschloß, es zu versuchen. Sollte er wie durch ein Wunder an sein Ziel kommen, hätte er immer noch eine halbe Stunde Zeit, bevor er ins untere Stockwerk in seine Amtsstube mußte. Er kauerte sich neben dem Bett auf der Höhe des Kopfs seiner Frau nieder und streichelte ihr ganz sanft wie eine Feder, ein Windhauch über die Wange.
    »Pina! Mein Augenstern!«
    Schon seit einer halben Stunde beobachtete sie ihn mit halbgeschlossenen Lidern und tat jetzt mit einstudierter Langsamkeit so, als erwache sie gerade. Sie klappte ein säuselnder Stimme.
    »Schmutzfink!«
    Der Polizeipräsident wollte nicht begreifen.
      »Auf, meine Liebe, heb den Hintern! Du hast doch den Glockenschlag gehört? Es ist schon neun, und du bist noch immer im Bett!«
    »Kanaille!«
      Erneut tat der Polizeipräsident so, als wäre nichts. Er beugte sich hinunter und streifte mit den Lippen ihre Ohrmuschel. Jetzt drehte sie den Kopf ein kleines Stück zu ihm hin.
    »Verpiß dich, du Schwachkopf!«
      Trotz des unmißverständlichen Widerstands seiner Gemahlin wollte Everardo es noch ein letztes Mal versuchen. Er begann das breite Hinterteil seiner Gattin zu streicheln, das sich ihm in voller Pracht darbot. Zuerst fuhr seine Hand ganz leicht, dann immer haftender und langsam wie eine Schnecke darüber.
    »Meine Seele, ach, meine Seele bist du!«
      »Das ist der Arsch, nicht die Seele«, meinte Frau Pina eisig und schüttelte mit einem Hüftschwung seine Hand von ihrem Gesäß ab.
    »Das habe ich davon! Das habe ich

Weitere Kostenlose Bücher